Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

D er Wirtschaftsnobelpreis ist ein zweischneidiges Schwert. Das Gute aus Sicht der sol- cherart Geehrten: Ihren Ideen wird neue Wucht und Resonanz ver- liehen. Das Problem: ihren Kritikern eben- so. Ein gutes Beispiel für diese Ambivalenz stellen die Preisträger aus dem Jahr 2013 dar. Damals erhielten unter anderem Euge- ne Fama und Robert Shiller den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften – Fama für seine Erkenntnisse zum passiven In- vestieren, die schließlich in die berühm- ten Faktormodelle von Fama & French mündeten. Shiller erhielt seinen Anteil am Nobelpreis für das nach ihm be- nannte KGV (meist als CAPE – Cycli- cally Adjusted Price-to-Earnings Ratio – bezeichnet). Shillers Kennzahl ist der inflationsbereinigte Quotient aus den Aktienkursen und dem gleitenden Durchschnitt der Gewinne je Aktie in den jeweils zurückliegenden zehn Jahren. Trotz – oder wegen – ihrer prominenten akademischen Aus- zeichnungen stehen die Arbeiten von Fama und Shiller konstant unter Beschuss. Famas Faktoren werden ebenso in Zweifel gezogen wie die Berechnungsmethode und Aussage- kraft von Shillers Aktienbewertungs- ansatz. Letzterer wurde tendenziell als zu „alarmistisch“ bezeichnet. Weil das Shiller-KGV bis ins 19. Jahrhundert durchgerechnet wird, komme es, so die Kritiker, in den langjährigen Durchschnittswerten zu statistischen Verzerrungen. Das CAPE liege in den vergangenen Jah- ren regelmäßig weit über dem histo- rischen Durchschnitt. Folge man der Kennzahl, verpasse man regelmäßig günstige Kaufgelegenheiten, was zu- lasten der Performance gehe. So weit die relativ bekannten Standpunkte. Der New Yorker Fi- nanz- und Wirtschaftsanalyst Stephen Jones gehört ebenfalls zu den Kritikern – am En- de seiner Zweifel steht jedoch nicht die An- nahme, dass das Shiller-KGV zu alarmis- tisch ist; ganz im Gegenteil, er hält es für zu konservativ. Das geht aus einer Grafik hervor, die der US-Finanzjournalist und Blogger Brian Livingston auf Basis der Jo- nes’schen Daten für das Onlineportal Mar- ketwatch erstellt hat (siehe Chart) . Jones hat für diese Grafik zwei bekannte, eine weniger bekannte und schließlich eine von ihm selbst konstruierte Kennzahl ge- nommen und von diesen Zahlen ausgehend eine Zehnjahresprognose für den US-Leitin- dex S&P 500 erstellt. Das bekannte Shiller- KGV prognostizierte dabei für die kommen- den zehn Jahre ein annualisiertes Plus von 2,6 Prozent. Für viele Marktteilnehmer ist bereits dieser Wert eine bedrohliche Nach- Wer die Ansicht teilt, dass das Shiller-KGV zu alarmistisch ist, sollte die Arbeit des Analysten Stephen Jones kennen. Der Amerikaner rechnet vor, warum das Shiller-KGV gegenwärtige Marktrisiken nicht über-, sondern untertreibt, und stellt ein alternatives Prognosetool vor. Welches Prognosemaß funktioniert für den Gesamtmarkt? Traditionelle Prognose-Ratios haben in der Vergangenheit schlechter funktioniert als das alternative DAMA. Die von Stephen Jones entwickelte Prognosekennzahl DAMA hat über die meisten Jahrzehnte hinweg besser funktioniert als das populäre Shiller-KGV. Jones verzichtet bei seinen Prognosen komplett auf die Variable „Unternehmensgewinn“ und fokussiert auf Makrodaten wie beispielsweise die demografische Entwicklung. Quelle: Marketwatch 1970 2000 1990 2010 2020 1980 -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % Jones (DAMA) Tobin S&P 500 Total Return zehn Jahre bis Dezember 2018 Buffett Shiller PROGNOSE: Erwartetet Total Return bis Dezember 2028 OGNOSE PR - 4,1 % 2,6 + % 0,5 - % 2,0 - % FOTO : © CA S T L E A R K , L A S S EDE S I GNEN | S TOCK . ADOB E . COM Die strengste aller Kennzahlen » Der demografische Aspekt ist bei der Erweiterung des Prognosemodells sicher das mächtigste Element. « Stephen Jones, Quantitativer Finanzanalyst Castleark 86 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : MARK T BEWE R TUNG

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