Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
D ass Straßen, Schienen, Brücken, Daten- und Was- serwege erhalten oder erneuert werden müssen, ist den meisten klar. Wie unaufschiebbar die Renovierung der bestehenden Infrastruktur jedoch ist, hat jüngst der Zusammenbruch der Carolabrücke in Dresden vor Augen geführt.Hinzu kommen die Investitionen in die Energietransformation, die zusätzlich enorme Summen er- fordern. Für alles zusammen reichen die öffentlichen Mittel vorn und hinten nicht aus. Zwar wird in verschiedenen Län- dern auch über staatliche Infrastrukturfonds diskutiert, aber die Regulatoren haben die Dringlichkeit erkannt und daher mehrere Hebel in Bewegung gesetzt, aus denen sie sich wohl eine schnellere Reaktion erhoffen: Mobilisiert werden sollen „private Mittel“, die dann sowohl Retail- als auch institutionelle Investoren umfassen. Der ELTIF 1.0 flog nicht Um diese privaten Mittel zu aktivieren,müssen Investitions- barrieren so weit wie möglich aus dem Weg geräumt wer- den. Entsprechend gab es hier inzwischen eine ganze Reihe von Maßnahmen. Neben der Einführung einer eigenen Quote für Infrastrukturinvestments in der Anlageverord- nung (siehe Beitrag dazu in diesem Heft) wurde auch das bisher als zu starr empfundene Vehikel der European Long- Term Investment Funds (ELTIFs) angepasst. Zum Hintergrund: 2015 wurden European Long-Term Investment Funds (ELTIFs) als neues Vehikel eingeführt, um langfristige Investitionen in die europäische Infrastruktur und generell in langfristige, illiquide Assets zu fördern.Doch das Vehikel flog nicht. Von 2015 bis 2021 wurden in Europa gerade einmal 57 ELTIFs mit einem Volumen von etwa 2,4 Milliarden Euro aufgelegt. Institutionellen Investoren erschienen andere Vehikel geeigneter, beispielsweise der deutsche Spezialfonds oder luxemburgische Strukturen. Für Privatanleger hatte man den Anlegerschutz so weit nach oben geschraubt, dass dieser – beispielsweise in Form hoher Mindestinvestitionssummen – ein Investitionshindernis darstellte. Mit der Verordnung (EU) 2023/606, die am 10. Januar 2024 in Kraft getreten ist, hat der europäische Gesetzgeber die Attraktivität und Flexibilität von ELTIFs deutlich erhöht. Die Nachbesserungen für den ELTIF 2.0 zielen auf verschie- dene Punkte ab, die zuvor als Hemmschuhe für ELTIFs an- gesehen wurden: • Flexibilisierung der Anlagegrenzen und Erweiterung des Anlageuniversums • Abbau von Vertriebshindernissen • Nachschärfung der Regelungen für das Liquiditäts- management Flexibilisierung der Produktregelungen Während beim alten ELTIF liquide Anlagen in offene Wert- papierfonds (OGAW) und deren Anlagegegenstände nur bis zu 30 Prozent möglich waren, kann der ELTIF 2.0 nun auch als Dachfonds ausgestaltet sein und bis zu 100 Prozent in liquide Anlagen wie OGAW und AIFs investieren. Dafür hat sich unter anderem der deutsche Fondsverbands BVI stark gemacht. „Unter dem neuen Rechtsrahmen sind jetzt auch Spezial-ELTIFs möglich. Vorher gab es nur einen ELTIF, der sowohl für Retail- als auch für professionelle An- leger zur Verfügung stand“, so Florian Geuder, Rechtsanwalt bei der Kanzlei King & Spalding LLP, in Frankfurt. „Damit galten die Anlegerschutzregelungen, die für Privatanleger gedacht waren, auch für Institutionelle. Im Vergleich zur alten Rechtslage lohnt sich der Blick auf ELTIFs für institu- tionelle Investoren jetzt auf jeden Fall“, meint Geuder. Die Mindestinvestitionsquote in zulässige Anlagevermö- genswerte ist von 70 Prozent auf 55 Prozent reduziert wor- Die mit Januar 2024 in Kraft getretene EU-Verordnung zu European Long-Term Investment Funds (ELTIFs) soll diese Papiere flexibler und damit attraktiver machen. Vor Kurzem wurden die entsprechenden Liquiditätsanforderungen veröffentlicht. Ein Überblick. ELTIF: Zweiter Anlauf 268 N o . 4/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | ELTIF-Regeln FOTO: © KING & SPALDING Die Politik will für die großen anste- henden Investitio- nen in den Ausbau und die Erneuerung der Infrastruktur auch private Gelder mobilisieren. » Offene ELTIFs sollen langfristig ausgelegte Investments mit dem Liquiditätsbedürfnis der Investoren unter einen Hut bringen. « Florian Geuder, Rechtsanwalt bei der Kanzlei King & Spalding LLP, Frankfurt
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