Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

der reinen Abwertung einer lokalen Wäh- rung und einmal gemäß der EMP-Index- Methode. In beiden Ansätzen haben vier makroökonomische Faktoren statistisch sig- nifikanten Einfluss auf das Auftreten einer Währungskrise: erstens die Veränderung des BIP pro Kopf. Je höher dieser Wert ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer Krise. Zweitens das Verhältnis der Geldmenge M2 zu den internationalen Reserven. Drittens der effektive Wechselkurs. Und viertens die Infla- tion. Für beide Modelle gibt es dann noch jeweils eine fünfte Variable, die aber für die jeweils andere Me- thode keine statistische Relevanz hat. Im reinen Abwertungsansatz spielt die heimische Kreditvergabe durch Banken eine Rolle, die EMP- Annäherung berücksichtigt das Ver- hältnis der gesamten Reserven zur gesamten externen Verschuldung. Erste Schritte Das bringt Entscheidungsträger, Regulato- ren und Investoren einen Schritt voran, er- halten sie doch eine erste Orientierung bei der Einschätzung des Gefahrenpotenzials in Bezug auf eine Währungskrise. Doch wie stark sind die in der Wissenschaft verwen- deten Regressionsmodelle zur Vorhersage von Währungskrisen wirklich? In einer Folgearbeit mit dem Titel „The Challenge of Predicting Currency Crises: How do Defini- tion and Probability Threshold Choice Make a Difference?“ wertet das Autorenduo aus Ankara bestehende Frühwarnregressionen wieder entlang der beiden erwähnten Metho- den aus. Herausgefunden werden soll, wel- cher Weg eine höhere Prognosekraft besitzt. Zu diesem Zweck wurden drei Auswer- tungsgruppen erstellt. In der ersten wurden verschiedene Definitionen einer Währungs- krise getestet. Also zum Beispiel: „Jährliche Abwertung gegenüber dem Dollar um 35 Prozent.“ Oder: „Jährliche Abwertung ge- genüber dem Dollar um 15 Prozent und Vor- jahresabwertung bis zu 40 Prozent.“ In einer zweiten Versuchsgruppe wurde die EMP- Methode von Eichengreen et al. eingesetzt, die verwendeten makroökonomischen Varia- blen aber verändert. In der dritten Gruppe blieben die originalen Eichengreen-Varia- blen erhalten, die Standardabweichung vari- iert jedoch. Die Tabelle „Frühwarnsysteme für Währungskrisen: Zu viele falsche Alar- me“ zeigt die Ergebnisse der ersten und drit- ten Definitionsgruppe, da diese über die re- lativ stärkste Prognosekraft verfügen. Schlüsselt man nun die Testreihe, die für den bereits bekannten zeitlichen und geo- grafischen Rahmen durchgeführt wurde, auf, sei zunächst die Plain-Vanilla-Defini- tion, wie auch von Reinhart und Rogoff ver- wendet, ins Feld geführt – also die Ansicht, wonach eine Währung dann in einer Krise steckt, wenn sie im Jahresvergleich gegen eine Ankerwährung um 15 Prozent abwer- tet. Laut dieser Definition gab es 187 Fälle, in denen es im Sample zu einer Währungs- krise kam. Die Prognosekraft liegt bei 50,8 Prozent. Ab Definition 4, also in dem Mo- ment, in dem Zusatzannahmen über das 154 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : WÄHRUNGS KR I S EN » Es stellt sich die natürliche Frage, ob das tatsächliche Ausmaß der Abwertung vorhergesehen hätte werden können. « Mark E. Wohar, UNO/CBA Distinguished Professor, College of Business Administration, University of Nebraska Frühwarnsystem für Währungskrisen: Zu viele falsche Alarme An sich werden die echten Währungskrisen ganz passabel vorhergesagt. Wenn jeder zweite Alarm jedoch falsch ist, endet man schnell in einem „Der Junge, der Wolf schreit“-Szenario. Def. A1 Def. A2 Def. A3 Def. A4 Def. A5 Def. A6 Def. A7 Def. B1 Def. B2 Def. B3 Def. B4 Def. B5 Def. B6 Def. B7 Anzahl der Währungskrisen 187 116 82 41 138 87 66 134 74 65 64 62 59 57 Korrekt prognostizierte Krisen 118 78 57 24 88 59 44 69 41 44 43 40 40 39f Nicht prognostizierte (verpasste) Krisen 69 38 25 17 50 28 22 65 33 21 21 22 19 18 Prozentsatz korrekt prognostizierter Krisen 63,1 % 67,2 % 69,5 % 58,5 % 63,8 % 67,8 % 66,7 % 51,5 % 55,4 % 67,7 % 67,2 % 64,5 % 67,8 % 68,4 % Anzahl normaler Währungsphasen 2298 2369 2403 2426 2329 2380 2401 1619 1678 1688 1689 1694 1694 1695 Korrekt prognostizierte „Normalität“ 1145 1180 1197 1001 1110 1017 992 815 879 899 907 921 923 924 Falsche Alarme 1153 1189 1206 1425 1219 1363 1409 804 799 789 782 773 771 767 Prozentsatz korrekt prognostizierter Normalphasen 49,8 % 49,8 % 49,8 % 41,3 % 47,7 % 42,7 % 41,3 % 50,3 % 52,4 % 53,3 % 53,7 % 54,4 % 54,5 % 54,6 % Prognosekraft des Modells 50,8 % 50,6 % 50,5 % 41,5 % 48,6 % 43,6 % 42,0 % 50,4 % 52,5 % 53,8 % 54,2 % 54,7 % 54,9 % 55,0 % Anfälligkeit Fehlertyp I (verpasste Krise) 36,9 % 32,8 % 30,5 % 41,5 % 36,2 % 32,2 % 33,3 % 48,5 % 44,6 % 32,3 % 32,8 % 35,5 % 32,2 % 31,6 % Anfälligkeit Fehlertyp II (falscher Alarm) 50,2 % 50,3 % 50,3 % 58,7 % 52,3 % 57,3 % 58,7 % 49,7 % 47,6 % 46,7 % 46,3 % 45,6 % 45,5 % 45,4 % Def. A1: 15 % Abwertung vs. USD. Def. A2: 25 % Abwertung vs. USD. Def. A3: 35 % Abwertung vs. USD. Def. A4: 25 % Abwertung vs. USD & Vorjahresabwertung vs. USD bis zu 40 %. Def. A5: 15 % Abwertung vs. USD & annual. Abwertung vs. Vorjahr mehr als 10 %. Def. A6: 25 % Abwertung vs. USD & annual. Abwertung vs. Vorjahr mehr als 10 %. Def. A7: 35 % Abwertung vs. USD & annual. Abwertung vs. Vorjahr mehr als doppelt so hoch. Def. B1: Original-EMP-Definition (gewichtete durchschnittliche Veränderung des nominellen Wechselkurses, des Zins- niveaus und der internationalen Reserven) bei Standardabweichung von 1. Def. B2: Original-EMP-Definition bei Standardabweichung von 1,5. Def. B3: Original-EMP-Definition bei Standard- abweichung von 1,75. Def. B4: Original-EMP-Definition bei Standardabweichung von 2,0. Def. B5: Original-EMP-Definition bei Standardabweichung von 2,5. Def. B6: Original-EMP-Definition bei Standardabweichung von 2,75. Def. B7: Original-EMP-Definition bei Standardabweichung von 3,0. Quelle: Studie FOTO : © UN I V. NE B R A K S A

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=