Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

Wissenschaftliche Arbeiten zu Green Bonds Bisher kamen die Forschungsarbeiten zu den Eigenschaften nachhaltiger Anleihen zu keinen einheitlichen Ergebnissen. D ie Untersuchungen zu den Auswir- kungen von Nachhaltigkeitspräfe- renzen auf Kurse beziehungsweise Renditen haben sich in den letzten Jahren ausgeweitet. Viele der kürzlich durchge- führten Studien kommen zum Schluss, dass Investoren der Nachhaltigkeit von Anlagen einen Wert beimessen – hier kommt die Arbeit von Hartzmark und Sussman ins Spiel, die demnächst publi- ziert werden soll – und bereit sind, für nicht pekuniäre Charakteristika dieser In- vestments etwas zu bezahlen. Für Letzteres finden Barber, Morse und Yasuda 2018 in „Impact Investing“ Belege. Die Ergebnisse betreffend Renditeauswirkungen im Fall von Green Bonds fallen unterschiedlich aus. Einige wenige Studien kommen zur Erkenntnis, dass grüne Anleihen zu niedri- geren Renditen gehandelt werden als kon- ventionelle Anleihen. Ehlers und Packer untersuchten 2017 in „Green Bond Finance und Certification“ – die Studie erschien in einem Quartalsbericht der Bank für Inter- nationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – Cre- dit Spreads von 21 Green Bonds zum Emissionszeitpunkt. Nanayakkara und Co- lombage wiederum wandten 2018 in „Do Investors in Green Bond Market Pay a Risk Premium?“ optionsadjustierte Spread- Daten an, um das Kreditrisiko von grünen und konventionellen Bonds zu messen. Karpf und Mandel stellten 2017 in „Does it Pay to Be Green?“ auf eine Oaxaca- Blinder-Regression für grüne Municipal Bonds ab und fanden heraus, dass diese Prämie ab 2015 negativ ausfiel. Zuletzt berichtete Zerbib dieses Jahr in „The effect of pro-environmental preferences on bond prices: evidence from green bond prices“ von einer negativen Prämie bei grünen Bonds in Höhe von zwei Basispunkten im Sekundärmarkt. Das Quartett Baker, Berg- stresser, Serafeim und Wurgler stellte 2018 in „Financing the Response to Climate Change: The Pricing and Ownership of U.S. Green Bonds“ fest, dass grüne Muni- cipal Bonds zum Emissionszeitpunkt etwas teurer waren. Andere Studien und Reports von CBI (www.climatebonds.net) doku- mentieren einen gegenteiligen Effekt. Sie wollen eine positive Prämie oder gar kei- nen signifikanten Renditeunterschied zwi- schen grünen und konventionellen Anlei- hen erkennen. Festzuhalten ist, dass sich die meisten Arbeiten nur auf eine kleine Stichprobe von Green Bonds stützen – und zwar auf weniger als 150 Anleihen oder weniger zehn Prozent des Universums. Des Weite- ren ignorierten einige Untersuchungen zeitliche Effekte und währungs- und emit- tentenbezogene Bond-Charakteristika. In den genannten Arbeiten verzichtete man auch darauf, ein umfassendes Bild der Auswirkungen auf das Pricing am Primär- und Sekundärmarkt zu schaffen, auch die Glaubwürdigkeits-(Green Credibility)-Pro- blematik wurde bisher nicht untersucht. Ergebnisse älterer Studien nicht be- stätigen. Diese beobachteten sinken- den beziehungsweise gleich hohe Renditen grüner Anleihen im Ver- gleich zu konventionellen Emissio- nen (siehe Kasten „Wissenschaftli- che Arbeiten zu Green Bonds“) . Die Ergebnisse von Kapraun und Scheins legen den Schluss nahe, dass mit dem rasant wachsenden Markt für Green Bonds die Akzep- tanz besagter Anleihen unter der als niedrig empfundenen Transparenz leidet. Das lässt die Notwendigkeit für mehr Transparenz und klare, konsistente internationale Green- Bond-Standards noch dringlicher er- scheinen. Nicht unwesentlich ist hier der Hinweis darauf, dass im Segment „grüner“ Corporate Bonds viele chinesische Emitten- ten enthalten sind. Immerhin 16 Prozent des ausstehenden Green-Bond-Emissionsvolu- mens lauten auf Renminbi, und die Defini- tion von grünen Anleihen unterscheidet sich in China von den internationalen Standards. In den vergangenen vier Jahren hat eine Verstetigung der positiven Renditeprämie von grünen Anleihen im Bereich von durch- schnittlich zehn Basispunkten am Sekun- därmarkt stattgefunden. Herausgestellt hat sich die steigende Bedeutung des Listings von grünen Anleihen an speziellen grünen Börsensegmenten. Diese erfüllen eine wich- tige Aufgabe als Marktkatalysatoren, da die dort gehandelten Green Bonds signifikant niedrigere Renditen aufweisen. Unabhängig von diesen heterogenen Er- gebnissen muss man sich fragen, ob ein Asset Manager, der Green Bonds zum Emissionszeitpunkt zu niedrige- ren Renditen als konventionelle An- leihen desselben Emittenten kauft, seinem Auftrag gerecht wird. In den USA zog Polizeioffizier Jason Perez gegen den Riesen-Pensionsfonds CalPERS wegen dessen rendite- einschränkender ESG-Politik zu Fel- de und errang einen Verwaltungsrats- sitz. In Europa scheinen die Uhren anders zu ticken: Green Bonds fin- den wohl bald den ultimativen Käu- fer: Notenbanken. Viele Zentralban- ken bieten den Kreditinstituten zwar Anreize für die Finanzierung von ökologisch nachhaltigen Projekten, zögerten bisher jedoch, selbst Green Bonds zu kau- fen. Aber nun scheint sich die Lage auch hier zu ändern: Die EZB hat bereits derar- tige Papiere im Rahmen ihres Programms zur Wiederanlage von Vermögenswerten er- worben. Mit den Käufen der Notenbanker erhält der Markt eine Art Siegel für Zuver- lässigkeit und Reife. DR. KURT BECKER Grüne Börsensegmente Dort gelistete Green Bonds haben im Schnitt um 0,2 % geringere Renditen. Börsen Anzahl Mrd. US-Dollar Luxembourg Stock Exchange 114 56,22 Frankfurt Stock Exchange 89 53,44 Milan Stock Exchange 39 34,40 London Stock Exchange 59 11,17 Stockholm Stock Exchange 62 4,24 Oslo Stock Exchange 12 2,13 Taipei Exchange 15 1,33 Offensichtlich erscheinen Green Bonds, die in speziellen grünen Marktsegmenten gelistet sind, Investoren durch ihre erhöhte Sichtbarkeit und die damit verbundene Transparenz glaubwürdiger als nicht gelistete grüne Anleihen. Quelle: Studie 102 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : GR E EN BONDS

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=