Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

anderem die Bestrebungen, den CO 2 -Fuß- abdruck zu reduzieren, was wiederum di- rekten Einfluss auf die Märkte haben wird – Stichwort: Stranded Assets. Wie man von Investorenseite mit Herausforderungen die- ser Art umgehen kann, hat ein Autorenteam rund um George Serafeim in der nüchtern betitelten Arbeit „Decarbonization Factors“ untersucht. Serafeim arbeitet, wie die ande- ren vier Co-Autoren, für State Street, ist dort Partner und des Weiteren der Charles M. Williams Professor of Business Admini- stration an der Harvard Business School. Bestehender Trend Wie die Autoren sehr richtig bemerken, besteht unter institutionellen und staatsna- hen Investoren bereits jetzt ein Trend zur Dekarbonisierung des Portfolios. Der schwedische Pensionsfonds AP4 allokiert beispielsweise knapp ein Viertel seines Vermögens Richtung Low-Carbon-Indizes, der New York State Common Retirement Fund hat seine passiven Investments in Pro- dukte, die Low- Emission-Indizes abbilden, verdoppelt, der französi- sche Reserve-Fonds will den CO 2 - Abdruck seines Portfolios halbieren. – Die Liste ließe sich noch eine Wei- le fortsetzen, klar ist aber bereits an dieser Stelle, dass das „E“ aus ESG (Environmental, Social, Governance) zunehmend an Bedeutung gewinnt. Während die ökologischen und gesellschaftlichen Vorteile einer der- gestalt neu kalibrierten Investmentstrategie unbestritten sind, stellt sich jedoch die Fra- ge, ob sich diese so gestalten lassen, dass sie Abstriche bei der Performance verhin- dern. Gibt es also Dekarbonisierungsfakto- ren, wie der Titel der Arbeit erwarten lässt, und wenn ja, wie kann man sie konstruie- ren? Um diese Frage zu beantworten, haben die Autoren die Aktienmärkte Europas und der USA im Zeitraum von 2009 bis 2018 getrennt untersucht. „Wir haben diese bei- den geografischen Segmente ausgewählt, weil sie dem Klimawandel unterschiedlich begegnet sind“, erklärt Serafeim. „Und zwar hat Europa aggressiver auf den Klima- wandel reagiert, indem man dort den Emis- sionshandel eingeführt hat. Deshalb erwar- ten wir für die beiden Regionen unter- schiedliche Kapitalflüsse und Erträge bei der Anwendung einer Dekarbonisierungs- strategie.“ Womit wir, nach den geografi- schen Besonderheiten, gleich bei einem zweiten wichtigen und vordergründig nicht sofort auf der Hand liegenden Kriterium wären: den Kapitalströmen. Zu diesen hat das Team über die Datenbanken von State Street einen originären und vor allem quan- titativ relevanten Zugang, verwaltet der Asset Manager doch ein weltweites Vermö- gen von mehr als 30 Billionen US-Dollar. Die Berücksichtigung der Kapitalströme wird an späterer Stelle jedenfalls noch eine ausschlaggebende Rolle spielen. Portfoliokonstruktion Zunächst jedoch zur Portfoliokon- struktion: Insgesamt hat das Team zwölf Strategien entwickelt, die sich zum Ersten – wie bereits erwähnt – in der Region unterscheiden. In einem zweiten Schritt wurden dann Unternehmen, Branchen und Sek- toren nach ihrem relativen CO 2 - Fußabdruck sortiert. Diesen errech- net man, indem man den Umsatz eines Unternehmens durch dessen CO 2 -Ausstoß dividiert. „Wir er- halten so eine Maßzahl, die uns die Tiefe des CO 2 -Fußabdrucks un- abhängig von der Größe eines Un- ternehmens messen lässt“, erklärt Serafeim, der die so entstandene Kennzahl „Carbon Intensity (CI)“ Wie man den CO 2 -Abdruck verringert Dekarbonisierungsfaktoren in Europa Die Reduktion des CO 2 -Abdrucks eines Faktors errechnet sich folgen- dermaßen: ((Emissionen CO 2 -Short-Portfolios) – (Emissionen CO 2 -Long-Port- folios)) / (CO 2 -Emissionen Markt). Quelle: Studie 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 5 % 4 % 3 % 2 % 1 % 0 % 0 Europa E Reduktion CO 2 -Abdruck Dekarbonisierungs-Alpha Unternehmen in Branche Unternehmen in Sektor Unternehmen in Markt Branche in Sektor Branche in Markt Sektor in Markt Dekarbonisierungseffekte in Europa Gegenüber der jeweiligen Benchmark entwickeln die Einzelfaktoren durchgehend Alpha – mitunter allerdings ohne statistische Relevanz. Unternehmen in Unternehmen in Unternehmen in Branche in Branche in Sektor in Branche Sektor Markt Sektor Markt Markt Variablen/Faktoren Schätzung t-stat Schätzung t-stat Schätzung t-stat Schätzung t-stat Schätzung t-stat Schätzung t-stat Alpha 0,83 % 0,63 2,34 % 2,49 3,91 % 3,73 2,40 % 1,77 2,82 % 1,49 2,38 % 1,50 Market 0,00 0,01 -0,02 -0,75 0,01 0,29 -0,05 -1,93 0,08 2,33 0,05 1,38 SMB (Size) 0,16 2,65 -0,02 -0,29 -0,10 -1,54 -0,12 -2,28 -0,12 -1,32 -0,11 -1,30 HML (Value) -0,09 -1,42 -0,26 -2,91 -0,09 -1,15 -0,24 -2,33 -0,19 -1,68 -0,11 -0,94 RMW (Profitabilität) 0,02 0,17 -0,08 -0,90 -0,82 -7,08 -0,35 -2,99 -1,15 -6,83 -0,97 -5,75 CMA (Investment) 0,14 1,63 0,05 0,48 -0,23 -1,66 0,01 0,06 -0,40 -2,10 -0,29 -1,14 WML (Momentum) 0,00 -0,01 -0,03 -0,88 -0,03 -0,61 -0,01 -0,36 0,03 0,39 0,05 0,77 Oil (NYMEX) -0,01 -1,47 0,01 0,58 -0,07 -5,01 0,02 1,78 -0,07 -4,52 -0,11 -7,90 Kapitalströme 0,64 3,68 0,24 1,64 0,56 2,73 1,37 2,86 1,74 3,46 2,19 3,08 Trotz durchgehenden Alphas ist die Gesamtperformance der einzelnen Indizes in der Praxis nicht zufriedenstellend. Das gilt umso mehr, als die Strategien keine Transaktionskosten berücksichtigen. Dass die Kapitalströme jedoch bei hoher statistischer Relevanz immer positiv korrelieren, hat die Autoren zum Weiterdenken veranlasst. Quelle: Studie N o. 4/2019 | www.institutional-money.com 149 T H E O R I E & P R A X I S : NACHHA LT I GK E I T

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