Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

folgten und unabhängig von ihrer Vergan- genheit wären. Klassik in Erklärungsnot Mit selbstähnlichen Zeitreihen und Kur- sen, die offensichtlich ein „Gedächtnis“ be- sitzen – denn sonst wären das nachweislich vorhandene Momentum und auch der Low- Volatility-Effekt nicht erklärbar – haben die Anhänger der Effizienzmarkttheorie (EMT) ihre liebe Not. Mathematiker Berghorn dazu: „Bereits Eugene Fama musste zuge- ben, dass der breit nachgewiesene Momen- tum-Effekt sehr schwierig in die Theorie der effizienten Märkte einzubetten ist.“ Yale- Professor Mandelbrots – er war übrigens Doktorvater von Eugene Fama – Verdienst bestand in der Erkenntnis, dass die klassi- sche Theorie nicht korrekt sein könne, weil Märkte „wilder“ sind, als die Normalvertei- lungsannahmen es vermuten ließen. Zudem seien die Aktienpreise nicht unabhängig von ihrer Vergangenheit, hätten somit eine Art „Gedächtnis“. Mandelbrot spricht hier von „gebrochenen Brown’schen Bewegungen“, die er 1968 als Modell vorschlug und die neben der Drift und der Volatilität durch den sogenannten Hurst-Exponenten charakteri- siert werden. Durch diesen Parameter sind Trending- (Hurst-Exponent > 0,5) und Mean-Reversion-Effekte (Hurst-Exponent < 0,5) möglich. Nur an der Grenzlinie Hurst- Exponent = 0,5 sind die zukünftigen Ren- diten unabhängig von der Vergangenheit. Berghorn und seine Kollegen haben das historisch simuliert, um zu klären, welche Effekte im Markt wirklich dominieren. Das Ergebnis lautet: „Trending.“ Berghorn kann dies auch anhand einer Visualisierung do- kumentieren (www. youtube.com/watch? v=Ah_ASRUAcw0) . Am Ende seiner Laufbahn bezog Man- delbrot nochmals zu seinen Arbeiten Stel- lung und formulierte einen fraktalen Kon- struktionsprozess über Trends. Dabei folgt er dem bei fraktalen Prozessen üblichen Konstruktionsprinzip der Iteration. Ein gro- ber initialer Trend wird in drei weitere klei- nere Trends unterteilt. Auf diese dann neu definierte Untertrends wird die Zerlegungs- vorschrift weiter angewendet. Das Ganze kann man wieder auf den neu gefundenen noch kleineren Trend anwenden und auch unendlich oft wiederholen. Berghorn: „Die- se von Mandelbrot skizzierte Konstruktion ist selbstähnlich, hat aber auch eine gebro- chene Dimension. Damit erfüllt ein Preis- chart rein formal die Definition eines Frak- tals.“ Von einer gebrochenen Dimension spricht man deswegen, weil dieses Auf und Ab im Chart weder eine glatte Linie (mit Dimension 1) noch eine Fläche (mit Di- mension 2) ist – es ist etwas dazwischen. In ihrer neuesten Arbeit beschäftigen sich Berghorn, Otto und Schulz mit der Frage, ob sich eine trendbasierte Parametrisierung (Wavelet-Skala) finden lässt, die einen klas- sischen Investmentfaktor möglichst gut be- schreibt. Zu diesem Zweck untersuchten sie nicht nur zwei Momentum-Strategien, son- dern auch die in institutionellen Kreisen sehr geschätzte Low-Volatility-Strategie sowie drei alternative Value-Strategien. Gelänge dies, würde damit bestätigt sein, Benoît Mandelbrots Verdienst bestand in der Erkenntnis, dass die klassische Theorie nicht korrekt sein könne, weil Märkte „wilder“ sind, als die Normalverteilungsannahmen vermuten ließen. N o. 4/2019 | www.institutional-money.com 105 T H E O R I E & P R A X I S : MANDE L BROT-T R ENDS

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=