Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

sechs Prozent, abhängig von der Immobi- liennutzungsart. Bei privat genutzten Erb- baurechten wurde meist eine drei- bis fünf- prozentige Verzinsung vereinbart. Im Ver- gleich dazu boten gewerblich genutzte Erb- baurechte in der Regel rund ein Prozent zusätzlichen Baurechtszins (siehe Tabelle „Erbbauzinsen in Deutschland“) . Zinsen sinken Der Druck der tiefen Kapitalmarkt- zinsen sowie der zuletzt geäußerte poli- tische Wille, mehr Erbbaurechte zu ver- geben, bringen mittlerweile aber auch die Zinsen bei Erbbaurechten in Be- drängnis. Laut JLL hat Hamburg den Erbbau- zins für Gewerbeaufbauten auf 2,2 Pro- zent reduziert, und auch Berlin plant, diesen Satz von derzeit 6,5 auf 3,25 Prozent zu senken. Auch wenn neu ver- einbarte Erbbauzinsen nicht mehr so hoch sind wie in der Vergangenheit, nehmen sie sich, gemessen an den Renditen von Staats- anleihen, immer noch vergleichsweise attraktiv aus. Womit man in der Praxis rechnen darf, beziffert Stefan Krausch, Leiter Portfolio Management Immobilien bei der MEAG: „Für die von uns präferierten Anlagekon- stellationen sehen wir je nach Region und Lage in der Regel laufende Renditen zwi- schen 2,5 und vier Prozent des Bodenwer- tes.“ Der Vermögensverwalter der Mün- chener Rück und der Ergo-Versicherung ist einer der großen Erbbaurechtsinvestoren des Landes. Investiert wird über Direkt- investments in mittelfristige und langlaufen- de Erbbaurechte in qualitativ hochwertigen Wohnbau-, Büro- und Einzelhandelslagen vornehmlich in Deutschland, aber auch im westeuropäischen Ausland und in den USA. Laut Krausch ist es die Kombination aus Laufzeit, Sicher- heit und Rendite, die Erbbaurech- te für Großanleger interessant macht: „Als institutioneller Inves- tor investiert MEAG unter ande- rem in Grundstücke, auf denen ein Erbbaurecht bereits errichtet wurde beziehungsweise künftig errichtet werden soll. Von Interes- se ist dabei das sichere, langlau- fende Zahlungsprofil, das regel- mäßig an die Entwicklung der Inflationsrate gekoppelt ist.“ Inflationsschutz Es sind aber nicht nur die langen Lauf- zeiten von Erbbaurechtsverträgen, die sie für Pensionskassen und Versicherungen interessant machen, weil sie gut zum Asset Liability Management passen. Ähnlich wie bei vielen anderen Immobilieninvestments lässt sich damit auch das Inflationsrisiko entschärfen. Gerade wegen der extrem lan- gen Laufzeiten von Erbbaurechtsverträgen und der damit verbundenen Kaufkraftent- wertung erfolgt eine Indexierung des Erb- bauzinssatzes mit der Inflationsrate. Einzig die in § 9a ErbbauRG genannte Kappungs- grenze sollten Investoren im Hinterkopf behalten. Laut dieser Regelung darf eine Erhöhung des Erbbauzinses nicht über den Mittelwert aus der Entwicklung von Brutto- löhnen und Verbraucherpreisindex hinaus- gehen. Keine Gebäuderisiken Die über Erbbaurechte erhaltenen Cash- flows sind nicht nur gegen höhere Infla- tionsraten abgesichert. Da der Erbbaurechts- geber lediglich ein Investment in Grund und Boden, aber nicht in die darauf stehende Immobilie eingegangen ist, muss er keine Instandhaltungs-, Modernisierungs- und Vermietungsrisiken tragen. Falls der Erb- baunehmer zwei Jahresraten hintereinander nicht begleichen sollte, kann der Grund- stückseigentümer zur Sicherung seiner Ansprüche auf die Immobilie zurückgrei- fen. Das Objekt kann darüber hinaus auch nach Ablauf der jahrzehntelangen Vertrags- dauer an den Grundstückseigner fallen, falls sich beide Parteien auf keine Vertragsver- längerung einigen sollten. In diesem Fall muss der Grundstückseigentümer den Im- mobilienbesitzer abhängig vom Verkehrs- wert der Immobilie entschädigen. In der Praxis werden Erbbaurechtsverträge meis- tens zu etwas vorteilhafteren Konditionen für den Erbbaurechtsgeber verlängert. Enger Markt Investoren müssen bei Erbbaurechten aber auch einige Nachteile in Kauf nehmen. Das Segment ist im Vergleich zu Immobi- lien im Volleigentum wesentlich kleinteili- ger und vor allem auch intransparenter. Denn Zahlen über Transaktionen und Be- stände werden nicht bundesweit erhoben beziehungsweise nicht veröffentlicht. Dann und wann gibt es dazu aber Schätzungen oder Umfragen. Beispielsweise vom Deut- schen Erbbaurechtsverband: Dieser kam zum Ergebnis, dass bundesweit etwa fünf Prozent der Grundstücke nach Erbbaurecht vergeben sind. Auf die gleiche Zahl kam 2009 die Kölner Initiative Erbbaurecht. Die dadurch bedingte Markt- enge müssen Investoren berück- sichtigen: „Hieraus kann sich eine zusätzliche Illiquidität von Erb- baurechten und Erbbaurechts- grundstücken ergeben, woraus län- gere Transaktionszeiten resultieren können“, erklärt Sebastian. Illiqui- dität hat aber auch Vorteile: Denn in dieser ortet der Professor auch eine Quelle für die bei Erbbau- FOTO : © ME AG » Bislang investiert Meag in Erbbaurechte ausschließlich als Direktinvestments. « Dr. Stefan Krausch, Leiter Portfolio Management Immobilien, MEAG Erbbauzinsen in Deutschland Gewerbe bringt mehr als Wohnen. Umfrage/Bericht Wohnen Gewerbe Licher (2009) 3,6–4,0 % 5,1–5,4 % Deloitte (2016) 2,5–3,5 % 4,0 % Deutscher Erbbaurechtsverband (2018) Neuvergabe 3,1 % 4,3 % Verlängerung 4,0 % 6–7 % Grundstücksmarktbericht NRW (2017) 3,0 % k. A. Diverse Studien und Umfragen zur Höhe der Erbbauzinsen in Deutschland zu verschiedenen Zeiträumen geben einen guten Überblick über die Höhe der Zinsen, die Investoren bei Erbbaurechten erwarten können. Quelle: IREBS 172 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : E RBBAUR E CHT E

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