Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

D ie Auswirkungen von Globalisierung und Deglo- balisierung sind längst im Zentrum des politi- schen und nicht selten populistischen Diskurses gelandet. Einen wertvollen Beitrag und neue Einblicke zur Frage, ob Vermögenswerte eher auf lokaler, regionaler oder globaler Ebene bewertet werden, lieferte im Juli dieses Jahres Joshua Traut von der Universität St. Gallen. Die Forschungs- arbeit mit dem Titel „Breaking new Ground on Local, Regional, or Global Asset Pricing“ setzt sich dabei laut dem Autor zum Ziel, „die zugrunde liegende Struktur globaler Faktorrenditen aufzudecken und zu beurteilen, ob Ver- mögenswerte auf lokaler, regionaler oder globaler Ebene bepreist werden. Das sind wichtige Fragestellungen, um die Dynamik der Preisbildung von Vermögenswerten zu ver- stehen.“ Bisherige Studien kamen meist zum Schluss, dass lokale Modelle am besten funktionieren. Traut hinterfragt diese Ergebnisse kritisch und argumentiert, dass frühere Untersuchungen oft vereinfachende Annahmen trafen. So wurden beispielsweise einheitliche Regionen über verschie- dene Faktoren hinweg angenommen oder willkürliche regionale Einteilungen vorgenommen. Zudem beschränk- ten sich viele Studien auf wenige Bewertungsmaßstäbe und testeten Modelle isoliert, ohne das Zusammenspiel lokaler, regionaler und globaler Komponenten zu berücksichtigen. Um diese Lücken zu schließen, analysiert Traut umfassend Faktordynamiken in 35 Ländern und identifiziert drei Faktorregionen entlang geografischer und wirtschaftlicher Linien. Seine Ergebnisse zeigen, dass die regionale Integra- tion je nach Faktor unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Eine wichtige Innovation der Studie ist die datengesteuerte Bestimmung optimaler Regionen für Faktoranalysen. Traut verwendet einen integrierten Hauptkomponentenansatz, um gemeinsame Muster in den internationalen Faktorren- diten zu extrahieren. Dabei zeigt sich, dass Länder mit ähn- lichem Entwicklungsstand und aus ähnlichen geografischen Regionen zu clustern. Konkret identifiziert er drei distinkte Cluster: Eine „etablierte“Region, die entwickelte europäische Länder sowie die USA und Kanada umfasst, eine „aufstre- bende“ Region mit wachstumsstarken asiatischen Ländern wie Südkorea und Thailand und eine „sich entwickelnde“ Region, die Schwellenländer aus Europa, Asien und Süd- amerika beinhaltet. Auf Basis dieser strukturellen Erkenntnisse führt Traut rigorose Tests zur Preisbildung von Vermögenswerten durch. Dabei verwendet er verschiedene Metriken, um die Leis- tungsfähigkeit lokaler, regionaler und globaler Modelle zu bewerten. Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild: Lokale Modelle schneiden am besten ab, wenn es um das Bestimmtheitsmaß R² und die Reduzierung von Alpha-Wer- ten geht. Allerdings übertreffen globalere Modelle die loka- len, wenn man die Sharpe Ratios betrachtet. Bemerkenswert ist, dass die Überlegenheit lokaler Modelle bei bestimmten Leistungsmaßen größtenteils auf den Einfluss des lokalen Marktfaktors zurückzuführen ist. „In Bezug auf die Preisbil- dung von Vermögenswerten liefere ich neue Einsichten, dass die Leistung lokaler Preisbildungsmodelle größtenteils durch den lokalen Marktfaktor bestimmt wird, dass aber optimale Modelle lokale, regionale und globale Faktoren enthalten, was die aktuellen Erkenntnisse infrage stellt, wo- nach lokale Modelle am besten abschneiden“, meint Traut. Die Ergebnisse von Spanning-Regressionen, bei denen im Rahmen des Fama-French-Sechs-Faktor-Modells lokale Fak- torrenditen auf regionale Faktorrenditen regressiert werden zeigen, dass die Beta-Koeffizienten für den Marktfaktor durchweg hoch und signifikant sind – das gilt insbesondere in der etablierten Region (siehe auch Grafik „Regionale Loka- In einer kritischen Arbeit zerlegt Joshua Traut gängige Theorien zur Dominanz regionaler Faktoren. Die Studie untermauert – wenn auch nicht explizit – den Rat, keiner Statistik zu trauen, die man nicht selbst gefälscht hat. Lokal-globale Regionalität 82 N o . 3/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Marktfaktoren » Optimale Modelle enthalten lokale, regionale und globale Faktoren, was die aktuellen Erkenntnisse infrage stellt, wonach lokale Modelle am besten abschneiden. « Joshua Traut, Universität St. Gallen

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=