Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

I n der jüngsten Auflage ihrer seit 2005 alljährlich erstell- ten Studie „HSBC Reserve Management Trends 2019“ befragte das Autorenteam erneut 80 Investmentverantwortliche natio- naler Notenbanken bezüglich ihrer Einschätzung der Lage an den Fi- nanzmärkten und wie sich diese auf ihr Anlageverhalten auswirkt. 2018 bestanden die größten Be- denken der Zentralbankmitarbeiter noch in einem bevorstehenden Ende der Tiefzinsphase und dem Auslaufen der QE-Programme. Steigende Zinsen, so der Tenor der Meinungen, wären in der Folge auch für nicht festverzinsliche An- lageklassen wie Aktien und Immo- bilien eine ernsthafte Bedrohung, weil diese im Verlauf der letzten Jahre bedenkliche Bewertungs- niveaus erreicht hätten. Dass sich diese Befürchtungen bisher als falsch erwie- sen haben, ist zugleich erfreulich wie betrüb- lich, denn inzwischen gilt die Sorge einer globalen wirtschaftlichen Abkühlung, ver- stärkt durch eine wirtschaftspolitische Aus- einandersetzung, die internationale Handels- ströme bremst. Damit bleibt auch die Angst vor einer stärkeren Aktienmarktkorrektur auf der „Sorgenliste“, wobei sowohl bezüglich eines generellen Crashs Bedenken bestehen als auch hinsichtlich schärferer Korrekturen an den Schwellenländerbörsen und insbe- sondere in China. Verschickt wurden die umfangreichen Fra- gebögen in den Monaten Februar und März, die Auswertung erfolgte im April, publiziert wurden die Ergebnisse Anfang Mai. Das heißt, dass die jüngste Eskalation des Han- delsstreits zwischen den USA und China, die durch einen Tweet des US-Präsidenten Anfang Mai ausgelöst wurde, noch gar nicht bekannt war. Trotzdem wurden die Zölle schon in den ersten Monaten des Jahres als schwerwiegendster Konjunkturfaktor wahr- genommen. Mit diesem Ergebnis haben sich die Ängste der Währungsreservenmanager im Jahresvergleich doch deutlich verschoben. Weil die geopolitischen Risiken aktuell in der Wahrnehmung der Investmentverant- wortlichen stark in den Vordergrund gerückt sind, werden auch die Währungen anders beurteilt. In einem weniger stabilen interna- tionalen Umfeld ist der US-Dollar die mit Abstand am häufigsten bevorzugte Wäh- rung. Wenn es darum geht, die Währung zu benennen, die am ehes- ten „Safe Haven“-Cha- rakter hat, wird prak- tisch ausnahmslos die US-Währung favori- siert, wobei das an der Gewichtung der Wäh- rung in den Portfolios der Zentralbanken – bisher jedenfalls – noch nichts verändert hat. Die Notenbanker sehen sich auch nicht als Dollar-Fans, son- dern weisen darauf hin, dass die US-Wäh- rung in schwierigen Marktphasen nur relativ betrachtet die bessere Alternative sei. Ein Notenbanker kommentierte das so: „Das Problem besteht darin, dass der Beste zu sein nicht notwendigerweise bedeutet, dass man gut ist. Mit anderen Worten: Unter all den Optionen bevorzuge ich immer noch den US-Dollar als das vergleichsweise beste Zahlungsmittel der Welt.“ Die Wahrnehmung des Euro blieb im zurückliegenden Jahr praktisch unverändert, aus den Rückmeldungen der befragten Reserve Manager ist zu schlie- ßen, dass die Gemeinschaftswäh- T H E O R I E & P R A X I S : Z ENT RA L BANKPOL I T I K Die Anlageverantwortlichen der Zentralbanken sehen in einer Verschärfung der Auseinandersetzung zwischen China und den USA aktuell die größte Bedrohung für die Werthaltigkeit ihrer Investments. Hauptsorge Handelskrieg FOTO : © GMF, I RONTANGO | ADOB E . S TOCK . COM Seit 2005 werden jährlich die „HSBC Reserve Management Trends“ von Central Banking Publications herausgegeben. Bezug unter: www.riskbooks.com Publiziert im Mai 2019 ISBN Buch: 13-978-1-78272-982-2 Preis Paperback: 200 Pfund 132 N o. 2/2018 | www.institutional-money.com Galt die Hauptsorge der Investmentverantwortlichen der Zentralbanken im Vorjahr noch steigenden Zinsen, so befürchtet die Mehrheit in diesem Jahr eine Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China und daraus resultierende negative Folgen für die Weltwirtschaft.

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