Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

166 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : ME I NUNGS - RADAR | IMMOB I L I EN Thilo Wolf, Country Head Germany BNY Mellon Investment Management » Zu Infrastrukturinvestments zählen auch US Municipal Revenue Bonds (kommunale Infrastrukturanleihen). Die Kommunen sichern damit die tägliche Grundversorgung ihrer Bevölkerung (Energie, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen etc.). Die Einnahmen aus diesen Dienstleistungen sind nachhaltig und für die Rückzahlung der begebenen Anleihen reserviert. US Municipal Bonds sind eine etablierte Anlageklasse mit hoher Liquidität, die wenig mit anderen Assetklassen korre- liert. Außerdem haben kommunale Infrastrukturanleihen niedrigere Ausfallraten und durchschnittlich höhere Recovery Rates als etwa US-Unternehmensanleihen und verhalten sich defensiv in Zeiten von Niedrigzinsen. Positiv ist auch die niedrige Solvenzkapitalbelastung dieser Anlageklasse unter Solvency II. Für kleinere und mittelgroße institutionelle Inves- toren ist der Marktzugang zu Infrastructure Debt schwierig. Für sie haben wir den BNY Mellon U.S. Municipal Infra- structure Debt Fund aufgelegt, einen der ersten Publikums- fonds im OGAW-Format, der hierzulande den Zugang zum US-Municipal-Infrastructure-Debt-Markt ermöglicht. « Dr. Jens Kleine, Professor für Bank- management und Finanzwirtschaft an der Hochschule München » Anlagen mit dem Label Infrastruktur bieten nicht per se geringe Risiken und eine stabile Wertentwicklung, vielmehr hängen das Rendite-Risiko-Profil sowie die Liqui- dität vom gewählten Underlying ab. Daher müssen zunächst die investorenspezifischen Anforderungen definiert werden. Relevante Faktoren sind hier beispielsweise die Performance- charakteristik, das zur Verfügung stehende Investitionsvolu- men, das eigene Kompetenzprofil. Außerdem gilt es zu beachten, dass selbst als sicher geltende „reine“ Infrastruk- turprojekte sich im Zeitablauf als unsicher erweisen können (aktuelles Beispiel: Finanzierung der A1 „Hansalinie“) und die Rendite nicht dem tatsächlichen Risiko entspricht. Daher ist zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeitsrechnungen und Businesspläne von Seiten der Investoren ein tiefes Fach- wissen notwendig, auch bei sicher gemeinten ÖPPs bezie- hungsweise staatlichen Teilprojekten. « Jörg Ladwein, Chief Investment Officer Allianz Investment Management, zuständig für Deutschland, Schweiz, Österreich und Allianz Global Corporate & Specialty » Wir haben schon frühzeitig die Attraktivität alternativer Anlagen erkannt. Sie passen gut zu unseren langfristigen Verpflichtungen. Als Langfristinvestor können wir bei alternati- ven Anlagen verlässliche Überrenditen als Kompensation für Illiquidität und Komplexität erzielen. In traditionelle alternative Anlagen wie Immobilien und Hypothekenkredite investieren wir schon seit Jahrzehnten. 2005 hat Allianz Capital Partners für uns den ersten Windpark erworben, es folgte das erste In- frastrukturinvestment mit einer Parkuhrenlizenz in Chicago. Bei Immobilien, Infrastruktur und erneuerbaren Energien tätigen wir meist Direktinvestments über unsere gruppeneigenen Manager. Wir investieren aber auch über gepoolte Vehikel – insbesondere dort, wo wir noch nicht über eigene Anlageteams verfügen. Für alle Anlagesegmente haben wir weltweit agie- rende Expertennetzwerke. Ende 2016 hatte die Allianz-Gruppe insgesamt 100 Milliarden Euro in alternativen Anlagen inves- tiert. Die Allianz Lebensversicherung hat davon einen Anteil von rund 40 Prozent. Wir streben mittelfristig