Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

Amundi hat kürzlich eine ESG-Studie ver- öffentlicht. Was waren dabei für Sie die wichtigsten Resultate? Stanislas Pottier: Die Studie zeigt, dass von 2014 an die Berücksichtigung von ESG- Faktoren die Performance eines Portfolios positiv beeinflusst, und zwar weltweit. In den USA sind Umweltfaktoren wichtiger, um die Performance zu verbessern, wäh- rend in der Eurozone Governance-Faktoren einen größeren Einfluss haben. Was wir aber auch sehen: In der Eurozone finden ESG-Faktoren durch die Gesellschaft, die Medien, die Regulatoren etc. bereits so große Beachtung, dass sich Unternehmen darüber nicht mehr so stark differenzieren können wie früher. Daher bestimmen ESG- Kriterien mittlerweile eher das Alpha als das Beta. Dieser Effekt ist aber für E, S und G unterschiedlich. E beeinflusst eher Beta als Alpha, während Governance-Themen für das Alpha immer noch bestimmend sind. Durch Governance-Screenings können wir für europäische Titel also immer noch die Portfolio-Performance steigern. Soziale Faktoren beeinflussen den Markt eigentlich erst seit 2016 nennenswert. Hier ist noch nicht alles im Markt eingepreist, das heißt, durch ein Sozial-Screening können Sie noch eine Outperformance erzielen. Daher haben wir soziale Faktoren aktuell im Fokus. Was zeigt die Studie noch? Stanislas Pottier: Die Ergebnisse zeigen ein- deutig, dass die Berücksichtigung von ESG- Faktoren von 2014 an eine positive Aus- wirkung auf die Performance von Portfolios gehabt hat. Davor war nur die Berücksich- tigung von ökologischen Faktoren ein posi- tiver Performancefaktor, insbesondere in Europa. Ich interpretiere das so, dass öko- logische Faktoren in Europa schon sehr früh von bestimmten Investoren berücksichtigt wurden, was sich dann auf die Börsenkurse ausgewirkt hat. Mittlerweile führt auch die Berücksichtigung von Governance-Faktoren zu einer Outperformance, und die Zeit der Berücksichtigung von sozialen Faktoren wird vermutlich bald kommen. Welche neuen Datenquellen und Daten setzt Amundi für sein ESG-Screening ein? Stanislas Pottier: Es gibt mittlerweile viel neues Rohdatenmaterial, beispielsweise auch über die Social-Media-Kanäle. Neue Datenanbieter sammeln diese Daten und werten sie aus und geben dabei wertvolle Hinweise auf Kontroversen, die sich für die Zukunft abzeichnen. Führt das nicht bloß zu Reaktionen im Nachhinein, wenn die Kontroversen bereits publik sind? » Soziale Faktoren beeinflussen den Markt erst seit 2016 nennenswert. Hier ist noch nicht alles im Markt eingepreist. « Stanislas Pottier, Chief Responsible Investment Officer, Amundi Ein Leben für die Nachhaltigkeit Stanislas Pottier schloss 1989 sein Studium an der Ecole Supérieure de Commerce (ESCP Europe) und 1994 an der Ecole Nationale d’Administration (ENA) ab. 1994 begann er seine Karriere im französischen Finanzministe- rium und arbeitete dann von 1998 bis 2000 als Volkswirt bei der Weltbank in Washington D.C. Anschließend kehrte er in die fran- zösische Regierung zurück, wo er in den Ministerien für Finanzen und für Wirtschaft bis 2009 mehrere Positionen innehatte. Dort arbei- tete er u.a. mit Thierry Breton und der dama- ligen Handelsministerin Christine Lagarde. Zwischen 2009 und 2011 war Stanislas Pottier Sonderberater von Michel Rocard, dem damaligen Premierminister und Botschafter Frankreichs bei internationalen Verhandlungen über Arktis und Antarktis. Es folgte der Ein- stieg in die Asset-Management-Branche: Von 2011 bis 2018 war er Global Head für nachhaltige Entwicklung bei der Crédit Agricole SA Group, und im Juni 2018 kam er dann zu Amundi. A L L E F OTO S : © S TA N I S L A S E R MA N 72 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : STANI S LAS POTT I ER | AMUNDI

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