Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

leisten, will die FCA noch bis Ende 2021 die tägliche Festlegung des Libor unterstüt- zen. Danach sollen die Libor-Zinssätze in den verschiedenen Währungen durch neue Referenzzinssätze ersetzt werden, wobei jeder Währungsraumhüter eine eigene Libor-Alternative definiert. So wurde in der Schweiz der „Saron“ (Swiss Average Rate Overnight) als Benchmark entwickelt, die bereits seit 2009 berechnet wird. „Er basiert nicht wie der Libor auf Einschätzungen von Banken, sondern allein auf Transaktionen und handelbaren Quotierungen im besicher- ten Geldmarkt“, schreibt die Züricher Kan- tonalbank auf ihrer Website. Andere Basis- referenzsätze sind die Overnight-Sätze Sofor (USD: Secured Overnight Financing Rate), Sonia (UK: Sterling Overnight Index Average) und €STR (Euro-Short-Term- Rate). Sowohl bei den Banken als auch bei Investoren sind die kurzfristigen Zinssätze wie Libor, Euribor und Eonia häufig ver- wendete Referenzzinssätze. „Der Ersatz die- ser Benchmarks durch neue sind große und teure Projekte bei den Banken. Zwar kommt die Benchmark-Verordnung nicht überraschend – sie ist ja bereits 2018 in Kraft getreten –, aber am Ende der Fristen kommt es dann doch oft zu Engpässen und mehr oder minder hektischen Projektfinali- sierungen“, beobachtet Bahr. Allerdings: „So ganz steht noch nicht fest, wann diese wichtigen Referenzsätze abgeschafft werden. Voraussichtlich wird der Übergangszeitraum für sogenannte kri- tische Referenzwerte noch bis Ende 2021 verlängert. Außerdem hat die EZB eine Ar- beitsgruppe eingerichtet, die an der Fortent- wicklung der Referenzzinssätze arbeitet“, so Wohlfarth. „Die EZB hat angekündigt, mit €STR ab Oktober 2019 einen eigenen Geld- marktzinssatz bereitzustellen.“ Falls Euri- bor, Libor und Eonia aber doch abgeschafft werden, muss die rechtliche Dokumentation für Produkte, die auf diese Sätze referenzie- ren, angepasst werden, meint Wohlfarth. „Die aktuelle Dokumentation zu variabel verzinslichen Produkten – also etwa Kredit- verträge oder Wertpapierprospekte – sollte für diesen Fall bereits entsprechende Rege- lungen vorsehen. Denn beaufsichtigte Unternehmen müssen nach der Benchmark- Verordnung Pläne für den Fall entwickeln, dass eine verwendete Benchmark sich we- sentlich ändert oder nicht mehr bereitgestellt wird.“ Bei der Aufsicht stellt der Regulator auf die Systemrelevanz ab. Daher werden Benchmarks in drei Kategorien eingeteilt, die unterschiedlichen Aufsichtsanforderun- gen unterliegen: Von „kritischen Bench- marks“ ist die Rede, wenn damit Finanzin- strumente und Verträge mit einem Gesamt- wert von mindestens 500 Milliarden Euro beeinflusst werden können, was dann auch Gefahren für die Stabilität der Finanzmärkte in ganz Europa birgt. „Signifikante Bench- marks“ werden als Bezugsgrundlage für Finanzinstrumente oder Finanzkontrakte im Gesamtwert von mindestens 50 Milliarden Euro genutzt, wohingegen „nichtsignifikan- te Benchmarks“ unterhalb dieser Schwel- lenwerte bleiben und geringeren Anforde- rungen unterliegen. Außerdem stellt sich die Frage des Out- sourcings. „Regulatorisch bleibt stets der Benchmark- oder Referenzwert-Administra- tor verantwortlich“, erklärt Wohlfarth. „Er wird gelegentlich auch als Index Owner bezeichnet.“ Der Administrator kann die Be- rechnung oder Teile davon an eine Berech- nungsstelle (Calculation Agent) auslagern, und die Daten können von einer dritten Stel- le, dem Datenanbieter, kommen. „Der Ad- ministrator ist verantwortlich für die Mecha- nismen des Index. Die Kernelemente der In- dexberechnung, das heißt die Mathematik, die hinterlegten Formeln und die Gewich- tung, werden hingegen nicht reguliert“, er- klärt Wohlfarth. „Reguliert werden künftig aber auch die sogenannten Kontributoren, also diejenigen, die für die Erstellung einer Benchmark etwa in einem Panel sitzen und Eingabedaten beitragen.“ ANKE DEMBOWSKI FOTO : © HENGE L E R MÜ L L E R » Regulatorisch verantwortlich bleibt stets der Benchmark- oder Referenzwert-Administrator. « Dr. Tobias Wohlfarth, Experte für bankenaufsichtsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Themen in der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller, Frankfurt Drei Kategorien von Benchmarks Der Regulator unterscheidet die Benchmarks nach ihrer Systemrelevanz. Kritischer Referenzwert Signifikanter Referenzwert Nichtsignifikanter Referenzwert Art. 20 BMR Art. 24 BMR Art. 26 BMR Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem Referenzwert, der nicht die Voraussetzungen Gesamtwert von >500 Mrd. Euro verwendet ODER Gesamtwert von >50 Mrd. Euro verwendet ODER der Art. 20 und Art. 24 BMR erfüllt Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem Referenzwert hat keinen oder wenigen Ersatz Gesamtwert von >400 Mrd. Euro verwendet und hat und der Ausfall würde erhebliche keinen oder wenigen Ersatz, und der Ausfall würde nachteilige Auswirkungen haben erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben ODER Referenzwert beruht auf Beiträgen aus mehrheitlich in einem Mitgliedsstaat angesiedelten Kontributoren und ist als kritisch eingestuft Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission, Aufsicht durch ein Kollegium nach Art. 46 Referenzwerte-VO Besondere Bestimmungen gelten für Rohstoffreferenzwerte, Referenzzinssätze und Referenzwerte aus regulierten Daten. Quelle: BaFin    250 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : I NDE XR EGUL I E RUNG

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