Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

Bürokratie-Burn-out (Teil 2) nehmen eigentlich das gleiche Geschäftsmodell haben, aber unterschiedlich darüber berichten. Dann ist der Öffentlichkeit auch nicht geholfen und die Transparenz nicht besser.“ Bei der Taxo- nomieverordnung solle der Fokus auf die Daten gelegt werden, die für die Steuerung wichtig sind. Nachhaltigkeitsberichterstattung „Wir dürfen Berichterstattung nicht mit Wirkung verwechseln. Letztlich binden die vielen Be- richtspflichten Ressourcen, was gerade zu Zeiten des Fachkräftemangels schmerzhaft ist. Insofern können die Berichtspflichten auch Marktein- trittsbarrieren bedeuten“, gibt Jurecka zu be- denken. Er gibt ein Kostenbeispiel: „Die Einfüh- rung des Solvency II Review bei der Munich Re hat gruppenweit einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag gekostet.“ Auch wenn die Regu- lierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ISRS (International Safety Rating System) noch nicht fertig sei, erwarte er für sein Haus auch hier Kosten in der Höhe eines dreistelligen Mil- lionenbetrags. „Bereits heute haben wir im Geschäftsbericht das Dreifache in der Nachhaltigkeitsberichter- stattung als über den allgemeinen Geschäfts- verlauf – und das ist noch vor der Realisierung der ISRS“, gibt Jurecka zu bedenken. Während der Konferenz meldeten sich aus dem Publikum Vertreter von zwei NGOs und argumentierten, dass die von der Regulierung geforderten Berichte doch an der einen oder anderen Stelle etwas in Sachen Nachhaltigkeit bewegen könnten. Ein positives Echo gab es auf die Einwürfe allerdings nicht, und auch die Argumentation schien das Publikum nicht zu überzeugen. Jurecka argumentiert mit den sehr niedrigen Abrufzahlen der Dokumentation und bemängelt außerdem die häufig auftretende Doppelberichterstattung. „Teilweise müssen wir mehrmals über dieselben Tatsachen berichten, aber mit leicht unterschiedlichen Standards. Für uns ist das viel Aufwand, aber der Leser der Information wird dadurch nicht besser infor- miert.“ Überhaupt sei die Vielzahl der Berichts- pflichten weit davon entfernt, zu einem Mehr- wert zu führen. Kleinere Häuser trifft es besonders In einem Panel verweist Monika Köstlin, CEO der Kieler Rück, darauf, dass das Ausmaß der Regu- lierung erreicht sei. „Das trifft die großen wie die kleinen Häuser“, aber die kleineren Häuser treffe es härter, weil sie knappere Ressourcen haben. „Wir müssen Projekte, die einen Mehr- wert für unsere Kunden brächten, zurückstellen, um die vielen Regulierungen anzugehen. Wir brauchen dringend eine Entschlackung bei der Bürokratie“, fordert sie. Dragica Mischler, Vorstandsvorsitzende des öffentlichen Versicherers ÖRAG-Gruppe, gibt ihr recht: „Bei uns im Haus findet der Personalauf- bau derzeit überwiegend im Bereich Regulierung und Berichtswesen statt. Im Bereich Innova- tionen wächst unsere Belegschaft leider nicht.“ Sie gibt zu bedenken: „Es geht uns nicht darum, nicht zu berichten. Uns geht es darum, effizient zu berichten“ – und dürfte damit vielen aus der Seele sprechen. Auf dem Panel war man sich einig, dass es eine gute, passgenaue Regulie- rung braucht, aber eben keine überbordende mit teilweise doppelten Berichtspflichten. Zu viele Berichte Nicht nur in Deutschland wird das so gesehen, sondern auch der österreichische Versiche- rungsverband weist auf die ausufernden Be- richterstattungspflichten hin. „Das Erreichen ei- ner umweltgerechten, CO 2 -neutralen und sozia- len Wirtschaft zählt zu den Kernanliegen der EU. Die österreichische Versicherungswirtschaft nimmt ihre Verantwortung ernst, einen Beitrag zu einer zukunftsorientierten und nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten“, schreibt der Versicherungsverband Österreich (VVÖ) in seinem Jahresbericht 2023. Die Branche sieht durchaus ein, dass Versicherer insbeson- dere als institutionelle Investoren maßgeblich zur EU-Nachhaltigkeitsagenda beitragen können, aber der Verband macht in seinem Jahresbe- richt auch deutlich, dass es mittlerweile sehr viel wird: „Die Regulierungen, die zu erhöhtem Aufwand bei den Berichtspflichten führen, schei- nen nicht abreißen zu wollen“, schreibt der VVÖ und führt die jüngsten regulatorischen Maßnah- men auf: • die EU-Taxonomie • die Disclosure-Verordnung (SFDR) • der EU Green Bond Standard (EUGBS) • die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsbericht- erstattung (CSRD) • die Wertschöpfungsketten-Richtlinie (CSDDD) • der European Single Access Point (ESAP) • die Verordnung über Transparenz und die Arbeitsweise der ESG-Ratingagenturen • die Gender-Balance-Richtlinie oder die Equal-Pay-Richtlinie Das sind wohlgemerkt nur die Nachhaltigkeits- regulierungsakte, hinzu kommen noch Regulie- rungen, in denen es um die Solvenz und die Abwicklung von Versicherungsunternehmen geht, wie Solvency II und die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen (IRRD). Der Jahresbericht 2023 des Versiche- rungsverbands Österreich (VVÖ) findet sich hier: im-online.com/JBV324 Dr. Christoph Jurecka, CFO der Münchener-Rück-Gruppe: „Insbesondere die Textberichte des SFCR werden kaum gelesen. Im Schnitt werden sie nur neun Mal pro Monat heruntergeladen.“ 268 N o . 3/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | CSRD/ESRS FOTO: © ANKE DEMBOWSKI » Es geht uns nicht darum, nicht zu berichten. Uns geht es darum, effizient zu berichten. « Dragica Mischler, Vorstandsvorsitzende des öffentlichen Versicherers ÖRAG-Gruppe

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