Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

W as sind die entscheiden- den Voraussetzungen, um ein guter Fondsma- nager beziehungsweise eine gute Fondsmanagerin zu werden? Ta- lent? Ausbildung? Erfahrung? Teamfähig- keit? Keine Frage, all diese Faktoren spielen eine Rolle, allerdings ist es außerordentlich schwierig, Einfluss und Bedeutung der ein- zelnen Faktoren zu bewerten. Wie sieht es mit der anderen Seite aus? Wann sind In- vestmentverantwortliche im falschen Beruf? Auch hier gibt es diverse Kriterien, eine ent- scheidende Rolle dürfte jedoch der Umgang mit Risiken sein. Zum richtigen Zeitpunkt bewusst kontrollierte Ri- siken einzugehen beziehungsweise zu vermeiden, trennt im aktiven Management die Spreu vom Wei- zen. Menschen, die grundsätzlich dazu neigen, zu hohe Risiken in Kauf zu nehmen, sind ebenso unge- eignet, fremdes Geld zu verwalten, wie Personen, die das Risiko grund- sätzlich scheuen. Folgt man dieser These, wird verständlich, warum sich die Wissenschaft schon seit einigen Jahren ver- stärkt mit der Frage beschäftigt, was das ge- nerelle Risikoverhalten von Investoren be- einflusst. Dabei gehen die Arbeiten immer mehr in die Tiefe und versuchen unter- schiedlichste Einflüsse zu erfassen. Frühere Untersuchungen konzentrierten sich etwa auf negative Kollektiverfahrungen wie Na- turkatastrophen, Rezessionen oder gewalttä- tige Konflikte. Andere Studien versuchten die Auswir- kungen individuell erlittener negativer Erfahrungen auf das Risikoverhalten zu erfassen. Dazu zählt jene von Bucciol und Zarri, die unter dem Titel „The shadow of the past: Financial risk taking and negative life events“ 2015 im „Journal of Economic Psychology“ publiziert wurde und die Aus- wirkungen persönlicher Traumata infolge gewalttätiger physischer Attacken oder des Verlustes eines Kindes analysierten. Darauf aufbauend untersuchen die Autoren Peter Limbach (CFR), Raghavendra Rau (Univer- sität Cambridge) sowie André Betzer und Henrik Schürmann (beide Universität Wup- pertal), wie sich von Heranwachsenden ge- machte negative familiäre Erfahrungen – Verlust von Vater und/oder Mutter oder Scheidung – auf das spätere Risikoverhalten als Fondsmanager auswirken. Dabei ging es nicht zuletzt darum, widersprüchlichen Er- gebnissen in früheren Analysen nachzuge- hen. So fanden Eckel, El-Gamal und Wilson 2009 im Zuge der Analyse des Hurricans Katrina heraus, dass die Stichprobe der Ge- retteten zu einem riskanteren Verhalten neigte. Auch Voos und dessen Co-Autoren konnten bei der Analyse der Massaker in Burundi feststellen, dass die Überlebenden, die gewalttätigen Attacken ausgesetzt wa- ren, ebenfalls gewillt waren, mehr Risiko zu nehmen. Im Gegensatz dazu zeigen andere Studien, dass negative Lebenserfahrungen das Risikoverhalten in Richtung einer ver- stärkten Risikoaversion beeinflussen. Kim und Lee gelang 2014 der Nachweis, dass Menschen mit frühkindlicher Bürgerkriegs- erfahrung später eine geringere Risikofreu- digkeit an den Tag legen. Zwei weitere Ar- beiten aus den letzten Jahren finden auch Belege dafür, dass die Überlebenden von Naturkatastrophen risikoaverser agieren als Personen, die in ähnlichen Dörfern unbehel- ligt leben konnten. Hierher passt auch eine Arbeit von Knüpfer, Rantapuska und Sarvi- mäki aus dem Jahr 2017, die zur Erkenntnis gelangt, dass Arbeitnehmer, die von der fin- nischen Wirtschaftsdepression der 1990er- Jahre betroffen waren, später mit geringerer Wahrscheinlichkeit bereit waren, risikorei- che Vermögenswerte zu halten. Malmendier und Nagel stellten 2011 fest, dass die Erfah- rung eines Investors im Hinblick auf seine in der Vergangenheit erzielten Renditen ne- gativ mit seiner Bereitschaft, Risiken zu übernehmen, verbunden ist. Bernile, Bhagwat und Rau gelangten in einer Arbeit aus dem Jahr 2017 zu dem Schluss, dass CEOs, die mit Naturkatastro- phen konfrontiert waren, im Anschluss risi- kobereiter waren, wenn sie persönlich nicht betroffen waren. Litten sie hingegen unter persönlichen Folgen der Katastrophe, nahm ihre Risikobereitschaft ab. Es ist damit un- klar, ob eine kollektive negative Lebenser- fahrung kausal für das Risikoverhalten ist. Limbach, Rau, Betzer und Schürmann untersuchten in ihrer Arbeit die Auswirkun- gen von direkten persönlichen negativen Ereignissen wie Scheidung oder Tod von zumindest einem Elternteil während der Kindheit auf die spätere Risikobereitschaft von Fondsmanagern. Derlei „familiäre Ka- tastrophen“ finden wesentlich häufiger statt als Rezessionen oder Kriege. Der amerika- nische Soziologe Paul Amato stellte schon 2000 fest, dass Zensusdaten zufolge die Hälfte der ersten Ehen, die in den Jahren vor Erstellung der Studie in den USA ge- schlossen wurden, wohl freiwillig aufgelöst würden, bei mehr als die Hälfte dieser Scheidungen waren Kinder unter 18 Jahren betroffen. Generell betrachtet, müssen zirka 40 Prozent aller Kinder die Erfahrung einer Scheidung ihrer Eltern machen, bevor sie das 18. Lebensjahr vollenden. FOTO : © R I CHA RD B ENT L E Y, W I K I P ED I A » Der Verlust eines Familienmitglieds steht in Beziehung zum Risikoverhalten der späteren Fondsmanager. « Dr. Peter Limbach, Juniorprofessor für Investments am Centre for Financial Research an der Universität zu Köln Eine Studie des Centre for Financial Research (CFR) untersucht die Auswirkungen von in der Kindheit erlittenen Traumata auf das spätere Risikoverhalten von Fondsmanagern. Schwierige Kindheit? 118 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : R I S I KOMANAGEMENT

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