Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

schwächung doch eine Phase erhöhter Ver- wundbarkeit für die US- und damit die Weltwirtschaft. Unser Chefvolkswirt Joachim Fels hat dazu ein eingängiges Bild gezeichnet, das sich nur schwer ins Deut- sche übersetzen lässt. Er spricht in Bezug auf das künftige Wirtschaftswachstum von „stall speed“, einem aus der Flugzeugtech- nik bekannten Begriff … … der was genau beschreibt? Frank Witt: Das ist die Mindestgeschwindig- keit, mit der ein Flugzeug fliegen muss, da- mit es nicht zu einem Strömungsabriss und damit zur Manövrierunfähigkeit kommt, die zum Absturz des Flugzeugs führen kann. Konkret auf die Wirtschaftsentwicklung bezogen gehen wir davon aus, dass das Wachstum in den USA für das Gesamtjahr 2020 rund 1,25 bis 1,75 Prozent erreichen wird. Für China erwarten wir 2020 eine Ab- schwächung des Wachstums auf nur noch fünf bis sechs Prozent. Die Region mit dem höchsten Rezessionsrisiko ist demnach Europa, wo Deutschland sich wohl bereits jetzt in einer technischen Rezession befindet und wahrscheinlich den Rest der Eurozone mit nach unten ziehen könnte. Zum Schluss noch die Frage, wie Ihr Haus mit der auf Seiten vieler institutioneller Investoren anhaltenden Tendenz zu passiven Investments umgeht? Das muss Sie doch beunruhigen? Frank Witt: In der Literatur wie auch in der Medienberichterstattung über die Diskus- sion rund um „Passiv versus aktiv“ wird oft nicht zwischen Aktien- und Rentenin- vestments unterschieden. Wenn pauschal davon die Rede ist, dass aktives Manage- ment über Zeiträume von drei, fünf oder zehn Jahren zu 80 bis 90 Prozent nicht in der Lage ist, ein passives Investment out- zuperformen, dann mag das auf die Aktien- märkte zutreffen, zumindest was die markt- breiten Märkte angeht. Es ist aber falsch, das eins zu eins auf den Fixed-Income- Bereich zu übertragen, denn auf die Ren- tenmärkte trifft eine solche Aussage kei- neswegs zu. Und worin besteht genau der Unterschied? Frank Witt: Die breiten Aktienmärkte sind zum einen extrem effizient, was es per se schwer macht, einen solchen Markt durch aktive Investmententscheidungen zu über- treffen. Zum anderen ist die Zahl der Be- standteile einer Benchmark schon deshalb sehr gering, weil diese nur eine Aktie pro Emittent enthält. Anders bei Bondindizes als Vergleichsmaßstab, die sich oft aus Tau- senden, manchmal Zehntausenden Einzel- werten zusammensetzen. Außerdem sind in den Rentenmärkten sehr viele sogenannte Non-Economic Player als Käufer und Ver- käufer unterwegs. Vor allem Zentralbanken, aber teils auch Staatsfonds oder Versiche- rungen kaufen entsprechende Papiere nicht deshalb, weil sie sie analysiert haben und für absolut betrachtet günstig und ertrag- reich erachten. Sie kaufen die Papiere oft, weil eine Versicherung ihren Verpflichtun- gen nachkommen muss oder weil eine Zentralbank ihr Anleihenkaufprogramm umsetzen muss. All das zusammengenom- men macht die Rentenmärkte ineffizient, wodurch sich für uns als aktiven Marktteil- nehmer ein enormes Alphapotenzial eröff- net. Das führt dazu, dass in der Aktiv-Pas- siv-Frage die Bilanz für die Rentenmanager insofern wesentlich besser aussieht, als sie es über einen Zeitraum von zehn Jahren immerhin zu rund 60 Prozent schaffen, ihre Benchmark zu schlagen. Und das ist nur der Durchschnitt aller Rentenmanager. Wir wollen aber deutlich mehr bieten als nur Durchschnitt. Dass uns das gelingt, zeigt unsere Performance. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER » Die Rentenmärkte sind extrem ineffizient, wodurch sich für uns als aktiver Marktteilnehmer ein enormes Alpha- potenzial eröffnet. « Frank Witt, Geschäftsführer Pimco Deutschland A L L E F OTO S : © S A R A H WE A L 176 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com PRODUK T E & S T RA T EG I EN : FRANK WI TT | P IMCO DEUT SCHLAND

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