Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

wie die Berechnungsmethodik. Selbst Informationen, was passiert, wenn jemand eine falsche Dateneingabe macht, müssen darin enthalten sein. Gemäß der Benchmark-Verordnung (BMR) müssen Unternehmen, die Re- ferenzwerte berechnen, auch „Chinese Walls“ einrichten, das heißt eine orga- nisatorische Trennung zwischen der Indexadministration und den anderen Bereichen, mit denen es zu Interessen- konflikten kommen könnte, herstellen. „Ein praktisches Beispiel wäre etwa ein von einer Bank berechneter Index, auf den die New-Issues-Abteilung eine eigene Anleihe referenziert hat. Oder die Abgabe von Quotes für das Libor-Panel, die organisatorisch ge- trennt sein muss von der Kreditabtei- lung, die Darlehen auf Libor-Basis vergeben hat“, erklärt Martina Bahl, Geschäftsführerin der BahlConsult GmbH, die Investoren, Banken und Unternehmen unter anderem bei Be- wertungsfragen zu Krediten berät, wo Indizes eine große Rolle spielen. Während Benchmark-Administra- toren mit Sitz in der EU direkt die neue Verordnung einhalten müssen, sind auch Administratoren aus Dritt- staaten betroffen. „Besonders spürbar sind die Auswirkungen der Bench- mark-Regulierung, wenn es um Nicht- EU-Benchmarks geht, worunter bei- spielsweise viele Rohstoffindizes fallen“, so Bahl. Solche Indizes müssen jetzt vor ihrer Verwendung in der EU in ein Register der Europäischen Wertpapier- und Marktauf- sichtsbehörde ESMA aufgenommen wer- den. „Weil hier viele Anbieter eine unge- heuer große Anzahl an Indizes registrieren lassen wollen, ist bei der ESMA ein gewis- ser Flaschenhals entstanden“, weiß Bahl aus ihrer Praxiserfahrung. „Für Asset Manager, die einen nicht europäischen Index verwen- den, der noch nicht zugelassen ist, bedeutet dies, dass sie entweder die Benchmark ihres Fonds ändern müssen, was dann Prospekt- änderungen nach sich zieht, oder sie dürfen den Fonds in der Form nicht mehr in der EU verkaufen.“ Aktuell sind im ESMA-Register 35 EU- Benchmark-Administratoren geführt, davon zwei aus Deutschland. „Viele der Adminis- tratoren sind in Großbritannien angesiedelt. Hier ist noch nicht abschließend geklärt, wie man nach einem möglichen Brexit ver- fahren will“, so Wohlfarth. Im Register der Drittstaaten-Benchmarks waren Mitte Mai 66.847 Benchmarks eingetragen, Die Frage „Was passiert eigentlich da- nach?“ stellt sich bei den Indizes, die bald abgeschafft werden. „Ab 2020 wird Eonia von Ester abgelöst, weil Eonia in einigen Punkten der EU-Benchmarkverordnung widerspricht“, erklärt Bahl. Über viele Jahre hatte sich Eonia als wichtige Benchmark im Euroraum etabliert und dient unter anderem als Basis für Kredite, Swaps und das Besi- cherungsmanagement (Collaterals). „Viele Übergangsfragen sind noch nicht geklärt, vor allem was Geschäfte betrifft, die 2020 Bestandsgeschäfte sind“, so Bahl. Alternativen für Eonia und Co. Auch der Euribor wird vermutlich bald abgeschafft, denn er wird von freiwillig teil- nehmenden Panel-Teilnehmern quotiert. „Aber im Fall des Euribor ist die Sache noch kritischer, da viele Quotes nicht auf tatsächlichen Geschäften basieren. Zudem ist die Bereitschaft von Banken, an den Libor- und Euribor-Panels teilzunehmen, seit der Finanzmarktkrise stark gesunken“, erklärt Bahl. Die Abschaffung des Euribor betrifft eine Großzahl von Finanzprodukten. Immerhin dient dieser Wert laut einer Schät- zung der EU-Kommission als Referenz für Finanzgeschäfte im Wert von rund 180 Bil- lionen Euro. Bahl verdeutlicht: „Vom varia- blen Kredit über Anleihen, Verbriefungen, ETFs, Fonds, Versicherungen, Renten bis hin zum gigantischen Markt für Derivate beziehen sich heute beinahe alle Geschäfte im Euroraum entweder direkt oder indirekt auf einen Euribor-basierten Zins.“ Dem Libor ist ebenfalls ein baldiges Ende beschieden. Bereits Ende Juli 2017 sprach sich die britische Finanzmarktauf- sicht Financial Conduct Authority (FCA) dafür aus, diesen Referenzzins auslaufen zu lassen. Um eine Übergangsfrist zu gewähr- Benchmarks spielen nicht nur bei der Beurteilung der Asset-Management-Leistung und der Auflage von ETPs eine Rolle, sondern auch bei performanceabhängigen Gebühren. Die EU-Benchmark-Verordnung soll hier Wildwuchs und Interessenkonflikten begegnen. N o. 2/2019 | www.institutional-money.com 249 S T E U E R & R E C H T : I NDE XR EGUL I E RUNG

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