Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

die wir verwenden wollen und deren Ge- wicht. Dabei gewichten wir die einzelnen Kriterien je nach Branche unterschiedlich. Auf dieser Basis berechnen wir dann einen ESG-Score. Daneben nehmen wir eine qua- litative Analyse der einzelnen Sektoren und Unternehmen vor und betreiben auch En- gagement. Engagement halten wir in unse- rem Geschäft für sehr relevant. Wie können Sie mehr PS auf die ESG-Straße bringen? Indem Sie Ihre Gelder in „gute“ Unternehmen stecken oder indem Sie inves- tieren und dann Engagement betreiben? Stanislas Pottier: Beides! Wir unterstützen Unternehmen, die bereits Best Practices ein- setzen und gleichzeitig eine gute Perfor- mance aufweisen, indem wir darin investie- ren. Sie setzen in gewisser Weise die Stan- dards. Gleichzeitig versuchen wir unseren Einfluss bei Unternehmen geltend zu ma- chen, die noch nicht ganz dort angekommen sind, wo sie sein sollten, die sich jedoch in die richtige Richtung weiterentwickeln. Wir halten aber auch Kontakt zu Unternehmen, die wir ausschließen. Der Verkauf ist für Amundi allerdings das letzte Mittel, denn wenn wir investiert bleiben, haben wir immer noch die Möglichkeit, die Dinge zu ändern. Die Märkte sind ja dynamisch, und nichts ist in Stein gemeißelt. Wenn solche Unternehmen ihre Richtung ändern wollen, helfen wir ihnen gern dabei. Nehmen die Unternehmen denn Ihre Hilfe ohne Weiteres an? Stanislas Pottier: Das kommt darauf an. Wir nehmen unsere Stimmrechte auf Hauptver- sammlungen durchaus aktiv wahr, und die Unternehmen wissen auch, welches Ge- wicht an Stimmrechten wir halten. Sie kom- men daher oft von sich aus auf uns zu, um auszuloten, was wir von ihrer Strategie und den einzelnen Beschlusspunkten halten, welche Position wir auf der Hauptversamm- lung einnehmen werden. Bei dieser Gele- genheit können wir ihnen dann auch Fragen bezüglich ihrer Klimastrategie, zur Vor- standsvergütung und zu weiteren Themen, die wir für wichtig halten, stellen. Wodurch werden Unternehmen stärker Richtung ESG gedrängt? Geht es eher darum, Risiken zu vermeiden und die Per- formance zu steigern, oder drängt die Regulierung alle dorthin? Stanislas Pottier: Wir beobachten, dass Unter- nehmen ihre Praktiken immer mehr an ESG-Kriterien anpassen. Sie werden durch den gesellschaftlichen Druck, aber auch durch die Regulierung und die Aktionäre dahin gedrängt. Große Investoren haben grundsätzlich die Möglichkeit, größeren Druck aufzubauen. Sie verbessern ihre ESG-Analysen und machen ESG immer mehr zur Normalität. Frankreich war Vorreiter bei der ESG- Gesetzgebung. Was konnten Sie in Frank- reich beobachten, was sich vielleicht auch in anderen europäischen Ländern nieder- schlagen wird? Stanislas Pottier: Frankreich hat 2015 das „Energy Transition Law“ eingeführt und schreibt im mittlerweile berühmten Artikel 173 vor, dass Asset Manager und Banken über das Risk Exposure berichten müssen, das aus ESG-Verstößen sowie der Klima- änderung resultiert. Sie müssen auch Über- legungen anstellen, wie sie ihre Kunden vor diesen Risiken schützen oder wie sie zu- mindest die entsprechenden Risiken redu- zieren können. Was tut sich diesbezüglich international oder EU-seitig? Stanislas Pottier: Die Transparenz und damit das Reporting gewinnen mehr und mehr an Bedeutung und sind ein wichtiger Bestand- teil des von der Europäischen Kommission eingeleiteten Aktionsplans, um Investoren einen besseren Einblick in die Auswirkun- gen ihrer Investitionen zu geben. » Wir nehmen unsere Stimmrechte auf Hauptversammlungen aktiv wahr. « Stanislas Pottier, Chief Responsible Investment Officer, Amundi A L L E F OTO S : © S TA N I S L A S E R MA N 70 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : STANI S LAS POTT I ER | AMUNDI

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