einen Ausbau des Exposures auf 140 Milliarden Euro an. « Michael Dittrich, Abteilungsleiter Finanzen und Verwaltung bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt » Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt investiert seit 2015 auch in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Neben der Erweiterung der Nachhaltigkeitsstrategie in der Kapitalanlage war das Zinsniveau ein wichtiger Grund für diese Entscheidung. Allerdings sehen wir solche sehr illiquiden Anlageformen mit teilweise mehr als 20 Jahren Laufzeit nur als Beimischung. Zwar haben wir als Stiftung aufgrund unseres sehr langen Anlagehorizonts grundsätzlich kein Problem mit illiquiden Anlagen, allerdings sollten im Bereich der Infrastruktur die Risiken auch nicht unterschätzt werden. Diese resultieren daraus, dass sich die Rahmen- bedingungen über lange Zeitachsen ändern können. Ver- gleichsweise kleine Änderungen, zum Beispiel im Nutzer- verhalten, können die Rendite des Anlegers auf null drücken, weil er nur die letzten Prozentpunkte der kalkulierten Erträge erhält. Auch das Zinsniveau kann auf dieser Zeitachse wieder deutlich steigen. « Holger Kerzel, Geschäftsführer der MEAG, dem Asset Manager der Munich Re » Zur Bedeckung der langfristigen Zahlungsverbindlich- keiten im Kerngeschäft der Versicherung von Munich Re investiert die MEAG seit 2010 auf Eigenkapitalseite in erneu- erbare Energien, seit 2012 direkt in Infrastruktur. In diesem Jahr haben wir bereits für Munich Re ein Geothermiekraft- werk in den USA refinanziert, einen Windpark in Schweden erworben und in Anteile an Interpark, einem der größten privaten Betreiber von Parkhäusern und -flächen in den USA, investiert. Im August erst wurde das Portfolio von Munich Re um Anteile an weiteren Windparks in den USA erweitert. 2014 hat die MEAG zudem ein eigenes Team Infrastruktur Fremdkapital aufgebaut und investiert seither auch für Kredit- finanzierungen von Infrastrukturprojekten. Diese Expertise bieten wir zukünftig auch Kunden außerhalb der Munich Re (Group) an, etwa Versicherungen oder Versorgungseinrichtun- gen. Infrastrukturanlagen bieten hierbei attraktiv verzinste, langfristig prognostizierbare und stabile Zahlungsströme, die eine passende Abdeckung für die Verbindlichkeiten institutio- neller Kunden darstellen. « Willi Dzielak, Geschäftsführer der Stif- tung Berufshilfe und der Stiftung Soziale Gesell- schaft – Nachhaltige Entwicklung Stiftungen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt » Als langjähriges Aufsichtsratsmitglied in einem interna- tional tätigen Infrastrukturkonzern habe ich erfahren, welche Expertise und welche Finanzmittel erforderlich sind, um große öffentliche Infrastrukturmaßnahmen als privates Unternehmen entwickeln, produzieren und betreiben zu können. Wenn schon die Entwicklung entsprechender Ange- bote Millionensummen verschlingt und nur etwa jedes zehnte Angebot zu einem Auftrag führt, sind die Risiken erkennbar, die nur wenige Unternehmen zu beherrschen scheinen. Dies zeigen auch die jüngsten Streitigkeiten um die Finanzierung der A1 zwischen Hamburg und Bremen. Vor diesem Hinter- grund beobachten wir die Diskussion um Infrastrukturinvest- ments sehr aufmerksam, werden aber bestenfalls in Aktien der langjährig erfolgreichsten Unternehmen investieren. Alles andere ist uns heute noch zu unsicher. « FOTO : © P H I L I P P HUE L SMANN, S T I F T UNG B E RU F S H I L F E UND DE R S T I F T UNG SOZ I A L E GE S. , A X E L GAUB E , ROL AND F I SCHE R , P E T E R SCH I NZ L E R , A L L I ANZ

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