Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

Mängel bei der Erfassung des Faktors ins Feld. Marktdynamik am Werk Etwas wohlwollender sehen AQRs Kolle- gen von T. Rowe Price die schwächer wer- denden Renditen des Size-Faktors. Sie sehen davon ab, die Existenzberechtigung von Fak- toren per se in Zweifel zu ziehen, sondern führen viel mehr die Marktdynamik der ver- gangenen Jahre ins Treffen: „Wir sehen drei mögliche Gründe für den Einbruch der Small-Cap-Prämie: die starke Rallye bei Technologiewerten, das Niedrig- zinsumfeld und die allgemeine Dol- larschwäche“, sagt Yoram Lustig, Head of Multi-Asset Solutions EMEA bei T. Rowe Price. „So sind Large Caps deutlich technologielas- tiger als Small Caps. Die enorme Outperformance von Technologie- unternehmen im vergangenen Jahr- zehnt, insbesondere Facebook, App- le, Amazon, Netflix und Google, erklärt zum Teil die jüngste Stärke der Large Caps. Nied- rige Zinsen können ein weiterer Grund dafür sein, dass Small Caps gegenüber Large Caps in den vergangenen Jahren nicht besser per- formen konnten. In Phasen steigender Zin- sen, die mit einer wirtschaftlichen Erholung einhergehen, spielen Small Caps ihre Stärken aus. Die vergangenen Jahre waren jedoch durch das schwache Zinsniveau geprägt. Schwache Zinsen helfen Large Caps unter anderem dadurch, dass sie in der Regel mehr Dividenden ausschütten als kleinere Unter- nehmen. Große Unternehmen neigen zudem dazu, mehr zu exportieren als kleinere. Des- wegen konnte der insgesamt schwache Dol- lar die Large Caps stärken.“ Alice im Faktorland Doch was trifft jetzt wirklich zu? Ist es Marktmechanik oder doch mathematisch-sta- tistische Schwachbrüstigkeit, die zu Schwä- chen bei der Performance von einzelnen Fak- toren führt? Ein Autorenteam rund um Fak- tor-Guru Rob Arnott scheint sich in einer ebenfalls im Februar 2019 erschienenen Ar- beit eher ersterem Vorwurf anzuschließen. Im Paper „Alice’s Adventures in Factorland: Three Blunders That Plague Factor Inves- ting“ bezieht sich Arnott auf die Daten, die Harvey und Liu zusammengetragen haben, und kommt zu dem Schluss, wonach „die schiere Anzahl von 400 den Schluss nahe- legt, dass es sich bei vielen Faktoren wahr- scheinlich um keine echten Faktoren mit strukturellen Auslösern von erwarteten Ren- diten handelt, sondern um ein Ergebnis, das entsteht, wenn eine große Anzahl von For- schern eine große Dichte an historischen Daten durchkämmt und dann auf dubiose Prognosen kommt.“ Das Autorenteam der Alice-in-Factorland- Studie, zu dem abermals Campbell R. Har- vey gehört, komplettiert sich mit Vitali Ka- lesnik, ResearchAffiliates Global Advisors in London, und Juhani Linnainmaa von der University of Southern California in Los An- geles. Als einen Kern ihrer Arbeit etablieren sie nicht, ob Faktorprämien verschwinden, sondern warum sie das tun. Die Autoren führen in diesem Zusammen- hang nicht nur eine mögliche Überbevölke- rung des Faktoruniversums als potenzielle Ursache, sondern auch Markteffekte an. An- ders als die Analysten von T. Rowe Price glauben sie aber nicht an die Verdrängung einzelner Faktoren wie eben SMB durch po- pulärere Strategien, sondern vielmehr daran, dass die Faktorstrategie per se ein Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden sein könnte. „Die Renditen in der echten Welt können enttäu- schend ausfallen, wenn ein Faktor einmal zu stark nachgefragt – sprich: zu teuer – „ge- worden ist“, erklärt Kalesnik. Teure Faktoren Dass Faktoren kontinuierlich teurer wer- den dürften, belegen die Autoren, indem sie die Performance verschiedener Faktoren zu- nächst über den Zeitraum von 1963 bis 2018 und dann von 2003 bis 2018 verfolgen. Zum Zweck besserer Vergleichbarkeit teilen sie die Faktoren nach Popularität auf: Die Grup- pe der sechs beliebtesten umfasst Value, Size, Operating Profitability, Investment, Momen- tum und Low Beta. Die zweite Gruppe be- steht aus den acht Faktoren Idiosyncratic Volatility, Short-Term Reversals, Illiquidity, Accruals, Cash Flow/Price, Earnings/Price, FOTO : © R A F I » Das passiert, wenn eine große Zahl von Forschern eine große Dichte an historischen Daten durchkämmt. « Robert Arnott, Research Affiliates Schwache Statistik Ausgewählte populäre Faktoren und ihre statistische Signifikanz nach multiplen Testreihen Nur drei Faktoren, nämlich Value (HML), Momentum (MOM) und Durable Consumer Goods (DCG), überleben alle getesteten multiplen Signifikanzhürden. Size (SMB) versagt hingegen kläglich. * T-Statistik ab 4,9 gekappt | Quelle: Studie 1 0 2 3 4 5 400 500 100 200 300 700 800 900 600 0 T-Statistik Kumulierte Anzahl der Faktoren 1970 2000 1990 2010 2030 2020 1980 HML* MOM* DCG* LRV LIQ SRV CVOL IVOL DEF SMB EP MRT K nach Bonferrani nach BHY nach Holm T-Statistik = 1,96 (5%) T-Statistik = 4,9 (obere Begrenzung) Kumulierte Anzahl der Faktoren Prognose kumulierte Anzahl von Faktoren P Prognose 102 N o. 2/2019 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : SMAR T BE TA

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