Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

und Eigenkapitalkomponenten, welche eine Fair-Value-Bilanzierung erfordern, tendenziell weniger Absatz finden. Wei- ter bleibt es bei den Geschäftsmodellen spannend zu sehen, wie Banken auf der Kreditseite mit Syndizierungen umge- hen. Unter IFRS 9 führt die Absicht, ausgegebene Kredite gegebenenfalls weitersyndizieren zu wollen, zwangs- weise zur Fair-Value-Bilanzierung. In- sofern sollten idealerweise schon vor der Vergabe Quoten festgelegt werden, um nur Teile der Portfolios zu Markt- werten abbilden zu müssen. Gerd Straub: Zudem erwarten wir noch einen weiteren Effekt: Durch die Ver- pflichtung, bei nennenswerter Bonitäts- verschlechterung künftig den Expected Loss für die gesamte Restlaufzeit als Risikovorsorge erfassen zu müssen, könn- ten Banken in einzelnen Produktbereichen deutlich restriktiver werden, langfristige Kredite zu vergeben. Alternativ werden die IFRS-bilanzierenden Institute in ihrer Preis- gestaltung einen Risikozuschlag einkalku- lieren. Vielleicht bieten sich hier Chancen für HGB-Bilanzierer wie etwa Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Inwiefern sind speziell die Kapitalanlagen der Institute von IFRS 9 betroffen? Und welche Assetklassen besonders? Gerd Straub: Grundsätzlich sind fast alle Klassen von Finanzinstrumenten betroffen. Dabei ist nach IFRS 9 zu analysieren, ob es insbesondere bei Zinsprodukten Neben- abreden gibt, die eine verpflichtende Fair- Value-Bilanzierung erfordern. Hierbei han- delt es sich vor allem um Produkte, deren Cashflows nicht ausschließlich Zins- und Tilgungsleistungen verkörpern. Klaus-Ulrich Pfeiffer: Eine bisher noch nicht im Fokus stehende Assetklasse sind die Be- teiligungen. Künftig gibt es für die nicht zu konsolidierenden Beteiligungen nur noch zwei Bilanzierungsmöglichkeiten: Entweder müssen sie laufend erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden, oder Fair- Value-Änderungen werden überhaupt nicht mehr erfolgswirksam, sondern ausschließ- lich über die Neubewertungsrücklage be- rücksichtigt. Im zweiten Fall tangieren Wertänderungen selbst bei einem Verkauf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung über- haupt nicht mehr. Hier erwarten wir durch- aus mittelfristige Effekte, z.B. auch bei PE- Investments oder Ähnlichem. Welche Anpassungen sollten jetzt noch bei der Kapitalanlage vorgenommen werden, und welche Möglichkeiten gibt es dann, wenn IFRS 9 bereits gilt? Klaus-Ulrich Pfeiffer: Grundsätzlich sollten die Investoren bereits im Jahr 2017 die zukünf- tige Bilanzierung ihrer Assets überprüfen und den daraus entstehenden Effekt quanti- fizieren. Abhängig von der geschäftspoliti- schen Strategie kann auf Basis der Analyse- ergebnisse ein Umschichten von Invest- ments noch vor der Erstanwendung per 1.1.2018 sinnvoll sein. Wie tangiert IFRS 9 den EBA-Stresstest 2018? Gerd Straub: Grundsätzlich hat sich die EBA dafür entschieden, dass der neue Stresstest auf Basis der ab 2018 relevanten IFRS er- folgt. Fachlich ist dagegen nichts einzuwen- den. Das Problem entsteht bei vielen Insti- tuten durch den absehbaren zeitlichen Eng- pass. In den ersten Tagen und Wochen des Jahres 2018 sowohl die Schlussbilanz nach IAS 39 zu finalisieren als auch schon parallel die Buchhaltung nach IFRS 9 zu etablieren beziehungsweise zu stabi- lisieren, sehe ich schon heute als pro- blematisch. Parallel dazu ist auf Basis der IAS-39-Schlussbilanz auf die IFRS- 9-Eröffnungsbilanz überzuleiten. Die dort ermittelten Werte dienen gleichzei- tig auch als Basisdaten für den Stress- test. Die bestehende zeitliche Überlap- pung im ersten Quartal 2018 führt in vielen Häusern zu signifikanten Res- sourcenengpässen im Risk- und Finance-Bereich. Die EBA-Zieltermine für die Einreichung der Daten erschei- nen daher sehr ambitioniert. Klaus-Ulrich Pfeiffer: Es muss der EZB auch klar sein, dass der Stresstest dann auf IFRS-9-Zahlen basiert, die weder Gegenstand einer Prüfung noch einer prü- ferischen Durchsicht waren, was immer das für deren Aussagekraft bedeutet. Wie weit sind die Institute bereits mit der Umsetzung/Vorbereitung? Wo liegen die technischen Probleme bei der Umsetzung? Klaus-Ulrich Pfeiffer: Der Stand der IFRS-9- Umsetzung in den einzelnen Instituten hängt vor allem davon ab, auf welcher tech- nischen Basis mit der Umsetzung aufgesetzt werden konnte und wann mit den Vorberei- tungen begonnen wurde. Generell befinden sich die meisten Großbanken schon im Inte- grationstest oder in einem strukturellen Pa- rallelbetrieb, um die technischen Prozess- ketten integriert zu testen und die Gesamt- effekte analysieren zu können. Gerd Straub: Bei der Einführung gab es so- wohl bezüglich der IT-Anpassungen als auch der erforderlichen Daten signifikante Herausforderungen. Da sowohl in den be- standsführenden Systemen der Institute so- wie in Haupt- und Nebenbüchern als auch im Reporting neue Datenfelder erforderlich sind, musste de facto die gesamte Verarbei- tungskette systemseitig angepasst werden. Dies führte zu hohen personellen und zeitli- chen Aufwänden. Da für die IFRS-9-Bilan- zierung an mehreren Stellen historische Da- ten – wie Ratinginformationen zum Zeit- punkt der Kreditvergabe – und Daten in hö- herer Granularität erforderlich werden, muss- ten vielfach Informationen nacherhoben und in die IT-Systeme eingepflegt werden. Wir danken für das Gespräch. ANKE DEMBOWSKI 252 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com S T EUER & RE CHT: KLAUS -ULR I CH PFE I FFER UND GERD STRAUB | KPMG F OTO : © C L AU S UH L E NDOR F Prüfung und Beratung von Kreditinstituten Klaus-Ulrich Pfeiffer ist Partner Audit Financial Services bei KPMG. Er ist Diplomkaufmann, Steuer- berater und Wirtschaftsprüfer und hat über 20 Jahre Erfahrung in der Prüfung und Beratung deutscher und internationaler Großbanken und Finanzinstitute (HGB, IFRS). Zu seinem Tätigkeitsbereich gehört auch die Betreuung von Jahresabschlussprüfungen bei Finanzdienstleistungsgesellschaften sowie Depot- und WpHG-Prüfungen. Daneben befasst er sich auch mit Risikomanagement und Risikocontrolling vor dem Hintergrund von § 25a KWG. » Die Erkenntnisse aus den Einführungsprojekten lassen Effekte auf die Produktgestaltung und auf die Geschäftsmodelle von Banken erwarten. « Klaus-Ulrich Pfeiffer , Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG

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