Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

152 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : WÄHRUNGS KR I S EN V on allen ökonomischen Krisen sind Währungskrisen die schlimmsten. Das liegt an ihrer Häufigkeit und den destruktiven Aus- wirkungen, die diese auf Volkswirtschaften haben.“ Was wie eine biblische Warnung anmutet, ist der Einleitungssatz zur Studie „Predicting Currency Crises: How do Indicators Differ According to Crisis Definition?“. Der quasi druckfrische Artikel ist im „Cankiri Karatekin University Journal of The Faculty of Economics and Admini- strative Sciences“ erschienen und widmet sich den Schwierigkeiten, die bei der Prognose von Wäh- rungskrisen entstehen. Verfasst wur- de die Arbeit vom türkischen Wirt- schaftswissenschaftler Dogus Emin von der Universität Ankara und seiner Kollegin Aysegul Aytac von der Economic Policy Research Foundation of Turkey, ebenfalls in Ankara. Aus unmittelbarer Beobachtung der höchst volatilen Lira dürfen die Autoren nicht nur als akademische, sondern auch als intuitive Experten zu dem Thema gewertet werden. Und angesichts der Herausforde- rungen, die der Euro seit 2008 zu bestehen hat, der Spekulationen rund um den Dollar und seine Währungskriege sowie der Ver- werfungen, denen das britische Pfund im Nachhall des Brexit-Votums und während der laufenden schwierigen Verhandlungen ausgesetzt ist, kommen Arbeiten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, gera- de zur rechten Zeit. Unvorhersehbares prophezeien? Wobei die Frage, ob Währungskrisen vor- hersehbar sind, sowohl auf lang- als auch auf kurzfristige Sicht gestellt werden kann. Dass hier langfristige Prognosen funktionie- ren können, scheint intuitiv wenig wahr- scheinlich. Umso couragierter erscheint, dass Mark E. Wohar darauf besteht, nach dem jüngsten Pfund-Einbruch sehr wohl der „natürlichen Frage nachzugehen, ob das tat- sächliche Ausmaß der Abwertung hätte vor- hergesehen werden können“. Der Finanz- ökonom, der an der University of Nebraska und der Loughborough University tätig ist, hat zu diesem Zweck gemeinsam mit Vasi- lios Plakandaras von der Democritus-Uni- versität von Thrakien und Rangan Gupta von der University of Pretoria ein Experi- ment gestartet, dessen Ergebnisse im Paper „The Effects of Brexit on the Pound: Could it have been Predicted?“ zusammengefasst wurden. Dazu später mehr, nur eines vorweg: Die bereits erwähnte erste intuitive Antwort „nein“ ist … falsch. Zumindest teilweise – und aus Sicht der Studienautoren. Die angeführten Arbeiten sind natürlich nicht die Ersten, die sich mit den Prognosen von Währungskrisen auseinandergesetzt haben. Ziel der Forschung ist die Installa- tion von Frühwarnsystemen. Davon gibt es inzwischen schon einige. Das Problem die- ser Systeme erinnert jedoch an den alten Witz, wonach es so viele ökonomische Theorien wie Volkswirte gibt. Umgelegt auf unser Problem könnte man sagen: Es gibt so viele Frühwarnsysteme wie Warnsignale. Zumindest stellt sich das aus Sicht von Dogus Emin so dar, für den die wichtigste Frage zunächst lautet: Wie definiere ich eine Währungskrise überhaupt? Denn erst wenn die „relevanten erläuternden Variablen und die wichtigsten ökonomischen Bedingun- US-Dollar, Euro, Yen – keine Leitwährung, deren langfristige Stabilität derzeit nicht angezweifelt wird. Werden die hohen Schuldenberge, die demografischen Probleme oder das nachhaltig magere Wachstum die nächste Währungskrise auslösen? Wir haben Frühwarnsysteme unter die Lupe genommen. „Ist das eine Währungskrise?“ Antwort: „Das kommt darauf an.“ Für manche Theorien reicht ein derartiger Kursrutsch, um von einer Währungskrise zu sprechen. In übersichtlichen makroökonomischen Theorien wird davon ausgegangen, dass sich eine Währung, die gegenüber dem Dollar im annualisierten Vergleich 15 Prozent an Wert verliert, im Krisenmodus befindet. Quelle: Bloomberg 1.250 1.200 1.300 1.350 1.400 1.450 1.500 USD 1 Jan Feb März April Mai Juli 2017 Juli Jan Feb März April Mai Juli 2016 Juli Aug Sept Okt Nov Dez Pfund FOTO : © B LOOMB E RG | LUK E MACGR EGOR Die Prophezeiung » Von allen Krisen sind Währungskrisen die schlimmsten. Das liegt an ihrer Häufigkeit und destruktiven Wirkung. « Dogus Emin, Dozent für Finanzökonomie an der Social Sciences University of Ankara

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