Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

macht haben. So verweist er auf das Beispiel des hoch verschuldeten Japan, wo die Bank of Japan bereits 2017 den unlimitierten Ankauf von Staatsschuld- titeln angekündigt hat. Zu einer Explo- sion von Zinsen und Inflation ist es bis dato nicht gekommen. Zudem stellte Bofinger via Twitter ein einfaches MMT-Modell vor (Anm.: siehe nachfol- genden Artikel) . Seine Conclusio lautet: Regierungen könnten ihre Budgetdefizi- te direkt über die Notenbank finanzieren – allerdings mit Maß und Ziel. Gewichtige Kritiker Klarerweise verfügt die Theorie nicht nur über Befürworter. Gegner führen nicht zuletzt an, dass MMT intellektuell den Weg für die Einführung des Heli- koptergeldes geebnet hat. Überraschend ist in diesem Zusammenhang aber, wie heftig die Kritik zuletzt von Wirtschafts- nobelpreisträger Paul Krugman, dem ehemaligen US-Finanzminister Larry Summers sowie Kenneth Rogoff, Ex- Chefvolkswirt des IWF, ausgefallen ist. Das gilt umso mehr, als es sich bei die- sen Vertretern nicht um stramme Repu- blikaner, sondern ebenfalls um Demo- kraten handelt, die aber dem rechten Flügel der Partei zugerechnet werden. „Gefährlicher Unsinn“ und „Voodoo Economics“, lautet deren Urteil. Summers etwa kritisiert die These der MMT, eine Regierung könnte sich ihr Budgetdefizit durch Gelddrucken zu null Kosten finanzieren. Es gebe keinen „Free Lunch“, weder für die Rechten noch für die Linken. Alles habe seinen Preis, auch die exzessive Verschuldung, sonst müssten ja Länder wie Venezuela und Zimbabwe alles richtig gemacht haben. Summers hat damit aber eine Kehrtwende vollzogen, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte er noch von säkularer Stagnation geschrieben und ge- meint, es gäbe einen „Free Lunch“ in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums und nicht ausreichender öffentlicher Investitionen. Auch in Deutschland gibt es neben vor- sichtigen Befürwortern wie Bofinger vehe- mente Kritiker wie etwa Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirt- schaftsforschung DIW. Dieser meint, dass Kenneth Rogoff mit seinem Urteil recht habe, wonach die MMT „größtenteils Un- sinn“ darstelle. Was sagt die Praxis? Wie prominent MMT inzwischen gewor- den ist, zeigt auch die Tatsache, dass selbst Fed-Chef Jerome Powell, bei einem Hea- ring im US-Senat Ende Februar zu MMT befragt wurde. Dabei gab er an, noch kein schlüssiges, gut ausgearbeitetes Papier zu dem Thema gesehen zu haben. Stattdessen habe er viele extreme Ansichten gehört. Die Vorstellung, dass sich ein Land mit eigener Währung quasi unbeschränkt verschulden könne und Budgetdefizite keine Rolle spiel- ten, halte er aber für schlichtweg falsch. Auch die USA könnten sich auf Dauer nicht schneller verschulden, als das Bruttosozial- produkt steige, erklärte der Notenbanker mit einem sorgenvollen Blick auf eine US- Staatsverschuldung, die bereits den Wert von 22 Billionen US-Dollar überschritten hat. Dass die Notenbanker keine große Zuneigung zur MMT hegen, liegt auf der Hand, sagen die MMT-Anhänger doch ganz offen, dass Währungshüter ohnehin schon als Staatsfinanzierer agieren und ihre Unab- hängigkeit nur vorgeschoben sei, um den Zusammenhang zwischen Geld- und Fiskal- politik zu verschleiern. Geldpolitik: Falscher Umgang Aber nicht nur die Notenbanken haben mit MMT ihre liebe Not, auch hochrangige Ökonomen der Asset-Management-Indus- trie sind keine Freunde dieser Bewegung. Einer von ihnen ist Joshua Feinman, Chef- ökonom der DWS. Er wittert nebulöse, eng- stirnige Prinzipien und rügt einen falschen Umgang mit der Geldpolitik: „Es stimmt, dass bei einer privaten Nachfrageschwäche mithilfe von Defizitfinanzierung Vollbe- schäftigung hergestellt werden kann. Aber Die Idee, dass der Staat, sofern er eine eigene Währung hat, problemlos unlimitiert Geld drucken kann, erscheint schon intuitiv unvernünftig, trotzdem halten dies die Anhänger der „Modern Monetary Theory“ grundsätzlich für machbar. N o. 2/2019 | www.institutional-money.com 79 T H E O R I E & P R A X I S : MODE RN MONE TAR Y THEOR Y

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