Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

T H E O R I E & P R A X I S : SOLVENC Y I I N o. 3/2017 | www.institutional-money.com 33 der Versicherungs- und Pensionskassenauf- sicht bei der FMA. Sie zog Bilanz über das abgelaufene Jahr und referierte zu ange- dachten Neuerungen und Reviews des Sol- vency-II-Regimes. Jedenfalls setzt sich die Marktkonsolidierung in Österreich fort, und die Zahl der Versicherungsunternehmen re- duzierte sich von 2011 bis Mitte 2017 um insgesamt 16 Prozent. Saria wies darauf hin, dass sich trotz volatiler Finanzmärkte und niedriger Zinsen die Solvabilitätsquoten der österreichischen Versicherer auf einem rela- tiv hohen und stabilen Niveau bewegten, jedoch seien diese miteinander kaum ver- gleichbar und – isoliert betrachtet – nicht besonders aussagekräftig. Die individuelle Volatilität der Solvenzquoten bleibe systembedingt hoch. Noch immer dominiert die Rentenan- lage, Beteiligungen und Immo- bilien sind die zweitwichtigste Assetklasse. Die Jagd nach Ren- diten manifestiert sich in einer „Downward Drift“ bei den Ra- tings zulasten von AAA- und zugunsten von AA- und BBB- Qualitäten. Des Weiteren ging Saria auf die Rating- problematik ein. Hier erhebt sich die noch nicht entschiedene Frage nach Alternativen für die kostenintensiven externen Ratings. In Konsultationsprozessen befinden sich auch ein denkbares Upgrade von nicht ge- rateten Schuldtiteln und nicht gelisteten Ak- tien, die Behandlung von Garantien lokaler und regionaler Körperschaften (RGLA), die Ausdehnung von „Look-through“ auf soge- nannte Investmentvehikel und Änderungen bei der Kalibrierung von Infrastruktur. Weitere Vorhaben auf der EU-Kommis- sions-Agenda sind etwa die Umsetzung der Verbriefungsverordnung mit der Bevorzu- gung von STS-Verbriefungen, die Behand- lung von Private Equity und Private Debt, der SCR-Review, Änderungen der EIOPA- Zinskurve, PRIIP, ISS, IORP II, PEPP so- wie die Verbesserung der Aussagekraft und Vergleichbarkeit des SFCR. Themen für die FMA sind die Operationalisierung des Benchmarkings auf europäischer Ebene und die Publikation der Schwerpunkte der Auf- sicht für 2018 im nächsten Monat. Wo stehen wir im Kreditzyklus? Mit der Fixed-Income-Tangente setzten sich zwei Experten von J.P. Morgan Asset Management auseinander, nämlich Tobias Mansky, Product Specialist/Client Portfolio Manager der International-Fixed-Income- Gruppe, und Stefan Lummert, Executive Director und als Leiter EMEA verantwort- lich für das Geschäft der globalen Versiche- rungslösungen. Die beiden gaben zu beden- ken, dass das Weltwirtschaftswachstum der- zeit über dem Trend liege und der Auf- schwung schon außergewöhnlich lange – 98 Monate – andauere. Außerdem befänden sich die USA bereits in einer weit fortge- schrittenen Phase des Kreditzyklus. Es könnten daher beim Drehen des Zyklus Bonitätsherabstufungen drohen, die dieses Mal besonders drastisch ausfallen könnten, da sich gut 40 Prozent der Credits im BBB- Bereich bewegen. Diese verlören dann oft- mals ihr Investment-Grade-Rating, was die Kapitalunterlegungskosten unter Solvency II deutlich erhöhen würde. JPMAM setzt auf seine Credit-Expertise, die Ratingeinschätzungen auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten formuliert. Die hauseigenen Systeme ermöglichen unter Berücksichtigung von individuellen Kun- denrestriktionen die Bildung eines vorselek- tierten Anlageuniversums, das jene Emitten- ten und Emissionen unberücksichtigt lässt, die abstiegsgefährdet sein könnten. Aus die- sem Universum kann dann ein SCR-opti- miertes Portfolio entwickelt werden. Das hauseigene Portfoliomanagementsystem zeigt den JPM-AM-Experten das Spread- Risiko in SCR-Form auf Einzeltitelbasis so- wohl auf Pre-Trade- als auch auf Post-Tra- de-Ebene an. Ziel ist es, mithilfe des Credit Monitorings so lange wie möglich an ein- zelnen Papieren festzuhalten und nur dann zu handeln, wenn starke Bedenken der Kre- ditanalysten bestehen, ob ein Name seine Verbindlichkeiten bedienen kann. „Buy & Maintain“ heißt diese Strategie. Es schade aber nicht, sich geistig auf einen um 10 bis 15 Prozentpunkte höheren SCR bei Corpo- rates einzustellen, wenn sich eine Krise à la 2008 wiederholt, da man von einer niedri- geren Bonitätsbasis aus starte. Praxisbericht zur Säule 3 Den dritten Vormittagsvortrag hielt Sibyl- le Scaria, Head of Risk Management der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG (GRAWE), die einen Einblick in die Markt- risikoberichterstattung im Rahmen von Sol- vency II mit dem Fokus auf Herausforde- rungen für Versicherungsgruppen gab. Die Besonderheit der GRAWE liegt darin, dass im Gegensatz zu anderen Mitbewerbern das Beteiligungs-, sprich Konzentrationsrisiko, durch die vielen Tochterunternehmen – auch im Non-EU-Raum – sehr hoch aus- fällt, während umgekehrt das Spread-Risiko vergleichsweise gering ist. Wegen des rela- tiv großen Immobilienbesitzes ist auch das Immobilienrisiko größer als bei vielen ande- ren Adressen. Man hatte kurz überlegt, ein partielles internes Modell für Immobilien aufzusetzen, da man seit der Gründung 1825 Immobilien in Österreich besitzt, ist aber dann infolge des hohen Aufwands wie- der davon abgerückt. Solvency-II-Berichtswelt Diese sieht mehrere Berichte mit sich teilweise überschneidenden Inhalten vor, je- doch auch deutlich unterschiedliche Detail- grade respektive Inhalte. Beim Bericht über die Solvabilität und Finanzlage (SFCR) und dem regelmäßigen aufsichtlichen Bericht (RSR) sind die Kriterien zwingend vorge- geben. Zu nennen ist natürlich auch ORSA mit der Darstellung der internen Risiko- berechnung. Beim Jahresabschluss gibt es einen abgespeckten Marktrisiko-Report, wobei die GRAWE danach trachtet, den Doppelaufwand möglichst gering zu halten. Der Konzern umfasst fünf Bank- und 16 Versicherungstöchter, davon einige außer- halb der EU, sowie fünf Immobiliengesell- FOTO : © L EONA RDO R AM I R E Z CA S T I L LO » Kommt es zu einer Krise, muss sich die Branche auf einen 10 bis 15 Prozentpunkte höheren SCR bei Corporates einstellen. « Tobias Mansky, Product Specialist/Portfolio Manager der International-Fixed-Income-Gruppe bei J.P. Morgan AM

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