Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

nächst zu einem eigenen Profitcenter von J.P. Morgan Asset Management? Willcox: Zunächst einmal sind die Ergebnisse unseres eigenen Research nicht nur unser Eigentum, sondern wie gesagt ein wichtiges Asset, weil es mit dazu beitragen wird, dass uns noch mehr Anleger ihr Geld anver- trauen. Deshalb werden wir unser Research auch nicht verkaufen. Daher ist dieser Geschäftsbereich dennoch ein Profitcenter, der mehr und mehr zu einem differenzie- renden Element wird. Und deshalb werden wir sicher mehr und weiter in dieses Profit- center investieren. Was den Blick auf die weitere Entwicklung an den Kapitalmärkten angeht, scheint Ihre Gesellschaft seit einiger Zeit doch wieder von einer noch länger anhaltenden Phase extrem niedriger Zinsen auszugehen, nach- dem Sie Anfang des Jahres von Ihrer Hal- tung eines „Lower for longer“ bei den Zin- sen abgerückt waren. Was gilt? Willcox: Es kann durchaus sein, dass wir Anfang dieses Jahres etwas früh auf einen Kurs eingeschwenkt sind, mit dem wir auf ein schnelleres Verlassen der akkommodie- renden Geldpolitik insbesondere der Fed gesetzt haben. Allerdings befinden wir uns nach wie vor auf diesem Pfad, auch wenn sich abzeichnet, dass es mit dem Verlassen dieses Pfades dann eben doch wieder etwas länger dauern wird, als zu Jahresbeginn angenommen. Aber auch wenn es vielleicht länger dauert, bis es zu einer weiteren An- hebung der Zinsen durch die Fed kommt, was im Übrigen durchaus einer Entwick- lung entsprechen würde, wie sie auch schon in früheren Jahren einer Straffungsphase in der Geldpolitik zu beobachten war: Zumin- dest auf Seiten der US-Notenbank ist der klare Wille erkennbar, ihren lockeren geld- politischen Kurs zu verlassen. Auch wenn die Inflation hier in den USA bisher kei- nerlei Anzeichen eines Anstiegs zeigt, wer- den die Verantwortlichen bei der Fed schon deshalb eine Normalisierung der Geld- politik anstreben, um nicht irgendwann in eine Situation zu geraten, in der man kein trockenes Pulver mehr hat, um auf Phasen in der Zukunft reagieren zu können, in de- nen es mit der Wirtschaft einmal nicht mehr so gut läuft wie derzeit. Man wird nicht am Ende eines Zyklus mit leeren Händen da- stehen wollen, was die geldpolitischen Möglichkeiten angeht. Und in Europa? Willcox: Dass die EZB bisher noch nicht wirklich etwas über ihren künftigen Kurs preisgegeben hat, dürfte den noch ausste- henden Wahlen in Europa geschuldet sein. Aber Mario Draghi wird sicher für sich in Anspruch nehmen, dass er der Politik mit der Haltung der EZB jene Zeit verschafft hat, die notwendig ist, um eine Reihe struktureller Veränderungen und Reformen durchzuführen, vor allem in größeren Län- dern wie Italien und Frankreich. Wenn dann Angela Merkel und Emmanuel Macron als Polit-Tandem in Europa installiert sind, was ja weithin erwartet wird, besteht auf Seiten der EZB nach unserer Auffassung schon die Erwartung, dass dann auch diese notwen- digen Strukturreformen endlich in Angriff genommen werden. Man spürt aber auch manchmal eine Art Frustration unter euro- päischen Notenbankern darüber, dass es nicht schon zu mehr strukturellen Verände- rungen gekommen ist. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER » Das eigene professionelle Research wird mehr und mehr zu einem differen- zierenden Element. « Chris Willcox, J.P. Morgan Asset Management 68 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : CHR I S WI L LCOX | J. P. MORGAN AS SET MANAGEMENT A L L E F OTO S : © GA R Y S P E C TOR

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