Institutional Money, Ausgabe 3 | 2017

112 N o. 3/2017 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : FAK TOR- R END I T EN S tellen Sie sich vor, Sie würden nach sorgfältiger Recherche feststellen, dass sich die wö- chentlichen Lottozahlen vorab ganz einfach aus den Wetterdaten ableiten lassen. Würde man das der „Bild-Zeitung“ erzählen? Vermutlich nicht. Wie wäre es, wenn man erkennt, dass bestimmte Aktien langfristig mehr Ertrag abwerfen als der Gesamtmarkt, würde man das jedermann mitteilen? Nun, wenn man Finanzmarkt- forscher ist, lautet die Antwort ja. Wissen- schaftler rackern sich redlich ab, bestimm- te Variablen zu definieren, denen eine Pro- gnosewirkung für künftige Aktienmarkt- renditen zugeschrieben werden kann. Da- bei werden Ausschnitte historischer Rendi- ten herangezogen, um eine solche Kenn- größe zu entwickeln, und dann in weiterer Folge umfangreiche statistische Tests durchgeführt, die die Robustheit der Er- gebnisse belegen sollen. Das alles geschieht unter den wach- samen Augen der akademi- schen Konkurrenz, die, sobald ein Papier veröffentlicht wird, die Ergebnisse überprüft. Die- ser Prozess vertieft sich noch, wenn ein solches Paper zur Veröffentlichung in einem re- nommierten Fachmagazin ein- gereicht ist. Zwischen Einrei- chung und Veröffentlichung liegen oft einige Quartale, in denen der Inhalt intensiv auf seine Validität geprüft wird. Die Zahl der Publikationen ist ein entscheidendes Kriterium für die wissenschaftliche Kar- riere der Autoren und spätere Berufungen an prestigeträchti- gere Universitäten. Ob nun die in einem Sample vorgefundene Prognosekraft ei- ner Variablen einen mehr oder minder stabilen Mehrertrag für die Zukunft verspricht oder am Ende gar nur eine Eintagsfliege ist, überprüften David McLean von der Georgetown University (damals noch an der Universität von Alberta tätig) und Jeffrey Pontiff vom Boston Col- lege insgesamt 97 Variablen aus wissen- schaftlichen Veröffentlichungen auf ihre Prognosegüte (siehe Tabelle „Deskriptive Statistik“). Was in-sample funktioniert, muss ja noch lange nicht out-of-sample und nach erfolgter Publikation im akademischen Fachjournal die gleiche Prognosegüte auf- weisen. Obwohl sich einige Studien mit der Frage auseinandersetzten, ob sich eine be- stimmte Variable nach wie vor als Ertrags- bringer behauptet hat, gab es bis zur Arbeit von McLean und Pontiff keine Studie, die bei einer Vielzahl von Variablen die Nach- haltigkeit von deren Prognosegüte über- prüft. Dabei interessierte das Autorenduo besonders, ob es einen signifi- kanten Unterschied bei der Leistungsfähigkeit gibt, wenn man den Out-of-Sample-Zeit- raum bis zur Publikation im Fachjournal mit jenem danach vergleicht. Tatsächlich lässt die Progno- següte der Faktoren nach, wie die Statistiktabelle zeigt. Nicht nur, dass die Renditen bei Out- of-Sample-Tests und noch ein- mal nach der Publikation offen- sichtlich fallen, so steigt auch die Standardabweichung der Erträge. Durchschnittlich ver- streicht zwischen dem Ende des Samples und dem Publikations- datum im Fachjournal ein Zeit- raum von 56 Monaten. Im Ver- gleich dazu beträgt das Zeit- fenster der In-Sample-Untersu- chungsperiode 323 Monate im Schnitt, und die durchschnitt- liche Post-Publikations-Phase Hat die Veröffentlichung akademischer Research Papers Einfluss auf die Wirksamkeit bestimmter Aktieninvestmentstrategien? Und wenn ja, wie hoch fällt er aus? FOTO : © GEORGE TOWN UN I V; GMF » Faktor-Portfolio-Renditen sind out-of-sample durchschnittlich 26 Prozent niedriger als in-sample. « David McLean, Associate Professor of Finance an der McDonough School of Business der Georgetown University Ruinierte Geheimtipps ? Deskriptive Statistik Faktor-Renditen schwächeln bei Out-of-Sample-Test und nach erfolgter Publikation. Übersicht Anzahl der Long/Short-Faktor-Portfolios 97 Faktor-Portfolios mit einem t-Wert >1,5 85 (88 %) Durchschnittliches Publikationsjahr 2000 Median der Publikationsjahre 2001 Faktoren aus Finance Journals 68 (70 %) Faktoren aus Accounting Journals 27 (28 %) Faktoren aus Economic Journals 2 (2 %) Durchschnittliche Portfoliorendite in-sample 0,582 % p.m. Standardabweichung d. durchschn. Portfoliorendite in-sample 0,395 % p.m. Dauer des In-Sample-Zeitraums (Durchschnitt) 323 Monate Durchschnittliche Portfoliorendite out-of-sample 0,402 % p.m. Standardabweichung d. durchschn. Portfoliorendite out-of-sample 0,651 % p.m. Dauer des In-Sample-Zeitraums (Durchschnitt) 56 Monate Durchschnittliche Portfoliorendite nach der Publikation 0,264 % p.m. Standardabweichung d. durchschn. Portfoliorendite nach der Publikation 0,516 % p.m. Dauer des Zeitraums nach der Publikation (Durchschnitt) 156 Monate Auch die Streuung der Faktor-Renditen nimmt nach Abschluss der In-Sample-Tests durch die Verfasser zu. Quelle: Studie

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