Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

hand des Aktienmarktes in Hongkong ana- lysiert. Tatsächlich zeigt sich, dass die Ver- mutung von Palia und Sokolinski richtig ist: Aktien mit mehr passiven Aktionären profi- tieren von einer schnelleren Informations- verarbeitung bei der Kursbildung, und die Kreuzkorrelation zwischen Aktien- und ver- schobenen Marktrenditen – bei negativen Marktrenditen – geht zurück. Das zeigt die Grafik „Schnell reagiert“. Was das Verhältnis von höheren Anteilen passiver Fonds am Aktienkapital und der Schiefe der Aktienrenditen anbelangt, so zeigt sich in den Regressionsanalysen fol- gender Zusammenhang: Erhöht sich der Anteil passiver Fonds am Aktienkapital, reduziert sich die Schiefe der Renditen. Das Ergebnis steht im Einklang mit dem Ergebnis der Arbeit von Xu mit den Titel „Price Convexity and Skewness“. Ein hö- herer Anteil passiver Fonds bedeutet we- niger Schiefe in der Renditeverteilung, was in Übereinstimmung mit der Erleich- terung bei Leerverkaufsbeschränkungen steht. Genau das versinnbildlicht die Grafik „Verringerte Schiefe“. Einblick in die Details Palia und Sokolinski verwenden die Höhe der Leihegebühren als Indikator für das Ausmaß der Leerverkaufsbeschränkungen. Sie sprechen von „General Collateral (GC) Stocks“ – also leicht auszuleihenden Aktien, deren Leihekosten unter zwei Prozent jähr- lich liegen, und den schwer auszuleihenden („Special-Hard-to-Borrow Stocks) mit da- rüberliegenden Kosten. Die Vermutung der Autoren ging in die Richtung, dass der Effekt eines höheren Leiheangebots auf den Wertpapierkurs bei schwer ausleihbaren Aktien höher sein müsste. Die empirischen Ergebnisse bestätigten diese These, denn schwer ausleihbare Aktien mit einem höhe- ren Anteil an passiven Investoren weisen eine signifikant geringere Downside-Kreuz- korrelation und signifikant weniger Schiefe bei ihren Tagesrenditen auf. Für die leicht zu verleihenden Aktien hingegen ist die Auswirkung eines hohen Anteils passiver Aktionäre auf den Kurs nicht signifikant. Dieser Befund stützt die Annahme, dass die Markteffizienz durch passive Aktionäre und den damit verbundenen steigenden Anteil an Wertpapierleihegeschäften zugunsten der Leerverkäufer gestärkt wird. Resümee Die Arbeit zeigt, dass ein höherer Anteil an passiven Anlagen in einer Aktie – wie intuitiv zu erwarten ist – zu mehr Leihege- schäften, geringeren Leihegebühren, einer längeren Leihedauer und schlussendlich zu einer schnelleren Preisbildung durch die effizientere Verarbeitung negativer Informa- tion führt. Damit findet sich also ein Beleg dafür, dass das boomende ETF-Geschäft in- direkt über die Erleichterung des Leerver- kaufens eine positive Auswirkung auf die Kursbildung hat. Dies kommt gerade recht in einer Zeit, in der ETFs zusehends nicht nur von den Regulatoren, sondern auch von der Wissenschaft kritisch betrachtet werden. So haben 2017 Doron Israeli, Charles M. C. Lee und Suhas A. Sridharan sowie im Jahr darauf auch Itzhak Ben-David, Francesco Franzoni und Rabih Moussawi festgestellt, dass die Kursbildung mit steigendem Anteil an passiven Investoren weniger effizient er- folgt, weil diese Investoren keine Auswahl treffen und keine wertpapierspezifischen Informationen bei ihren Kauf- und Ver- kaufsentscheidungen nutzen. Palia und Sokolinski kommen aber zum Schluss, dass passive Investoren die Anstrengungen der aktiven, die Leerverkaufsstrategien imple- mentieren, bei der Preisfindung und Infor- mationsverarbeitung ergänzen. Damit ist der Streit über die Rollen von passiven Invest- ments keineswegs gelöst, aber es kommen doch zumindest Zweifel darüber auf, ob sie den Informationsgehalt der Wertpapierkurse verringern und Preisineffizienzen schaffen. DR. KURT BECKER Schnell reagiert Passive Fonds bedingen schnellere Verarbeitung negativer Information bei der Preisbildung. Mit steigendem Anteil passiver Aktionäre verringert sich die Downside-Kreuzkorrela- tion zwischen der Aktienrendite und der verschobenen Marktrendite im Gefolge von negativer Information. Quelle: Studie Downside-Kreuzkorrelation Anteil passiver Aktionäre A 0,02 –0,08 –0,07 –0,06 –0,05 0,04 0,06 0,08 0,1 S Verringerte Schiefe Je höher der Anteil passiver Fonds, desto weniger schief ist die Renditeverteilung. Die Schiefe der Renditeverteilung einer Aktie nimmt deutlich ab, wenn der Anteil passiver Investoren – die gerne ihre Aktien an Leerverkäufer verleihen und damit für ei- ne schnelle Verarbeitung negativer Information sorgen – steigt. Quelle: Studie Anteil passiver Aktionäre 0 Schiefe 0,02 0,1 0,2 0,3 0,4 0,04 0,06 0,08 0,1 A » Je mehr passive Investoren, desto geringer ist die Kreuzkorrelation der Aktien mit negativen Marktrenditen. « Stanislav Sokolinksi, Assistant Professor of Finance and Economics an der Rutgers Business School, Piscataway, New Jersey FOTO : © RU TGE R S BU S I NE S S SCHOOL 116 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : WE R T PAP I E R L E I HE

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=