Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

feststellen: So gelingt die Verkehrswende und damit auch der Klimaschutz nicht.“ Oliver Roll, Gründer der Beratungsgesell- schaft 4AlphaDrivers, der ausdrücklich betont, dass er die ESG-Ziele begrüßt, sieht eine „Problematik, die dadurch entsteht, dass der Prozess oktroyiert wird – der Zwang ist das Problem. Wir müssen auch den Investoren ‚Diversity‘ in den jeweiligen Ansätzen lassen, um kreative Lösungen und Wege zu suchen. Alles andere sind massive Eingriffe in die Eigentumsrechte – und da geben wir vielleicht mehr auf, als wir gewinnen, bloß weil wir momentan diese Ziele gut finden.“ Störender Definitionsmangel Was viele Akteure, die bisher noch nicht auf einem klaren ESG-Kurs segeln, an der Thematik stört, ist ihre Schwammigkeit. „ Die ESG-Kriterien gibt es nicht – und die richtige Lösung schon gar nicht. Am Ende kann sich der Vermögensverwalter irgend- etwas aus einem großen Lösungstopf aus- suchen. Ob das aber der Umwelt hilft, ist fraglich“, meint etwa Frank Wieser. Er ist Kuratoriumsmitglied und Finanzverantwort- licher der Schmitz Stiftungsgruppe in Düs- seldorf und Vermögensbeirat im Münchner „Haus des Stiftens“. Wieser rechnet nicht mit einer spürbaren Allokationswirkung durch die ESG-Regulierung: „Institutionelle Anleger achten sicherlich auf die Nachhal- tigkeit der Vermögensanlage und haben dies schon immer getan. Mit großen Allokations- veränderungen muss man aber nicht rechnen. Entweder haben institutionelle Anleger diese Kriterien schon immer berücksichtigt, oder die Projekte sind schlichtweg zu klein, um einen echten Effekt zu haben.“ Zur regulato- risch geforderten höheren Transparenz hin- sichtlich nachhaltiger Kriterien meint er: „Durch das ESG-Reporting wird die Welt mit Sicherheit nicht besser, aber eine Ver- besserung ergibt sich womöglich dadurch, dass man zum ersten Mal in dieser Dimen- sion über ESG in der Finanzanlage spricht.“ Dieser Punkt wird von vielen Akteuren als wohl zentralste Auswirkung einer gesetzli- chen ESG-Vorgabe für Investoren gesehen: Selbst Gegner der Idee müssen sich mit ihr beschäftigen und werden unweigerlich für die Thematik sensibilisiert. Lenkungsmechanismus versagt Bewusstsein zu schaffen, ist ein ehren- wertes Ansinnen, das entscheidende Ziel muss aber darin bestehen, Geldströme in Bereiche umzuleiten, die für die Klima- schutzziele und ähnliche Anliegen vorteil- haft sind. Dass eine ESG-Regulierung das Ob die ESG-Regulierung für Investoren dazu führt, dass mehr Geld in „gute“ Projekte fließt und „schlechte“ Projekte nicht mehr finanziert werden, ist keineswegs sicher. Und ob dadurch die nachhaltige Entwicklung letztlich vorangetrieben wird, ebenso wenig. N o. 2/2019 | www.institutional-money.com 257 S T E U E R & R E C H T : E SG - R EGUL I E RUNG

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