Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

D er Leerverkauf von Wertpa- pieren und Währungen ge- nießt in der breiten Öffent- lichkeit keinen guten Ruf. „Preise zu drücken“ gilt als Frevel, während hingegen etwa die Stützung der Kurse von bonitätsschwachen Staatsanleihen durch die EZB mehrheitlich begrüßt wird. Das ist zwar nicht logisch, aber Fakt. Und das be- lastet auch das Image der Wertpapierleihe. Dem wichtigsten Werkzeug von Leerver- käufern wird unterstellt, dass sein Einfluss auf die Kapitalmarktentwicklung tenden- ziell negativ ist. Verstärkt wird dieser Ein- druck auch dadurch, dass es immer wieder zu Leerverkaufsverboten durch Aufsichts- behörden kommt. Erst Mitte Februar un- tersagte die BaFin Short-Positionen bei der in den Dax Index aufgestiegenen Wirecard-Aktie nach – zugegebener- maßen – hochvolatilem Handelsverlauf. Begründet wurde dies mit dem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten in der Verbuchung einiger asiatischer Geschäfte. Rechtlich ba- sierte die Verfügung auf Artikel 20 der EU- Leerverkaufs-Verordnung, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hatte der BaFin im Vorfeld ihren Sanktus erteilt. Die Diskussion darüber, ob derlei Markteingriffe empfehlenswert sind oder nicht, ist uralt. Liberale Beobachter lehnen sie naturgemäß ab, weil damit die Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt und Verzer- rungen bei der Preisbildung begünstigt wer- den. Auch die Wissenschaft ist übrigens skeptisch, wenn es um derlei administrative Eingriffe geht – zu einem effizienten Kapi- talmarkt gehört auch der Leerverkauf. ETFs stark im Kommen Während die Diskussion über Pro und Kontra von Leerverkaufsverboten anhält, übersehen die meisten Marktteilnehmer, dass eine der stärksten Entwicklungen, die derzeit die Märkte prägen, auch in diesem Bereich grundlegende Veränderungen be- wirken könnte. Die Rede ist von ETFs, de- ren Vormarsch weiterhin unaufhaltbar zu sein scheint. Verwalteten sie 2007 erst 15 Prozent aller Fonds-Assets, waren es Ende 2018 bereits 25 Prozent. Noch stärker ist dieser Trend in den USA, wo schon 40 Prozent des Aktienfondsvolumens auf ETF und Co. entfallen. Dass diese Verschiebung in Richtung pas- siver Vehikel den Gesamtmarkt verändern wird, steht fest, wie das aber im Detail aus- sehen wird, ist unklar. Ein Aspekt geht in der Diskussion darüber in der Regel unter: ETFs verleihen ihre Aktien meist, um Zu- satzeinkommen zu generieren und damit noch kostengünstiger zu werden. Leiheneh- mer sind dabei Arbitrageure wie beispiels- weise Hedgefonds, die Aktien shorten. Die Verlagerung der Assets zu passiven Invest- ments erhöht also das Angebot an zu ver- Beeinflusst der Vormarsch der passiven Fonds die Aktienkurse? Und was trägt die Wertpapierleihe dazu bei? Diesen interessanten Fragen geht eine neue Studie auf den Grund. Was ETFs und Co. im Hintergrund auslösen Je mehr passive Aktionäre, desto mehr Shorts und billigere sowie längere Leihe Steigt der Anteil passiver Investoren, dann nimmt das Leiheangbot linear zu (links oben). Genauso steigt aber auch der Anteil der offenen Short-Positionen (Short Interest) linear, das zeigt die Grafik rechts oben. Die Wertpapierleihegebüh- ren wiederum nehmen mit steigendem Anteil an passiven Investoren ab (links unten). Während die Laufzeiten der Wert- papierleihedarlehen zunehmen (rechts unten). Leihedaten von Markit von 2007 bis 2017 zu US-Aktien. Quelle: Studie Anteil passiver Aktionäre Leihgebühr Leihangebot Leihedauer Short Interest 0,02 0,014 0,015 0,016 0,017 0,018 0,019 0,16 0,18 0,2 0,22 0,24 70 75 80 85 0,025 0,0,3 0,035 0,4 0,45 0,04 0,06 0,08 0,1 Anteil passiver Aktionäre 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 Anteil passiver Aktionäre 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 Anteil passiver Aktionäre 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 FOTO : © RU TGE R S BU S I NE S S SCHOOL , B E E L I X | S TOCK . ADOB E . COM » Der Effekt passiver Fonds auf die Wertpapierleihe ist signifikant größer als jener anderer Investorengruppen. « Darius Palia, Professor im Finance and Economics Department an der Rutgers Business School, Piscataway, New Jersey Gut geliehen 112 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : WE R T PAP I E R L E I HE

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