Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

dendenzahlungen lukriert, die bei ETFs be- kanntlich entfallen. Angesprochen auf die Komplexität seines Aufgabenbereichs ortet Müller eine generelle Professionalisierung im Stiftungswesen. „Die Neigung, ich gehe mal zur Bank und lasse die machen, nimmt definitiv ab.“ Das sei nicht zuletzt dem de facto bestehenden Nullzins geschuldet: Au- tomatische Erträge gehören seit diesem „New Normal“ der Vergangenheit an. Eigenverantwortung Entsprechend den neuen Herausforderun- gen müsse auch das Team ausgebildet sein. Wichtig ist für Müller bei der Wahl der Mitarbeiter auch, dass er einen „deutlich ausgeprägten Willen zur Selbstverantwor- tung und Selbstmotivation“ wahrnimmt. Denn im Gegensatz zu Finanzkonzernen wie etwa der Allianz müsse man „das Er- gebnis ohne Wettbewerbsdruck erzielen“. Für Stiftungen gibt es weder Konkurrenten noch Benchmarks – als Orientierung dient nur die eigene Leistung. Findet man Mit- arbeiter, die diese Selbstverantwortung tra- gen, dann lässt er sich auch erwirtschaften, der Ertrag, der nur als eines erwirtschaftet wird: als Mittel zum Zweck – dem Stif- tungszweck, wie Müller erklärt. HANS WEITMAYR 248 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : POR T RÄ T | UL R I CH MÜL L E R Die Stiftung: Ihr Vermögen, ihre Gründung, ihr Zweck Die Joachim Herz Stiftung ist aufgrund ihrer Beteiligung an Tchibo und Beiersdorf ein nicht zu unterschätzender sozialökonomischer Faktor. D ie Joachim Herz Stiftung wurde 2008 nach dem Tod des Hambur- ger Unternehmers Joachim Herz gegründet. Zusammen mit seiner Ehefrau Petra Herz legte er den finanziellen Grundstock des Stiftungsvermögens von rund 1,3 Milliarden Euro (Buch- wert). Dem Willen des Stifters und der Satzung folgend ist das Stif- tungskapital überwiegend unter- nehmerisch investiert und gebun- den. Der Großteil davon ist mittel- bar bei der Beiersdorf AG ange- legt. Dazu kommen ein Immobi- lienportfolio, das sich hauptsäch- lich in den USA befindet, sowie ein konservatives Wertpapierportfolio. 2015 wurden insgesamt 8,9 Mil- lionen Euro für gemeinnützige Zwecke verwendet, 2016 waren es 9,7 Millionen, für 2017 wird mit einem Volumen von 16,7 Millionen Euro gerechnet. Die Zusammen- setzung des Vermögens besteht zu 75 Prozent aus unternehmerischen Beteiligungen – also Beiersdorf –, zu 12 Prozent aus Finanzanlagen und zu 13 Prozent aus Immobilien. Die Joachim Herz Stiftung fördert Bil- dung, Wissenschaft und Forschung in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften so- wie die Persönlichkeitsbildung von Jugend- lichen und jungen Erwachsenen. Bereits Anfang der 80er-Jahre führten Joachim Herz und seine spätere Frau Petra erste Gespräche über die Gründung einer Stiftung und diskutierten mögliche Sat- zungszwecke und Aufgabenbereiche. 2003 schrieb Joachim Herz diese Überlegungen in detaillierten Vorgaben für den Fall seines Todes fest – Stiftungszweck, Satzung sowie Gründungsvorstand sind von ihm testamentarisch verfügt. Bereits zwei Monate nach seinem Tod wur- de die Joachim Herz Stiftung nach den Wünschen und aus dem Ver- mögen der Eheleute Herz errichtet. Am 24. Juli 2008 verkündet Petra Herz im Hamburger Rathaus ge- meinsam mit dem Ersten Bürger- meister Ole von Beust die Grün- dung der Joachim Herz Stiftung als 1.100. Stiftung der Freien und Hansestadt Hamburg. Petra Herz führte die Stiftung seitdem als Vor- standsvorsitzende. Seit dem 1. März 2016 ist Petra Herz Ehrenvorsitzen- de der Joachim Herz Stiftung. Stif- tungsvorstand ist seither der her- vorragend vernetzte Henneke Lüt- gerath, der außerdem als Partner bei M.M. Warburg fungiert. Verschränkung mit Maxingvest Aktionärsstruktur von Maxingvest Die Maxingvest AG (ehemals Tchibo Holding AG) mit Sitz in Hamburg ist die Dachgesellschaft der operativ tätigen Teilkonzerne Tchibo GmbH und Beiersdorf AG. Als Managementholding überwacht und lenkt die Maxing- vest ihre Tochterunternehmen. An der Tchibo GmbH hält die Maxingvest 100 Prozent des Kapitals, an der Beiersdorf AG kontrolliert sie mittel- und unmittelbar über 50 Prozent der Stimmrechte. Daneben hält Maxingvest überwiegend vermögensverwaltende Tochtergesellschaften. Quelle: Maxingvest Max und Ingeburg Herz Stiftung (Ingeburg Herz) 12,5 % 35 % Wolfgang Herz 17,5 % Joachim Herz Stiftung 35 % Michael Herz Die zehn größten Stiftungen Deutschlands* Vermögensunterschiede unter den Top 10 deutlich ausgeprägt – Respektabstand zwischen dem 5. und 6. Rang Position Name Sitz Buchwert (Euro) Ausgaben** 1 Robert Bosch Stiftung Stuttgart 5.170 Mio. 82 2 Klaus Tschira Stiftung Heidelberg 3.136 Mio. 70 3 VolkswagenStiftung Hannover 2.576 Mio. 221 4 Deutsche Bundesstiftung Umwelt Osnabrück 2.229 Mio. k. A. 5 Baden-Württemberg Stiftung Stuttgart 2.109 Mio. 42 6 Joachim Herz Stiftung Hamburg 1.376 Mio. 9 7 Bertelsmann Stiftung Gütersloh 1.148 Mio. k. A. 8 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung Essen 1.114 Mio. 13 9 Else Kröner-Fresenius-Stiftung Bad Homburg v. d. Höhe 822 Mio. 28 10 ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Hamburg 770 Mio. 16 Nach Buchwert ist die Joachim Herz Stiftung die sechstgrößte Institution des Landes. *nach Buchwert | **für Satzungszweck Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stand 2015, Vermögen und Ausgaben gerundet

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