Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

N o. 3/2017 | www.institutional-money.com 227 P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : FAK TOR I NVE S TMENT S denden, wird dieser Faktor zum wesent- lichsten Kurstreiber. Da die Dividenden- renditen mit steigendem Kurs abnehmen, stellen sie früher oder später keine Moti- vation für neue Käufer dar. Nun könnte eine Aktie trotz gestiegener Kurse noch immer eine vergleichsweise günstige Bewertung aufweisen, ihre Kursveränderungen werden nun aber eben nicht länger von der Aus- schüttungshöhe verursacht, sondern davon, dass sie – gemessen am Gesamtmarkt – bil- lig ist. Der Ansatz stellt somit eine Kom- bination aus Trendfolge und Faktorinvest- ment dar. So interessant die Methode klingt, wich- tiger ist die Antwort auf die Frage, ob sie funktioniert. Und da lassen die Kennzahlen aufhorchen. Tatsächlich sind die historisch real erzielten Ergebnisse so gut, dass sie fast schon ein Vertriebshindernis darstellen, Haas: „Mir wurde von interessierten In- vestoren auch schon vorgehalten, dass die Daten zu gut aussehen, um wahr sein zu sein können.“ Wahr sind sie trotzdem, und dabei betont Haas, dass es nie um die Maximierung von Erträgen ging, sondern um höchstmögliche Stabilität. Letzteres komme sogar in einem Hang zu einer leich- ten Überdiversifikation zum Ausdruck, um keine Überoptimierung in Richtung histori- scher Daten zuzulassen. Wie leistungsfähig die Methode, mit der inzwischen vier Milliarden Euro verwaltet werden, war, zeigt ein Wert: In 16 Jahren Einsatz wurde die Benchmark beim Europa-Portfolio 14 Mal geschlagen. Über rollierende Zweijahresperioden hinweg weist das Portfolio seit Start gar keine Un- derperformancephasen mehr auf. Die durch- schnittliche jährliche Outperformance liegt seit 2001 bei 130 Basispunkten, wobei der Tracking Error im Konkurrenzvergleich sehr tief liegt – je nach Betrachtungszeitraum zwischen 0,50 und 0,80. Die Information Ratio liegt für die letzten zehn Jahre bei 1,43. All das erhält man fast zum Preis eines passiven Anlagekonzepts. Zur Aus- wahl steht das System derzeit als Relative- Return-Ansatz für Euro, Europa, USA und Global, zusätzlich kommt es auch bei Low- Volatility- (Europe und Welt) und bei Short- Extension-EMU zum Einsatz. Seit fünf Jahren wird der Ansatz auch in einem Europa-Fonds für Privatanleger eingesetzt, seither lässt er 90 Prozent der aktiven Mit- bewerber hinter sich. GERHARD FÜHRING Schwächen der Faktorindizes Im Rückblick präsentieren sich die Renditen von Faktorindizes spektakulär – die Betonung liegt hier allerdings auf „Rückblick“. F ührende Indexprovider bemühen sich redlich, ihre Smart-Beta-Indizes so pra- xistauglich wie möglich zu gestalten. MSCI hat etwa den Beobachtungszeitraum schon 2014 von 25 auf 40 Jahre erweitert. In einer Untersuchung kam die Research- abteilung der Amerikaner vor drei Jahren zu dem Ergebnis, dass die Performance der Faktoren über die letzten 40 Jahren nach- haltig war und die Outperformance in den zehn Jahren bis 2014 sogar gestiegen ist. Das klingt aus der Sicht der Smart-Beta- Anhänger erfreulich, sollte aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es sich bei Faktorindizes im Grunde um Backtests handelt. Nun weiß jeder Entwickler von Handelssyste- men, wie heikel die Arbeit mit sol- chen Daten ist, vor allem dann, wenn sie nur in-sample, aber nicht out-of-sample getestet werden. Wer ein Muster entdeckt hat, mit dem sich Geld verdienen lässt, berechnet es auf Basis einer bestimmten Zeit- reihe – etwa dem S&P 500 Index von 1990 bis 2000. Die daraus abgeleiteten Handelsregeln werden dann auf die Daten von 2001 bis 2010 angewandt. Wenn sich rech- nerisch nun auch hier Erträge erzie- len lassen, darf man hoffen, dass der Ansatz robust ist. Wenn nicht, beginnt man von vorn. Ein weiteres Problem des Faktorinvest- ments besteht in der sauberen Definition der Kategorien „Value“, „Quality“ etc. Auch wenn im Marketing für Indizes und ETFs suggeriert wird, dass dies einfach sei, ist es doch in der Realität nicht ganz so simpel. Kein Unternehmen lässt sich „sortenrein“ bestimmten Faktoren zuordnen, tatsächlich zeigt die Analyse beträchtliche Überlappun- gen. Eine vom Quant-Team der Deutschen Asset Management erstellte Auswertung von Faktor-ETFs auf MSCI-Index-Basis ergab etwa 39 Prozent Überschneidung in der Kombination Minimum Volatility und Quali- ty, 28 Prozent bei Minimum Volatility und Momentum und immer noch 16 Prozent bei Value und Momentum. Die Gefahr, dass hier beim Zusammenspannen unterschied- licher Faktoren eine Pseudo-Diversifikation stattfindet, besteht. Eine in der Regel nicht gestellte, aber dennoch nicht zu unterschätzende Frage gilt dem zeitlichen Anlagehorizont. Der ETF- Anbieter FlexShares wies etwa in einem Gespräch mit „Barron’s“ darauf hin, dass man auch darauf achten müs- se, dass jeder Faktor seinen eigenen Zyklus hat, und dass sich nicht jeder „Faktor“ für jeden Anlagehorizont eigne. Für Anleger, die acht, zehn oder 15 Jahre investieren wollen, sei die Kombination Size und Value gut geeignet. Die Analyse der US-Aktien- märkte seit den 60er-Jahren zeige, dass etwa Value bei einjährigen Betrachtungszeiträumen in 62 Pro- zent der Fälle outperformt. Verlän- gert man die Periode auf fünf Jahre, erhöht sich dieser Wert auf 84 Pro- zent. Und ab zehn Jahren liegt die Outperformance-Rate von Value vs. Growth schon bei 97 Prozent. MSCI Faktorindizesv vs. MSCI World Faktorprämien über den Beobachtungszeitraum 1996–2016 Dass das Interesse an Faktorinvestments angesichts solcher Outperformance- zahlen groß ist, überrascht nicht; allerdings sind diese Daten nicht tatsächlich erwirtschaftet, sondern nur errechnet. Quelle: Deutsche Asset Management | Stand: 2016 -0,5 % 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % 2,0 % 2,5 % 3,0 % 3,5 % Growth MSCI Welt Value Min. Vol. High Dividend Quality Momen- tum 3,4 % 2,98 % 1,49 % 1,4 % 0,2 % 0 % –0,35 % Anuallisierte Faktorprämien

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