Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

250 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com S T EUER & RE CHT: KLAUS -ULR I CH PFE I FFER UND GERD STRAUB | KPMG D er International Financial Reporting Standard 9 – Finanzinstrumente (IFRS 9) ist eine neue Rech- nungslegungsvorschrift, die das Interna- tional Accounting Standard Board (IASB) ausgearbeitet hat. Sie wurde am 24. Juli 2014 in der finalen Version ver- öffentlicht und löst den bisher geltenden IAS 39 ab. Die EU-Kommission hat IFRS 9 als verbindlichen Standard für Jahresabschlüsse ab 2018 festgesetzt. Die Auswirkungen auf die Rechnungs- legung für finanzielle Vermögenswerte werden als hoch eingestuft. Im Gespräch mit den KPMG-Experten Gerd Straub und Klaus-Ulrich Pfeiffer wollte Institutio- nal Money wissen, wie sich das neue Re- glement in der Praxis auswirkt. Wann tritt IFRS 9 in Kraft? Gerd Straub: Die Neuregelungen sind auf IFRS-Abschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen, anzuwenden, das heißt auf alle Abschlüsse ab dem ersten Quartal 2018. Ausnahme- regelungen gibt es für Versicherungen, um eine Synchronisation der Umstellung der Rechnungslegung mit IFRS 17 zu ermög- lichen. Klaus-Ulrich Pfeiffer: Aufgrund der Komple- xität, die die Umsetzung der Regeln in den regulären Buchungsvorgängen hervorruft, haben die meisten Anwender zu Recht ent- schieden, die Umstellung der Rechnungs- legung und der Buchungslogiken auf den 1. Januar 2018 vorzunehmen, da eine retro- spektive Korrektur vor allem Banken zu aufwendig erscheint. Worin bestehen die größten Änderungen verglichen mit IAS 39? Klaus-Ulrich Pfeiffer: Die Entwicklung des Standards hat ihre Ursache in der Finanz- krise. Spätestens damals wurde die Kritik an IAS 39 deutlich artikuliert. Sie lassen sich letztendlich unter drei Thesen zu- sammenfassen. Erstens: Wertberichtigungen werden tendenziell zu spät und in zu gerin- ger Höhe gebildet. Zweitens: Die Regelun- gen des IAS 39 sind zu komplex und für Bilanzleser schwer verständlich. Und drittens sind die Vorschriften zum Hedge-Accounting, also zur Abbildung von Sicherungsbeziehungen, gerade für Banken zu wenig praxisnah. Diese Kri- tik und die Erkenntnisse aus der Finanz- krise – Platzen der Immobilienblase un- ter anderem in den USA, Zusammen- bruch von Zweckgesellschaften und in der Folge erheblicher, existenzbedrohen- der Abschreibungsbedarf bei Banken – sind in die Neuentwicklung des Regel- werks eingeflossen. Gerd Straub: Gegenüber IAS 39 wurden vor allem die Themen Risikovorsorge und Klassifizierung der Finanzinstrumente neu konzipiert: Bei der Risikovorsorge er- folgte die Abkehr vom sogenannten Incur- red-Loss-Modell des IAS 39 – also dem Prinzip, dass Wertberichtigungen insbeson- dere auf Kredite erst dann zu erfassen sind, wenn der Kreditnehmer tatsächlich ausge- fallen ist. Der IFRS 9 setzt hier auf die Be- rücksichtigung des Expected Loss, das heißt, erwartete Verluste werden berücksich- tigt. Die zweite wesentliche Änderung ist die zukünftige Klassifizierung von Finanz- instrumenten. Hierbei spielt künftig das be- absichtigte Geschäftsmodell für die jewei- ligen Portfolios eine sehr viel größere Rolle. Auf Basis dieser Zuordnung und der Aus- gestaltung der Produkte gibt der Standard vor, inwieweit Finanzinstrumente zu fortge- führten Anschaffungskosten oder zum Fair Value bewertet werden dürfen. Ob sich mit IFRS 9 trotz dieser signifikanten Anpassun- gen eine erneute Fehlentwicklung in einer weiteren Finanzmarktkrise allerdings kom- plett vermeiden lassen würde, bleibt fraglich. Klaus-Ulrich Pfeiffer und Gerd Straub , beide Partner bei der Wirtschafts- prüfungsgesellschaft KPMG, erklären im Interview mit Institutional Money, wie die Auswirkungen der neuen Rechnungslegungsvorschrift IFRS 9 (International Financial Reporting Standard 9 – Finanzinstrumente) sind. » Gegenüber IAS 39 wurden vor allem die Themen Risikovorsorge und Klassifizierung der Finanzinstrumente neu konzipiert. « Gerd Straub , Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Beratung von Kreditinstituten Gerd Straub ist Partner Consulting Financial Servi- ces bei KPMG. Er ist Diplom-Betriebswirt und Bank- kaufmann und hat seit über 15 Jahren Erfahrung in der Beratung von Kreditinstituten. Beispielsweise leitete er ein KPMG-Team bei einem Projekt zum Redesign von Reportingprozessen und war beteiligt an einer IFRS-9-Vorstudie (Umsetzungsplanung, Budgetierung und Projektstrukturen). » BANKEN SIND AM DEU F OTO : © W I R T S CH A F T S P R Ü F UNG S G E S E L L S CH A F T K P MG

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