Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

E s kann nur drei Möglichkeiten geben: Entweder sind Märkte effizient, nicht effizient oder manchmal effizient. In der ers- ten Variante kann man sich viel Arbeit spa- ren und einfach passiv anlegen. Sind sie nicht effizient, ist es sinnvoll, die Ineffizien- zen aufzuspüren, um Überrenditen zu erzie- len – die Welt der Faktorinvestments lebt von dieser Idee. Schwierig wird es, wenn Märkte nur phasenweise effizient sind: Dann müsste man ein Instrument entwickeln, das anzeigt, in welcher Phase man sich gerade befindet. Grundsätzlich ist die Frage nach der Effizienz von Märkten also eine grund- legende, und aus diesem Grund bemühen sich Finanzmarktforscher und Praktiker um eine finale Antwort darauf. Experiment Zu den aktuellsten und dabei auch inter- essantesten Ergebnissen gelangte Wilhelm Berghorn, Gründer und Geschäftsführer von Mandelbrot Asset Management, mit seinen Co-Autoren Sascha Otto von der Sparkasse Bremen und Martin Schulz, Professor an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, in einem komplexen Experiment. Ausgehend von einem Universum aus Titeln des S&P 500 und des Stoxx 600 Index bildeten sie ein Zielportfolio bestehend aus 30 Aktien. Davon ausgehend bildeten sie diverse ma- thematische Faktoren, die sich rein auf die Performance dieser Aktien bezogen. Auf der ersten Stufe steht die monatliche Sortierung aller Aktien dieses Universums anhand ihrer Einmonatsperformance, wobei schließlich in die besten 30 daraus investiert wird. Hierbei sind alle Titel gleichgewichtet. Auch Kosten von 0,1 Prozent pro Monat auf das Handels- volumen wurden berücksichtigt. Daraus er- gab sich ein erster Faktor mit der Charakte- ristik „Einmonatsperformance“. In einem zweiten Schritt erzeugte das Team insgesamt 72 Faktorsysteme, in dem die Performance- messung für die Einzelaktien zur Sortierung von einem auf bis zu 72 Monate ausgeweitet wird. Analog wurde hier monatlich in die ersten 30 Aktien investiert. In einem weite- ren Schritt multiplizieren die Autoren die Performancemessungen der 72 bestehenden Faktorsysteme noch mit minus eins. Damit ergeben sich somit 72 weitere Faktorsyste- me, die die Aktien hinsichtlich der negativen Performance sortieren und hieraus die „bes- ten“ 30 Aktien – also die größten Verlierer – monatlich in das Portfolio holen. Berghorn und Co. sprechen hier von negativen „Ska- len“. Im nächsten Schritt lassen sie dann alle Zweierkombinationen dieser insgesamt 144 Faktorstrategien zu, woraus sich schließlich 20.880 kombinierte Faktorstrategien erge- ben. Pro Faktor werden hierzu die zwei Per- formancemessungen der einzelnen Zeiträu- me via z-Scoring kombiniert. Im letzten Schritt werden die 20.880 Faktoren Monat für Monat beobachtet. Der beste Faktor aus dem vergangenen Monat wurde dann als In- vestitionsfaktor für den zukünftigen Monat herangezogen. Wenn man diese Prozedur von 2004 an bis Ende 2018 in einer Simu- lationsrechnung monatlich wiederholt und die Outperformance der Strategie kumuliert darstellt, erhält man den Chart „Generisches Momentum über 30 Assets“. Wie kann es dazu kommen? Die auf diese Weise berechnete Outper- formance dürfte es in effizienten Märkten eigentlich nicht geben. Hier kommt Benoît Mandelbrot ins Spiel, der berechtigte Zwei- fel an der Theorie effizienter Märkte äußer- te. Der berühmte Mathematiker hatte immer wieder die seiner Ansicht nach zu stark ver- einfachenden Annahmen der klassischen Theorie kritisiert. Man denke nur an die Normalverteilungsannahme, Volatilität als Risikomaß, die Anbetung des Value-at- Risk-Konzepts, das nichts über die Höhe der zu erwartenden Extremverluste aussagt, die These, dass alle Marktteilnehmer ratio- nal agieren und alle Information in den Kur- sen verarbeitet sein würden und dass diese Kurse einem Zufallspfad (Random Walk) Auf Basis der Erkenntnisse von Benoît Mandelbrot beschreiben Dr. Wilhelm Berghorn, Dr. Sascha Otto und Prof. Dr. Martin Schulz die Kapitalmärkte und Faktoren als trendbasierte, instationäre, fraktale Prozesse. Generisches Momentum über 30 Assets Das dynamische Momentum-Faktormodell liefert eine beeindruckende kumulierte Outperformance. Aus 20.880 kombinierten Faktorstrategien wird die beste genommen und in die 30 besten Aktien des S&P 500 beziehungsweise des Stoxx 600 Europe Index für den Folgemonat gleichgewichtet investiert. Dieses Prozedere wird monatlich wiederholt. Untersuchungszeitraum: Anfang 2004 bis Ende 2018. Quelle: Mandelbrot Asset Management 0 % 200 % 400 % 600 % 800 % 1.000 % 1.200 % 2015 2014 2013 2018 2019 2017 2016 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 Performance des dynamischen Momentum-Modells mit 30 Assets Kumulierte Outperformance FOTO : © TA R ANTOL A K AT HY, M I KHA I L L EONOV | S TOCK . ADOB E . COM Die Mutter der Faktoren 104 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : MANDE L BROT-T R ENDS

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