Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

E in nicht zu unterschätzendes Problem der Aktienmarktana- lyse ist die Tatsache, dass die Börsen einem ständigen Wan- del unterworfen sind. Man muss nur 30 Jah- re zurückblicken, um das zu erkennen: Statt elektronischer Märkte dominierte der Parketthandel, Hochfrequenzhandel war völlig unbekannt und passive Produkte wie ETFs spielten praktische keine Rol- le. Parallel dazu wurden in dieser Zeit umfangreiche Regulierungspakete wie MiFID I und II in Europa sowie das RegNMS (Regulation National Market System) in den USA umgesetzt. All die- se Ereignisse und Entwicklungen haben ihre Spuren im Hinblick auf die Liqui- dität an den Aktienmärkten hinterlassen, einige davon permanent und auf disruptive Art; wie diese Auswirkungen aber tatsäch- lich im Detail aussehen, ist keineswegs klar. Thomas Johann, Stefan Scharnowski, Erik Theissen und Lukas Zimmermann, alle Universität Mannheim, sowie Christian Westheide von der Universität Wien haben daher versucht, die Frage zu beantworten, wie sich die Liquidität am deutschen Ak- tienmarkt in den letzten Jahrzehnten verän- dert hat. Dabei benutzten sie öffentlich zu- gängliche Daten von Januar 1999 bis April 2013. Dieses neue Datenset heißt Market Microstructure Database Xetra (MMDB- Xetra) und enthält Messgrößen für alle Titel des CDAX Index und für jeden Handelstag betreffend Liquidität, Handelsaktivität und Volatilität. Die Stichprobe besteht aus 982 Aktien. Ergänzt wurden diese Daten durch Marktkapitalisierung, ausstehende Aktien- anzahl, Zinssätze und die Kurse des Dax und des VDAX von Refinitiv Eikon (vor- mals Reuters Thomson Datastream). Für Vergleiche mit den USA erhielten die Auto- ren Market-Microstructure-Database-Daten von der Vanderbilt University. Diese ver- wendet Daten von der TQA-Datenbasis, die ähnlich jenen von MMDB-Xetra sind, und aggregiert sie auf Tagesbasis. Das Autorenquintett startet mit einer be- schreibenden Analyse der Handelsaktivitä- ten und der Liquidität während des Stich- probenzeitraums, die in der Tabelle „Eck- punkte“ zusammengefasst sind. Unter „Handelsvolumen“ wird das durchschnittli- Aktienmärkte sind technologischem und regulatorischem Wandel unterworfen. Wie sich dies auf die Liquidität am deutschen Aktienmarkt auswirkt, untersucht eine aktuelle Studie des Centre for Financial Research in Köln. FOTO : © UN I . MANNHE I M , GMF » Die Liquidität am Aktienmarkt hängt von der Volatilität und von vergangenen Renditen ab. « Prof. Dr. Erik Theissen, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierung an der Universität Mannheim Liquiditäts -Check Eckpunkte Statistische Ausleuchtung der Stichprobendaten zum deutschen Handelsvolumen im CDAX Durch- Standard- 1. 99. Anzahl der schnitt abweichung Perzentil Median Perzentil Schiefe Wölbung Beobachtungen Handelsvolumen Fließhandel tgl. in Mrd. Euro 3,84 2,10 1,24 3,27 10,85 3,05 23,98 3.642 Handelsvolumen Auktionen tgl. in Mrd. Euro 0,49 0,71 0,00 0,341 3,56 8,51 145,99 3,642 Midquote-Standardabweichung in % 0,16 0,07 0,08 0,14 0,44 2,96 19,38 2.790 Vola-Unterbrechungen Anzahl pro Tag 137,39 73,62 40,00 129,00 404,00 3,71 31,37 2.860 Quotierter Spread 0,27 0,11 0,12 0,24 0,58 1,07 3,92 2.790 Effektiver Spread 0,17 0,07 0,10 0,14 0,36 5,28 95,17 2.790 Kurs-Impact 0,13 0,05 0,08 0,12 0,30 1,87 7,48 2.790 Markttiefe 6,45 2,25 2,64 6,13 10,90 0,16 1,80 2.790 Orderungleichgewicht -0,91 5,87 -14,82 -0,79 11,85 -0,54 15,27 3.642 Dealgröße in tausend Euro 37,71 25,20 10,78 34,47 99,65 2,62 22,09 3.642 Quotierter Spread bezeichnet die Abweichung des Geld- und Briefkurses von der Midquote in Prozent. Effektiver Spread ist jener, der tatsächlich bei Geschäftsabschluss als Prozentsatz der Midquote realisiert wird. Kurs-Impact ist zweimal die angezeigte Änderung der Midquote in der Zeitspanne von unmittelbar vor dem Trade bis fünf Minuten danach, ausgedrückt als Prozentsatz der Midquote. Tiefe bezeichnet das Volumen des besten Geld- und Briefkurses in Millionen Euro. Auffällig sind die teilweise sehr hohen Werte für Skewness (Schiefe) und Kurtosis (Wölbung). Quelle: Studie 126 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : MARK T L I QU I D I T Ä T

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