Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

222 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : E T F W enn eine Branche ihr Geschäft in einem Seg- ment innerhalb von sie- ben Jahren vervierfacht, dann wird das in der Regel als gute Nach- richt gewertet. Der Fall war dies zum Bei- spiel beim globalen ETF-Geschäft der gro- ßen Investmentbanken zwischen 2010 und heute. Aus ursprünglich zehn wurden mitt- lerweile 40 Milliarden US-Dollar. Schön. Allerdings wird diese Erfolgsgeschichte durch die Tatsache relativiert, dass Black- Rock und Vanguard monatlich etwa 30 Mil- liarden US-Dollar Neugeschäft an Land zie- hen. Insgesamt liegt der Anteil der Banken am 4.000 Milliarden US-Dollar großen ETF- Gesamtmarkt bei gerade einmal einem Pro- zent. Stellt man ETF-Profis wie Simon Klein, Leiter des Vertriebs passive Investments bei der Deutschen AWM, die Frage, warum die großen Wall-Street-Banken so ins Hintertref- fen geraten sind, erfährt man, „dass das ETF-Geschäft in den USA gar nicht so sehr ein institutionelles Geschäft, sondern doch recht retailgetrieben war“. Und dieser Markt war für Goldman und Co. die längste Zeit uninteressant. Die Banken haben den passi- ven ETF-Zug in der Folge schlichtweg un- terschätzt. Das lässt sich wahrscheinlich am besten daran erkennen, dass der ETF-Mega- Blockbuster iShares „ursprünglich Barclays gehörte und an BlackRock verkauft wurde“, wie Klein anmerkt. Verpasster Einstieg Damit hat man den Einstieg verpasst, und in einen bereits hoch entwickelten Markt einzutreten, gestaltet sich schwierig, kann man im Wettbewerb auf einem freien Markt doch nur billiger oder besser sein. Da beides in diesem Fall praktisch unmöglich ist, wenn wir über die Abbildung breiter Märkte spre- chen, bleibt den Bankern nur die Flucht in exotischere Konstruktionen. Und genau das versuchen sie auch. Am besten gelingt dies noch der Deut- schen Bank, die laut Bloomberg ein ETF- Volumen von mehr als 15 Milliarden US- Dollar verwaltet. In einer Bloomberg-Ana- lyse wird dieser Marktanteil als Resultat erfolgreicher und konsequenter Spezialisie- rung gewertet. „In den ETF-Markt einzu- dringen kann, egal wie groß man als Institut ist, schwierig sein“, schreibt der ETF-Spe- zialist Eric Balchunas. „Das macht es umso wichtiger, eine Nische zu finden. Die Deut- sche Bank fokussiert auf währungsgesi- cherte ETFs, Barclays spezialisiert sich wie- derum auf futuresbasierte Exchange Traded Notes.“ Dass diese Strategie Früchte tragen kann, merkt man daran, dass die beiden Häuser mehr als 60 Prozent des Banken- ETF-Marktes beherrschen. Obwohl also mithilfe einer solchen Spe- zialisierung Terraingewinne möglich sind, stößt man bei exotischeren ETF-Lösungen auf ein weiteres Problem: Institutionelle In- vestoren überantworten diese Form der Ver- anlagung traditionell lieber Hedgefonds, und nach zum Teil unerfreulichen Erfahrun- gen verzichten viele inzwischen ganz darauf. Die Anbieterseite geht scheinbar dennoch davon aus, dass sich das in Zukunft wieder ändern wird, denn die Banken bringen eine ganze Phalanx an passiven Instruments in Position, die Hedgefondsstrategien nach- bilden. Unterstützend sollte hier die Zinsland- schaft wirken, die doch wieder mehr Groß- anleger Alternativen zu den traditionellen Anlageinstrumenten suchen lässt. Dennoch, wie groß die Erfolgschancen von kom- plexen ETF-Lösungen sind, lässt sich nicht seriös vorhersagen, bisher blieben die Volu- mina in diesem Bereich jedenfalls über- schaubar. Laut Bloomberg-Datenbank weist IQ Hedge Multi-Strategy Tracker – aktuell die größte Plattform, die Hedgefonds repli- ziert – ein verwaltetes Vermögen von rund einer Milliarde US-Dollar aus. Um in diese Richtung wachsen zu kön- nen, müssen die Anbieter vor allem noch den Nachweis erbringen, dass ihre Konzep- te nachhaltig funktionieren. Bisher steht nicht fest, dass die Nischen-ETFs die Han- delsidee, die sie abbilden sollen, tatsächlich treffen. Todd Rosenbluth, Director of ETF and Mutual Fund Research bei der Rating- agentur CFRA, hat sich dieser Frage an- hand des aktuellen Boomthemas „Emerging Markets“ angenommen. Verglichen wurden Die Investmentbanken versuchen ihren Rückstand im ETF-Geschäft aufzuholen. Das geschieht mehrheitlich mithilfe vergleichsweise komplexer Produkte und verschiedenster aktiver wie passiver Strategien. Hier besteht die Gefahr, dass ihr Inhalt von dem abweicht, was das Label verspricht. Sieht nach mehr aus, als es ist Das Volumen der von Investmentbanken emittierten ETFs hat sich seit 2010 vervierfacht. Die großen Investmentbanken wie Goldman, Deutsche Bank und Co. konnten ihre Assets im ETF-Bereich seit 2010 auf mehr als 40 Milliarden US-Dollar vervierfachen. Gemessen am Gesamtmarkt, ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Spezialisierung soll nun zu mehr Marktanteil führen. Quelle: Bloomberg 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 5 AuM Mrd. USD FOTO : © DEU T SCHE B ANK , FOTOL I A | J E R EMY R I CHA RD S Aufholjagd via Nischenstrategie

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