Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

Stillhalteabkommen? Auch Werner Rohmert zeichnet für solche Türme ein düs- teres Bild: „Der Trianon-Turm wurde einmal mit der 30- fachen Jahresmiete gekauft; jetzt ist er vielleicht noch das 20- Fache wert. ESG-technisch wurde daran leider nichts ge- macht“, beobachtet der Immobilienjournalist und Consul- tant. Die Lage sei verzwickt: „Es gibt vermutlich hunderte von Stillhalteabkommen zwischen Banken und Unterneh- men.Wenn wir jetzt sagen: Der Markt ist unten, dann wird die Abwertung in den Bilanzen festgezurrt. Dann folgt der Büroimmobilienmarktkrise eine Unternehmenskrise, und zwar sofort“, befürchtet Rohmert einen Dominoeffekt. Für sein Haus kämen solche verzögerten Neubewertun- gen nicht infrage, sagt Jörg Quentin, Bereichsleiter Property Analysis bei der Deutschen Pfandbriefbank AG (pbb). De- ren Kerngeschäft ist die gewerbliche Immobilienfinanzie- rung, mit Immobilienkrediten ab 15 Millionen Euro. „Wir sind im regelmäßigen Austausch mit der Aufsicht, denn sie prüft unsere Kreditportfolios. Wir nehmen marktbedingte Wertkorrekturen in unseren Portfolios schnell vor, dazu gibt es für Banken einen klaren gesetzlichen Rahmen. Der Ver- band deutscher Pfandbriefbanken (VDP) hat für 2023 kom- muniziert, dass der Büromarkt in Deutschland insgesamt um 17 Prozent abgewertet hat.Wir hatten bei uns im Port- folio im Lauf des Jahres Ähnliches antizipiert. Allein auf- grund gesetzlicher Vorgaben können wir nicht sagen: Wir warten, bis der Markt sich wieder gefunden hat“, sagt Quen- tin. Pfandbriefbanken müssten ihre Immobilien mindestens einmal jährlich anschauen und mindestens alle drei Jahre neu bewerten. „Wenn es Preisbewegungen über zehn Pro- zent gibt,müssen wir uns die Bewertungen öfter anschauen. Das Gleiche gilt für alle Banken, die der Capital Require- ments Regulation (CRR) unterliegen“, so Quentin, „Die Fol- ge ist, dass die Banken dann mehr Eigenkapital benötigen, wenn die Bewertungen nach unten gehen.“ Aus unterschiedlichen Gründen seien Neufinanzierungen aktuell rar, sei es aufgrund des angepassten Marktumfelds, höherer Eigenkapitalanforderungen oder selektiver agieren- der Banken.Der größte Teil der Finanzierungen sind aktuell Anschlussfinanzierungen. „Hier sind die Zinsen jetzt natür- lich höher als zuvor.Manche Kunden müssen Sondertilgun- gen vornehmen, damit sich das Ganze auch für sie noch rechnet“, so Quentin. „Bei vielen Objekten stehen zudem CapEx-Maßnahmen an, um die Immobilie auf Vordermann zu bringen, insbesondere was ESG-Standards betrifft.“ Büro: Arbeiten im Bestand Im Bestand muss also etwas getan werden. „Es gibt Value- Add-Investoren, die kaufen wollen, aber die bieten sehr nied- rige Preise. Die kalkulieren alle Kosten mit ein, möchten dann einen tüchtigen Preisabschlag. Wenn jemand die Li- quidität hat, sollte er lieber versuchen, das Refurbishment selbst zu machen, zumindest in Innenstadtlagen“, rät Quen- tin. Weiter draußen müsse man sich etwas einfallen lassen. „Da gibt es Büroflächen, die den aktuellen Ansprüchen nicht mehr genügen, für die eigentlich nur eine Umnutzung in Frage kommt. Wir finanzieren gerade ein Objekt in Berlin, wo Büro in ein Long-Stay-Konzept transformiert wird. Das kostet zwar, aber funktioniert am richtigen Standort.“ Be- kannt sei auch das Hochhaus am Park in Frankfurt am Main. „Das war mal Büro, und jetzt werden Eigentumswoh- nungen und ein Hotel daraus gemacht, weil die Lage es her- gibt“, so Quentin, warnt aber: „Eine solche Umwidmung bleibt allerdings erfahrenen Marktakteuren vorbehalten!“ Auch Johannes Seidl, Geschäftsführer beim Real Asset und Investment Manager Wealthcap, konzentriert sich auf den Bestand. „Jetzt schlägt die Stunde des aktiven Bestands- geschäfts. Wir modernisieren und steigern so unser Miet- potenzial. Und wenn es sich nicht in der Miete auszahlt, dann zumindest beim Exit“, so Seidl. Bei Wealthcap betrach- te man jedes Objekt einzeln. „Wir analysieren etwa, ob eine PV-Anlage Sinn macht. Eine intelligente Gebäudesteuerung? Der Austausch von Fenstern oder eher eine Fassadendäm- mung?“ Seidl glaubt, dass der Bestand von der aktuellen Marktsituation profitieren wird. „Ab 2026 kommt nicht mehr viel neue Fläche auf den Markt, weil die Neubau-Pipe- line dünn wird. Dann werden Objekte in guten Lagen wie- der zum Tragen kommen.“ Leichter würde es, wenn der ESG-Druck nachließe, meint Grellier, „aber dieser Zug ist Mietvertragslaufzeiten bei Bürovermietungen Nach Lage in den deutschen Top-7-Städten Mit zunehmendem Leerstand ab 2019 sowie Unsicherheiten während der Pandemie sank die durchschnittliche Vertragslaufzeit 2022 von 6,1 Jahren auf 5,7 Jahre. 2023 ist die Laufzeit in allen Lagekategorien wieder auf durchschnittlich 5,9 Jahre angestiegen und liegt damit leicht über dem Zehnjahresschnitt von 5,8 Jahren. Quelle: Colliers 2015 2014 2013 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 2016 2012 2011 2010 5,0 5,5 6,0 6,5 City-Rand CBD Peripherie Laufzeit in Jahren 222 N o . 3/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Gewerbeimmobilien FOTO: © PBB DEUTSCHE PFANDBRIEFBANK Langsam kommt man auch im gewerb- lichen Bereich wieder in gute Preislagen hinein, aber irgend- wer muss den Preis- Cut hinnehmen. » Bei vielen Objekten stehen CapEx- Maßnahmen an, um die Immobilie auf Vordermann zu bringen, insbesondere was ESG-Standards betrifft. « Jörg Quentin, Bereichsleiter Property Analysis bei der pbb Deutsche Pfandbriefbank, München

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=