Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

das fernab von jeder Umsetzbarkeit. Wenn Sie sich die Innovationsstärke der Finanz- industrie vor Augen führen und sich dann überlegen, dass für jedes neue Produkt eine Gesetzesanpassung erfolgen müsste, er- kennt man schnell, dass dieses Anliegen in der Praxis schlicht und ergreifend nicht zu realisieren ist. Ein weiteres häufig zu hörendes Anliegen an den Gesetzgeber ist, Stiftungen die Option einzuräumen, sich von einer Ewig- keitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung um- zuwandeln. Seifart: Nach dem jetzigen Stand der Diskus- sion soll eine Abänderung des Kapitalerhal- tungskonzepts einer Stiftung auch weiterhin grundsätzlich nicht zulässig sein. In den Protokollen der Arbeitsgruppe heißt es dazu ausdrücklich, dass es einem Stiftungsgrün- der zuzumuten sei, sich zum Zeitpunkt der Gründung zum Kapitalerhaltungskonzept ausreichend Gedanken zu machen und sich daran auch zu binden. Ob dies bei Grün- dungen in der Praxis wirklich ausreichend thematisiert wird, sei dahingestellt. Gerade in der Gründungsphase wird häufig genug die Chance auf eine sinnvolle Regelung vergeben. So kann man einer Stiftung bei- spielsweise einen drei Jahre langen Zeit- raum vorgeben, innerhalb dessen der Kapi- talerhalt angestrebt werden soll. Damit kön- nen Sie als Stiftungsverantwortlicher eine schwierige Marktphase „aussitzen“, ohne sich den Vorwurf eines Verstoßes gegen das Erhaltungsprinzip gefallen lassen zu müs- sen. Die aus meiner Sicht ohnehin relevan- teste Änderung für Stiftungen zum Kapital- erhalt ist bis jetzt weitestgehend unbeachtet schon in der Welt. Was genau meinen Sie? Seifart: Stiftungen werden von der Stiftungs- aufsicht daraufhin überprüft, inwieweit ihnen der Kapitalerhalt gelungen ist. Das ist bei schwankenden oder gar fallenden Märk- ten schon nicht einfach, aber erst die halbe Miete. Dieser Nachweis muss mit der Bilanz oder einer Vermögensübersicht er- bracht werden. Nun gilt seit Kurzem, dass eine Stiftung in der Handelsbilanz nicht mehr über die Anschaffungskosten hinaus zuschreiben darf. Das ist für eine Stiftung natürlich verheerend, weil sie die Wertzu- wächse so gegenüber der Behörde gar nicht abbilden darf. Der Depotauszug per Jah- resende als naheliegende Option enthält die- se Information aber nicht, weil das zu erhal- tende Vermögen fast nie auf den Cent genau allokiert ist. Fast jede Stiftung hat entweder einen kleinen Teil ihres Stiftungsvermögens als Cashreserve oder einen Teil der zeitnah zu verwendenden Mittel mit angelegt, was auch sinnvoll sein kann. Aus unserer eige- nen Beratungspraxis wissen wir zudem, dass es gegebenenfalls vorteilhaft ist, über Umschichtungen, die als in den Büchern abzubildende buchhalterische Gewinnmit- nahme für eine Stiftung ohnehin immer eine Option sind, nachzudenken oder ein für die Stiftung als Nachweis geeignetes Reporting für die Behörden zu entwickeln. Das Anlegen der Stiftungsgelder haben Sie gerade angesprochen. Was sind aus Ihrer Sicht Themen, vor denen man heute als Stiftungsverantwortlicher steht? Seifart: Das augenscheinlichste Problem, von dem man in vielen Gesprächen hört, sind die vor dem Hintergrund der extrem niedri- gen Zinsen drohenden Guthabengebühren. Als Stiftungsmanager muss man heute wirklich aktiv daran arbeiten, eventuell an- fallende Negativzinsen, so gut es geht, zu vermeiden, sofern es für die betreffenden Cash-Bestände nicht gute Gründe gibt. In jedem Fall sollte spätestens jetzt jede be- » Stiftungen werden von der Stiftungsaufsicht daraufhin überprüft, inwieweit ihnen der Kapi- talerhalt gelungen ist. « Jörg Seifart, GfdS Gesellschaft für das Stiftungswesen 72 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : JÖRG SE I FART | GESE L L SCHAFT FÜR DAS ST I FTUNGSWESEN A L L E F OTO S : © WO L F H E I D E R - S AWA L L

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