Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

noch nicht passiert ist – sowohl im Gu- ten wie im Schlechten.“ Also kann man sich nicht nur dem Algorithmus anver- trauen. Das gilt umso mehr, „als alle Welt über dieselben Daten verfügt“, sagt Faber und bezeichnet sich deshalb im selben Atemzug als „Quant Light“. Das bedeutet also, dass der Mensch die Strategie vorgeben muss – nur nach welchen Vorgaben? An dieser Stelle outet sich der Kalifornier als Fan des in letzter Zeit immer wieder in die Kritik geratenen Shiller-KGV. Dass das Image „dieser großartigen Arbeit“ ein wenig angekratzt ist, sieht Faber einem Miss- verständnis geschuldet. „Mir kommt vor, dass die Kennzahl als eine Art magische For- mel verkauft wurde, dabei handelt es sich vielmehr um eine Art Kompass zur eigenen Orientierung.“ Man nehme nur das zu Redaktionsschluss gültige Shiller-KGV von etwa 30. Das ist laut Faber „zwar hoch, aber nicht furchteinflößend“, wenn man es mit den 100 vergleicht, die von Japan in den 80er-Jahren erzielt wurden. Das Shiller-KGV steht für Faber auch sinnbildlich für einiges, was im Value-Segment schiefgelaufen ist: „Da verfolgen viele Manager eine billige Buy-and-Hold-Strategie und haben dafür viel zu hohe Gebühren eingestreift.“ Womit wir bei der unvermeidlichen Frage angelangt wären: Aktiv oder pas- siv? Und wieder überrascht Faber – nämlich damit, dass er sich der Frage verweigert. „Das ist ein veralteter Scheinkonflikt.“ In Wirklichkeit zer- fließen da die Grenzen. „Und da meine ich nicht nur uns bei Cambria. Nehmen Sie Vanguard. Die sind auch fast mehr aktiv als passiv.“ Es geht demnach viel mehr darum, Strategien so effizient wie möglich umzusetzen und die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. „Die wichtigste Zahl ist Performance nach Gebühren.“ Dorthin richte sich der Fokus der Investoren immer stärker. „Diese Entwicklung ist noch lange nicht ab- geschlossen. Ganz im Gegenteil. Sie wird die Industrie noch völlig auf den Kopf stellen. Und zwar auf eine Weise, die wir jetzt viel- leicht noch gar nicht sehen können.“ HANS WEITMAYR FOTO : © DAWN BOWE RY P HOTOGR A P HY » Das Shiller-KGV für die USA ist mit 30 zwar hoch, aber definitiv nicht furchteinflößend. « Das Blockbuster-Paper „A Quantitative Approach to Tactical Asset Management“ Z u Redaktionsschluss wurde Mebane Fabers „A Quantitative Approach to Tactical Asset Management“ auf der SSRN-Site bereits 221.641-mal herunter- geladen und ist damit das populärste Paper der Wissenschaftsdatenbank. Die Arbeit ist 2006 entstanden, in den vergan- genen zwölf Monaten konnte sich Faber mit 16.350 Downloads immerhin noch auf Platz 5 halten. Das Paper vertrat da- mals Konzepte, die heute als selbstver- ständlich gelten, und mündete in „eine simple quantitative Methode, die die risiko- adjustierten Erträge über verschiedene As- setklassen hinweg verbessern soll.“ Der Aufbau erinnert an eine Ikea-Anlei- tung für Billy-Regale – mit der Ausnahme, dass Fabers Abhandlung verständlicher formuliert ist. Schritt für Schritt – und er nennt die einzelnen Kapitel auch so – erklärt er den Aufbau eines solchen Port- folios. Dieses resultiert in einem „Trend- folgemodell, das Daten zum US-Markt seit 1900 auswertet, Risiko reduziert und signalisiert, wann ein Investor aus einer Risikoklasse aussteigen und in ein risiko- freies Investment wechseln sollte. Drei-Säulen-Modell Seine Strategie stellt Faber auf drei Säu- len: einfache, pure mechanische Logik. Dieselben Parameter für jede Assetklasse. Rein preisbasierter Ansatz. In einem Beispiel misst er die monat- liche Performance des S&P 500 von 1901 bis 2005 und legt einen zehnmonatigen gleitenden Durchschnitt über den Chart. Wenn der S&P über dem Durchschnitt liegt, wird gekauft, wenn er darunter liegt, wird verkauft und in Cash gegangen – diese Strategie nennt er „Timing“. Ver- gleicht man nun den S&P mit Timing, so liegen die jährlichen Erträge der Timing- Strategie bei 10,7 Prozent und übertreffen den Index somit um knapp einen Prozent- punkt. Das ist durchaus schön, viel wichti- ger ist aber die Reduzierung des Leidens- drucks. Der höchste Rückschlag des S&P liegt nämlich bei rund 84 Prozent. Timing hat sich in seiner schlimmsten Marktphase nur halbiert. Die Sharpe Ratio von Timing liegt mit 0,43 exakt 14 Basispunkte über Markt. Timing klingt jetzt nicht unbedingt nach Raketenwissenschaft – den Eindruck will und muss Faber aber auch gar nicht erwecken. Will man den Wert der 2006 erschienenen Arbeit eruieren, reicht es, das Update des Papers aus dem Jahr 2013 zu lesen: Da hat Faber den vorgeschlagenen Ansatz noch einmal durchgerechnet, und siehe da – er hat in der Finanzkrise her- vorragend funktioniert. Denn während der S&P ein Jahresminus von 36,8 Prozent und somit das zweitschlechteste Ergebnis seit dem Jahr 1900 verbuchen musste, konnte sich Timing in ein knappes Plus von 1,3 Prozent retten. Das gelang, weil Timing im Krisenjahr vollkommen aus Aktien ausstieg. Der Wiedereinstieg erfolgte zwar erst 2010 – dadurch, dass das Gemetzel von 2008 ausgelassen wurde, lag Timing aber bis zum Ende des Beobachtungszeitraums deutlich vor dem Index. 192 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : POR T RÄ T MEBANE FABE R

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=