Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

Detailtiefe, die weltweit äußerst unüblich ist“, so Davis. Auch dies dämpfe wohl das Investoreninteresse an Verbriefungen und wirke wie eine Investmentbarriere. Wenn dann noch die hohen Eigenmittelanforderungen dazukommen, sei das in Summe eben nicht hilfreich. „In den USA sind die Eigenmittelanforderungen bei Verbriefun- gen pari passu mit den in der Verbriefung enthaltenen Dar- lehen. In Europa hingegen sind die Eigenmittelanforderun- gen extrem hoch, insbesondere wenn es sich nicht um eine STS-Verbriefung handelt.“STS steht für einfache, transparen- te und standardisierte (simple, transparent and standardised – STS) Verbriefungen, für die es in der EU besondere Krite- rien gibt und die im Rahmen der Eigenmittelanforderun- gen eine bevorzugte Behandlung erfahren. Aber „bevorzugt“ ist eben relativ. „Die Erleichterungen für den STS-Status sind nicht so attraktiv, wie sie sein müssten, ummehr Appetit zu wecken“,meint Davis. Daher erfolgten 75 Prozent der Invest- ments in Europa in Verbriefungen ohne STS-Status. „Es ist eine Art Teufelskreis“, sagt Davis. „Relativ zum US- Markt ist der investierbare Verbriefungsmarkt in Europa mit rund 1,3 Billionen US-Dollar relativ klein.Weitere 2,6 Billio- nen US-Dollar entsprechen nicht dem EU-Standard und sind EU-Investoren daher nicht zugänglich. Daher gibt es in Europa auch weniger Emittenten und entsprechend weni- ger Investoren. Ein breiterer, offener Markt würde größere Diversifikation bieten und für mehr Nachfrage sorgen“, ist er sich sicher. Er beobachtet, dass europäische Investoren derzeit Covered Bonds nutzen. „Covered Bonds sind gute Instrumente, aber dieses Segment ist sehr auf den Hypo- thekenmarkt konzentriert. Sie bieten nicht die Breite und Tiefe des Marktes, den Verbriefungen insgesamt bieten kön- nen. Und außerdem verbleiben die Loans bei Covered Bonds in der Bankbilanz, während mit Verbriefungen die Banken ihre Bilanzen tatsächlich entlasten können“, so Davis und ergänzt: „Verbriefungen können dabei helfen, die Wirt- schaftsaktivität anzutreiben. Sie helfen nicht nur den Inves- toren, sondern auch den Aufsichtsbehörden dabei, Perfor- mance und Verwundbarkeiten von Sektoren besser zu monitoren. Beide können gebündelte Strukturen viel besser überwachen als eine Vielzahl von Einzeldarlehen.“ Langsam wiederkehrendes Interesse Doch bei anderen Investoren als Versicherungsgesellschaften beobachtet van der Meer großes Interesse an Verbriefungen. „Viele größere Investoren investieren in beides: direkte Dar- lehen und ABS. Das liegt vermutlich an den hohen risiko- bereinigten Renditen und der Liquidität, die mit ABS-Invest- ments möglich sind, wenn man eine entsprechende Tranche wählt“, meint van der Meer. Dennoch sei bei den europäi- schen Versicherungen die ABS-Allokation niedrig. „Sie liegt vielleicht bei ein paar Prozent, sollte unserer Meinung nach jedoch höher sein“, so van der Meer. In den USA gelten die Solvabilitätsvorschriften nicht, und die Versicherungsgesellschaften investieren in ABS. Bei den in Deutschland tätigen Versicherern haben Verbriefungen bisher eine geringe Relevanz. „Wir gehen davon aus, dass die derzeitigen Investitionen der deutschen Versicherer in Ver- briefungen deutlich unter einem Prozent der Kapitalanlagen liegen“, teilt ein Sprecher des deutschen Versicherungsver- bands GDV mit. „Um den Verbriefungsmarkt zu stimulie- ren und das Investoreninteresse zu erhöhen, sind unserer Einschätzung nach erhebliche Verbesserungen in mehreren Bereichen notwendig. Dies umfasst zum Beispiel eine ange- messene Reduktion der Eigenmittelanforderungen für Ver- briefungen unter Solvency II, Erleichterungen in der STS- Verordnung (z.B. hinsichtlich Reporting) und Verbesse- rungen bei der Liquidität von Verbriefungen“, so der Spre- cher weiter. Auch der deutsche Fondsverband BVI ist nicht enthusias- tisch: „Die EU-Verbriefungsverordnung stellt so hohe Anfor- derungen, dass der Erwerb von Verbriefungen durch Asset Manager nicht attraktiv ist“, teilt ein Sprecher mit. Der BVI prüft derzeit, ob und wie die Fondsbranche die Anforderun- gen hinsichtlich der Bedingungen, unter denen Asset Mana- ger Verbriefungen für Fonds erwerben können, anpassen möchte. Dies zeigt: Will die EU-Kommission das Interesse der Investoren an Verbriefungen steigern, muss sie die regula- torischen Hebel auf „Go“ stellen. ANKE DEMBOWSKI Der Mittelstand braucht mehr als Verbriefungen Die mittelständischen Unternehmen, um deren Finanzierung es bei CLOs ja geht, sehen sich tatsächlich mit einem erheblichen Kapitalbedarf konfrontiert. „Die Unternehmen stehen zweifellos vor erheblichen Finanzierungsherausforderungen, und Investi- tionen in transformative Projekte – vor allem zur Bewältigung des Klimawandels – sind drängender denn je“, sagt Matthias Bianchi, Leiter Public Affairs beim Deutschen Mittelstands-Bund (DMB). Doch dazu brauche es mehr als nur Verbriefungen: „Um private Finanzmittel effizient zu mobilisieren, ist eine bessere Verzahnung von Bankensystem und Kapitalmärkten in Europa notwendig, was auch Verbriefungen als Instrument ins Spiel bringt. Doch die Erwartung, dass Verbriefungen als alleiniges Mittel den Mittelstand stützen oder die grüne Transformation antreiben könnten, ist aus DMB-Sicht unrealistisch. Verbriefun- gen sind kein Selbstläufer und stellen hohe Anforderungen an Transparenz und Risiko- absicherung. Für die EU-Kommission bedeutet dies, dass die Kapitalmarktunion weiterent- wickelt werden muss, um Anreize für Investitionen in der Realwirtschaft zu schaffen – und das auch über andere Instrumente hinaus“, so Bianchi. Matthias Bianchi, Leiter Public Affairs beim Deutschen Mit- telstands-Bund (DMB) 194 N o . 4/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Verbriefungen FOTO: © AREA VISUALS | SYLVESTER ZAWADZKI, JOCHEN ROLFES » Die Transparenzanforderungen in Europa sind enorm. Transparenz ist zwar sehr wichtig, aber in dem Fall ist es womöglich des Guten zu viel. « Taggart Davis, Vice President für Government Affairs EMEA beim Asset Manager PGIM

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