Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

D ie allgemeine Verwirrung, die um die Mechanismen der Modern Monetary Theo- ry (MMT) besteht, beruht laut dem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg darauf, dass diese Mechanismen bislang noch nicht in einem einfachen makroökonomischen Mo- dell ihren Niederschlag gefunden haben. Genau damit hat Bofinger nun Schluss gemacht, indem er das IS-LM-Modell entworfen hat, das es ihm erlaubt, die grundsätzliche Mechanik der MMT zu beschreiben. IS-LM-Modell Das Modell fußt auf zwei Märkten: dem aggregierten Gütermarkt (wiederge- geben durch die Investitions-Spar-Kurve oder IS-Kurve) und dem aggregierten Fi- nanzmarkt, der durch die Liquiditätsprä- ferenz-Geldmengen-Kurve (LM-Kurve) re- präsentiert wird. Das Modell definiert einen Gleichgewichtspunkt in einem Diagramm zwischen einem bestimmten aggregierten Output (Y) auf der horizontalen Achse und einem bestimmten Zinssatz (i) auf der ver- tikalen Achse. Nimmt man nun an, dass ein Defizit durch zusätzliche Staatsausgaben entsteht, verschiebt die dadurch induzierte höhere Nachfrage nach Gütern die IS-Kurve nach rechts (siehe die beiden Grafiken „Die Mechanik hinter der Modern Monetary Theory“). Dieser Effekt ist unabhängig von der Finanzierung des Defizits zu betrachten. Wenn das Defizit traditionell durch die Aus- gabe von Staatsanleihen finanziert wird, bleibt die Geldmenge gleich, und die LM- Kurve bleibt dort, wo sie ist. Zusammen mit der Verschiebung der IS-Kurve nach oben steigt dann der Zinssatz (siehe linkes Dia- gramm der Grafik), und die höheren öffent- lichen Ausgaben verdrängen dann private Investitionen. Im Fall der MMT, wo die zu- sätzlichen Staatsausgaben direkt von der Zentralbank finanziert werden, verschiebt sich die LM-Kurve ebenfalls. Bofinger macht den Zusammenhang an einem Bei- spiel fest: „Nehmen Sie an, die Regierung bezahlt eine Baufirma. Dies geschieht, in- dem sie einen Transfer von ihrem Zentral- Modern Monetary Theory II. Peter Bofinger, der ehemalige Wirtschaftsweise, Starreferent am Institutional Money Kongress und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg, hat ein makroökonomisches Modell zu MMT vorgelegt. Sein Fazit: Korrekt angewendet, sollte es funktionieren. Die Mechanik hinter der Modern Monetary Theory Expansive, kapitalmarktfinanzierte Finanzpolitik bei konstanter Geldmenge MMT-finanzierte expansive Finanzpolitik bei gleichzeitiger Geldmengenausweitung Die Investitions-Spar-Kurve (IS-Kurve) steht für den aggregierten Gütermarkt, die Liquiditätspräferenz-Geldmengen-Kurve (LM-Kurve) für den aggregierten Finanzmarkt; Y für den Out- put, i für den Zinssatz. IS 1 stellt die Verschiebung des aggregierten Gütermarktes durch zusätzliche staatliche Nachfrage (Budgetdefizitausweitung) dar. Der Zins steigt von i 0 auf i 1 (links) und verdrängt private Investitionen (linke Grafik). Finanziert die Zentralbank das Staatsdefizit gemäß MMT direkt, verschiebt sich die LM-Kurve immer weiter südwärts (LM 1 bis LM 3 ) und damit unter Umständen so weit, dass der Zinssatz i 3 unter jenem vor den Operationen (i 0 ) landet (rechte Grafik). Quelle: Prof. Bofinger FOTO : © UN I WÜR Z BURG, K I RY L L I S | S TOCK . ADOB E . COM » Regierungen könnten ihre Budgetdefizite direkt über die Noten- bank finanzieren, jedoch in Maßen. « Prof. Dr. Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg Die Dosis macht das Gift LM IS 1 IS 0 IS 0 IS 1 LM 3 LM 2 LM 1 LM i 0 i 1 i i 3 i 2 = i 0 i 1 i Y 82 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : MODE RN MONE TAR Y THEOR Y

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=