Institutional Money, Ausgabe 2 | 2019

ein historisches Hoch geklettert. Die Studien- autoren rechnen jedoch mit einer Dunkelzif- fer, wie Harvey erklärt: „Die Redakteure der Fachzeitschriften fragen Faktoren mit hoher Wirkungskraft nach. Die Autoren erkennen das. Um die Chancen auf eine Publikation zu erhöhen, suchen die Autoren also nach posi- tiven Resultaten. An dieser Stelle beginnt das Data-Mining, und der Schubladeneffekt tritt ein.“ Unter diesem Phänomen verstehen die Autoren die Tatsache, dass Paper, die nur wenig oder gar nicht erfolgversprechend sind, in ebendieser Schublade landen. Diese Faktoren werden also gar nicht veröffentlicht, was wiederum zu statistischen Verzerrungen bei der Vermessung des Faktoruniversums und der korrekten Messung der Eintritts- wahrscheinlichkeiten von Faktoren führt. Schwache Statistik Vor diesem Hintergrund kritisieren die Au- toren die statistischen Schwellenwerte, die bei einfachen Testläufen verwendet werden. Diese liegen in der Regel bei zwei Sigma und somit auf einem Signifikanzniveau von 95 Prozent. Die Autoren haben jedoch mul- tiple Tests unter Anwendung dreier statisti- scher Korrekturansätze nach Bonferroni, Holm und Bonferroni-Holm durchgeführt (siehe Chart „Schwache Statistik“) durchge- führt. Unter Einberechnung der Korrekturen und der steigenden Zahl an Faktoren steigt auch die T-Schwelle, die ein Faktor über- schreiten muss, um relevant zu sein. Startet man nun in den 60er-Jahren mit einem Schwellenwert von zwei, so steigen die Schwellenwerte je nach angewandter Kor- rekturmethode auf knapp unter vier. Die Autoren haben nun ein paar populäre Fakto- ren an diesen härteren statistischen Vorgaben gemessen und mussten am Ende feststellen, dass es der Großteil der untersuchten Fakto- ren nicht schafft, den angepassten T-Quotien- ten zu überspringen. „Interessanterweise schafft es von den 1992 entdeckten drei Fa- ma-French-Faktoren nur ,Value‘ (HML), den Schwellenwert für jede multiple Testkorrek- tur zu überspringen. Der Faktor ,Size‘ erlei- det jedoch ein anderes Schicksal“, erklärt Liu: „Er schafft keine einzige Hürde. Das legt nahe, dass das Drei-Faktor-Modell in Wirklichkeit ein Zwei-Faktor-Modell gewe- sen wäre, hätte man multiple Testkorrekturen vorgenommen.“ Size-Effekt schrumpft Gerade der Size-Faktor ist in letzter Zeit immer wieder unter Beschuss geraten. So haben beispielsweise die Experten von AQR Capital Management im Vorjahr herausge- rechnet, dass der Size-Effekt über die Jahre immer geringer wurde, de facto also keine Überrendite durch eine SMB-Strategie erzielt werden konnte. Auch sie führen statistische Faktorinvestments werden im Markt als eine Art Königsdisziplin verstanden. Mittlerweile tauchen aber immer mehr Zweifel an der Durchschlagskraft der einzelnen Strategien oder gar der Existenz von Faktoren im Sinne der Portfoliotheorie auf. Zwei brandaktuelle Studien haben in diesem Zusammenhang ein besonders vernichtendes Urteil gefällt. N o. 2/2019 | www.institutional-money.com 101 T H E O R I E & P R A X I S : SMAR T BE TA

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