Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

D as von der französischen EDHEC Business School im Jahr 2001 geschaffene EDHEC-Risk Institute (ERI) versteht sich (auch) als Speerspitze wissen- schaftlich fundierter Faktorindexgestaltung. Sein erklärte Ziel besteht darin, akademisch fundierte, praxistaugliche Lösungen zu schaffen. Die seit 2013 aktive Initiative „ERI Scientific Beta“ (Scientific Analy- tics) will die neuesten wissenschaft- lichen Erkenntnisse zu Smart Beta an die Investmentindustrie weiterreichen. Und inzwischen bietet man neben Mul- ti-Faktor-Indizes auch „Single Smart Factor Indices“ an. Aktuell stehen die sechs wissenschaftlich abgesicherten Faktoren Mid Cap, Value, High Mo- mentum, Low Volatility, High Profitabi- lity und Low Investment zur Verfügung. Neben praxistauglichen Lösungen wollen die Hüter der robusten Faktorindexmetho- dologie auch mögliche Gefahren und Schwachstellen von Smart-Beta-Konzepten aufdecken. Jüngstes Ergebnis dieser An- strengungen ist der Hinweis auf Probleme, die sich ergeben, wenn sich eine Indexkon- struktion im Zeitablauf ändert. Professor Noel Amenc, CEO von Scientific Beta, und Felix Goltz, Head of Applied Research am EDHEC-Risk Institute, publizierten die Ergebnisse ihrer Untersuchung, die mit den Analysten Mikheil Esakia und Marcel Sibbe erarbeitet wurden, im ersten Quartal dieses Jahres. Nicht in Stein gemeißelt Systematische Faktorindizes folgen zwar einem festgelegten Regelwerk, sind aber ebenso wenig vor Änderungen gefeit wie klassische marktkapitalisierungsgewichtete Indizes. Das häufige „Herumdoktern“ an der Indexzusammensetzung macht die Stär- ke, die Smart-Beta-Indizes für sich in An- spruch nehmen, zumindest teilweise zunich- te. Das Ziel besteht darin, systematisch und transparent ein konsistentes Exposure zu be- stimmten abgesicherten Faktoren aufzubau- en, häufige Indexanpassungen laufen dem zuwider. Dabei ist die Versuchung auch für Indexanbieter und Smart-Beta-Manager groß, so wie traditionelle aktive Manager neue Fonds aufzulegen, wenn die alten un- derperformen. Mithilfe entsprechender Backtests ließen sich problemlos laufend neue Konzepte entwickeln. Ältere Ideen mit schlechten realen Ergebnissen könnte man in der Versenkung verschwinden lassen. Ne- ben derlei vertriebsgetriebenen Motiven gibt es durchaus legitime Gründe für einen sol- chen Schwenk, etwa wenn die Indexmetho- dologie verändert wird, um den Index leich- ter implementierbar zu machen. Auch dafür gibt es Vorbilder aus der Welt der kapitali- sierungsgetriebenen Indizes, wo etwa An- passungen an den Free Float vorgenommen werden, um die Gesamtliquidität des Index zu erhöhen. Grundsätzlich müssen Anpassungen also möglich sein, allerdings sei dabei wichtig, so die Autoren, dass die Änderungen nicht im Widerspruch zu den Investmentzielen stehen. So wäre es etwa überraschend, wenn ein Multi-Faktor-Index nach einer Umstellung auf ein anderes Faktorset als in der Vergangenheit zurückgreift. Indexanbie- ter müssen immer gute Gründe dafür ins Treffen führen können, wenn sie die Index- methodologie ändern. Sie sollten klar argu- mentieren, warum sich geplante Änderun- gen mit der Philosophie des konkreten Smart-Beta-Ansatzes in Einklang bringen lassen. Nicht minder wichtig ist, dass Än- derungen in der Indexmethodologie mit dem nötigen Maß an Transparenz einherge- hen. In einer kürzlich ausgewerteten Umfra- ge unter europäischen ETF-Investoren stell- ten Felix Goltz und Le Sourd fest, dass eine der großen Herausforderungen für Investo- ren, die faktorbasierte Strategien analysieren möchten, der Zugang zu Information dar- stellt, um bestimmte Risiken wie etwa das Data-Mining-Risiko beurteilen zu können. Änderungen der Indexregeln und die Per- formancecharakteristika älterer Indexan- gebote sollten transparent sein, um den Investoren die Evaluierung der Strategien zu ermöglichen. Data-Mining-Risiken Wenn Inkonsistenzen bei der Indexme- thodologie auftreten, dann liegt das sehr oft am Data Snooping. Auch p-Hacking oder Data Mining genannt, ist Data Snooping eine Bezeichnung für die verzerrte Darstel- lung von Forschungsresultaten durch die systematische und wiederholte Anwendung statistischer Methoden auf einen vorliegen- den Datensatz. Der p-Wert, also die Kenn- zahl der statistischen Signifikanz eines Re- sultats, wird dabei gezielt beispielsweise durch das Testen genügend vieler Variablen- kombinationen auf einem einzigen Daten- satz unter die in den Wirtschaftswissen- Eine kürzlich veröffentlichte Studie von ERI Scientific Beta und Scientific Analytics stellt die Risiken heraus, die mit Änderungen in der Zusammensetzung von Faktorindizes einhergehen. FOTO : © E R I SC I ENT I F I C B E TA , FOTOME K | S TOCK . ADOB E . COM » Änderungen in der Index- methodologie müssen konsistent mit der Investmentphilosophie sein. « Professor Dr. Noël Amenc, CEO von ERI Scientific Beta, Nizza Vorsicht Falle(n) 90 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : FAK TOR- I NVE S T I NG

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