Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
kobereitschaft ab, wie viel ein Investor überhaupt in diese Assetklasse investieren möchte. Gibt es so etwas wie Faustregeln, an denen man sich als Investor orientieren kann, weil sie sich im Lauf der Zeit bewährt haben? Iris Schöberl: Eine Investmentstrategie, die nach so etwas wie Pi mal Daumen arbeitet, wäre aus meiner Sicht unseriös, denn die jeweils individuelle Situation eines Investors spielt natürlich eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Was sich allerdings schon sagen lässt: Allein aus Gründen einer in jedem Fall sinnvollen Portfoliodiversifikation sollte der Immobilienanteil in einem institutionellen Portfolio nicht unter 15 Prozent liegen. Natürlich handelt es sich um eine illiquide Anlage. Aber wir wissen aus diversen Untersuchun- gen, dass eine Gewichtung, die diesen Wert unterschreitet, nicht mehr zu einem gut ausbalancierten Portfolio beiträgt. Wir wissen im Übrigen auch: Spätestens alle zwei Jahre führt ein institutioneller Investor eine Asset-Liability-Studie durch, um seine strategische Allokation zu überprüfen und eventuell nachzujustieren. Warum ist das in diesem Zusammenhang von Bedeutung? Iris Schöberl: Weil ich davon ausgehe, dass es nach diesem Zeitraum von zwei Jahren zu einer Art Normalisierung kommen wird, was die Immobilienquoten in institutionel- len Portfolios angeht. Inzwischen sind wir an einem Punkt, an dem sich Investoren wieder für die Immobilie interessie- ren, weil sie verstanden haben, dass damit langfristig wieder höhere Renditen zu erzielen sind als mit liquiden Anlagen. Daher werden wir meiner Erwartung nach über den genannten Zeitraum von zwei Jahren hinweg erleben, wie Institutionelle neu zufließende Gelder, aber auch die aus einer eventuell erfolgten Reduzierung ihrer Immobilienquo- te zurückgeflossenen Gelder sozusagen wieder in Ziegel und Mörtel investieren. Zugegeben, es ist in gewisser Weise auch mein Bauchgefühl, das mich da leitet, das aber sehr stark gestützt wird von den Gesprächen, die ich mit Inves- toren führe. Das Interesse an der Immobilie ist zurück. In Bezug auf Ihre Erwartung weiter sinkender Zinsen verunsi- chern Sie offenbar weder der Ausgang der US-Präsidentschafts- wahlen noch die jüngsten Meldungen über eine zuletzt wieder deutlich höhere US-Inflation? Iris Schöberl: Ich möchte nun wirklich keinem Analysten zu nahe treten, aber für mich gilt immer noch die schöne Weis- heit, dass Prognosen die Zukunft betreffen und ungewiss sind. Ich glaube, dass man als Investor, der in Immobilien investieren möchte, nicht zu zögerlich agieren darf. Natür- lich sollte man als Anleger eine wohlüberlegte Strategie ver- folgen. Aber wer wollte schon mit Sicherheit einen präzisen Zinssatz nennen, ab dem ein Immobilieninvestment sinn- Mutige Kämpferin für die Immobilie Iris Schöberl ist seit über 35 Jahren in der Immobilienbranche aktiv, daher dürfte es kaum verwundern, dass sie als profunde Kennerin aller Gebäudeklassen gilt. Seit Mitte des Jahres steht sie als Präsi- dentin an der Spitze des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft in Deutschland. Im Hauptberuf ist sie seit Juli 2022 Managing Director von Columbia Threadneedle Investments. Davor hat sie in gleicher Leitungsfunktion mehr als 22 Jahre für BMO Real Estate Partners gearbeitet. Nicht ganz so lange, aber immerhin auch 17 Jahre, war sie für die Hypovereinsbank / Unicredit Deutschland tätig. Schöberl ist zudem Beirats- mitglied des Projekts „Stadtlabore für Deutschland“ sowie Mitbegründerin von „Frauen in der Immobilienwirtschaft“. 2023 wurde sie mit dem „ULI Leadership Award“ in der Kategorie „Immobilienwirtschaft“ ausgezeichnet. 64 N o . 4/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Iris Schöberl | Zentraler Immobilien Ausschuss FOTO: © LUKAS BARTH » Ich gehe davon aus, dass es nach einem Zeitraum von zwei Jahren zu einer Art Normalisierung kommen wird, was die Immobilienquoten in institutionellen Portfolios angeht. « Iris Schöberl, Präsidentin, ZIA
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