Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

Weg. Er begeistert mich!“Sie begrüßt die Tatsache, dass allzu starre Systeme in der bAV derzeit eine Flexibilisierung erfah- ren. „Lange Zeit waren die Themen Garantie und Planbar- keit die wichtigsten Kriterien. Insbesondere die Sicherheit wurde als hohes Gut angesehen.“Mittlerweile seien die Plan- designs jedoch sehr innovativ geworden, auch inspiriert durch die Sozialpartnermodelle. „Die meisten Pläne bein- halten heutzutage eine fondsgebundene Komponente, die eine höhere Beteiligung am Kapitalmarkt ermöglicht, und es gibt immer mehr Ideen, wie man Puffermechanismen einfügt. Das Ziel von Puffermodellen ist die Nutzung eines möglichst langen und häufig auch über den Beginn des Auszahlungszeitraums hinausgehenden und somit glätten- den Anlagehorizonts, der höhere Renditen bei vergleich- barem Risiko verspricht.“ Trotz aller Steigerung der Renditechancen und der Erhö- hung der Flexibilität legt sie Wert darauf, die Risiken nicht aus den Augen zu verlieren: „Es gibt keine Chance ohne Risiko.Wenn man mehr Kapitalmarktbeteiligung will,muss man auch mit den Schwankungen leben können.“ Sie verweist auf die großen Schwankungen, die der Markt bei- spielsweise im Jahr 2022 gesehen hat. „Damals sind wegen der geopolitischen Lage nicht nur Aktien, sondern auch Anleihen imWert eingebrochen, weil die EZB in schneller Folge die Zinsen anheben musste, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Solche Schwankungen kann aber nicht jeder aushalten.“ Sie merkt an, dass es kein Produkt gibt, das alle Risiken abfedert und gleichzeitig sehr hohe Renditen verspricht, doch in der bAV mit den großen Kollektiven, die eben viel ausgleichen könnten, käme man dieser Wunschvorstellung so nah, wie es eben geht. Die geplante staatliche Förderung für private Altersvorsor- geprodukte setzt keine lebenslangen Leistungen mehr voraus, sondern sieht Auszahlungspläne bis zum Alter von 85 Jahren vor. „Ich bin Aktuarin und sehe, dass die Lebens- erwartung im Zeitverlauf zunimmt. Für den Einzelnen ist es schwer möglich, seine Lebensdauer abzuschätzen. Was macht ein Individuum, wenn die Rentenzahlung im Alter von 85 Jahren stoppt? Wer zahlt dann am Ende die Ausga- ben, auch für Krankheit und Pflege?“, fragt sie – eher rheto- risch – und erklärt: „Ich halte lebenslange Leistungen bei staatlich geförderten Produkten insbesondere für Personen mit mittleren und geringen Einkommen für sehr wichtig und eigentlich für unabdingbar in der Altersvorsorge. Immerhin sollen diese Produkte die reduzierten Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung abfedern.“ Auf den Einwurf, dass auch die bestehenden Garantiemo- delle lediglich eine nominale Garantie beinhalten, entgegnet sie: „Auch wenn die Inflation in Zukunft womöglich die Kapitalerträge übersteigen könnte, ist der nominale Erhalt der eingezahlten Beiträge immer noch besser als ein voll- ständiger Verlust der eingezahlten Beiträge. Und außerdem sind die laufenden Renten häufig an die Lohnentwicklung gekoppelt, sodass bei den Betriebsrenten durchaus ein gewis- ser Inflationsausgleich stattfindet.“ Zudem biete die nun auch mögliche Kapitalmarktorientierung aufgrund des lan- gen Anlagehorizonts die Chance, inflationsbedingte Kauf- kraftverluste bei Betriebsrenten über die Zeit wieder auf- zuholen. Komplexität ist beherrschbar … Ob die bAV in Deutschland mit ihren fünf Durchführungs- wegen plus dem Sozialpartnermodell nicht zu komplex ist? „Komplexität ist beherrschbar. Was die Unternehmen sich Als studierte Mathematikerin und Aktuarin begeistert sich Hanne Borst insbesondere für die betriebliche Form der Altersvorsorge, weil hier viele der Risiken über Kollektive abgefedert werden können. Ausgleich findet sie in ihrer Freizeit in den Bergen, und als ausgesprochener Outdoor-Mensch liebt sie es, Klettersteige zu gehen. N o . 4/2024 | institutional-money.com 237 Hanne Borst | WTW Deutschland | PORTRÄT FOTO: © SILHOUETTE MEDIA | STOCK.ADOBE.COM; FRESHIDEA | STOCK.ADOBE.COM; IRIS ULMER-LEIBFRITZ | AUGENWERK Hanne Borst: „Es gibt immer mehr Ideen, wie man Puffermechanismen in Altersvorsorge- pläne einfügt.“

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