Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024
schnitt von 5,8 Jahren. Bei Neubauprojekten lag die durch- schnittliche Mietvertragslaufzeit 2023 mit 7,8 Jahren über dem zehnjährigen Mittel von 7,5 Jahren“, zeigt Dichtl einen Anflug von Hoffnung. Entgegen der Erwartung, dass Mieter in wirtschaftlich unsicheren Zeiten mehr Flexibilität in Form von kürzeren Festlaufzeiten anmieten, hat er zwei Erklärungen für den neuerlichen Anstieg der Mietvertrags- laufzeiten. „Zum einen hat die Krise dazu geführt, dass kon- junkturunabhängige Anmietungen der öffentlichen Hand einen relativ höheren Anteil am Vermietungsvolumen haben und diese in der Regel langfristige Mietverträge ab- schließen. Zum anderen haben die Themen ESG und ‚Shift to Quality‘ dazu geführt, dass der relative Anteil an Projekt- und Erstbezugsvermietungen auf Kosten des Bestands zuge- nommen hat, für die weiterhin eine Festlaufzeit von mindes- tens zehn Jahren der Standard ist“, sagt Dichtl und ergänzt: „Während Neubauprojekte je nach Lage durchschnittliche Laufzeiten von 8,9 bis 10,1 Jahren aufweisen, liegen Bestän- de mit 5,4 bis 5,5 Jahren bei etwa der Hälfte der Laufzeit.“ Weniger rosig zeigt sich das Bild für Büroimmobilien in B-Lagen und bei Gebäuden, die unter Nachhaltigkeitsaspek- ten schlecht positioniert sind. Denn hier sehen sich die Be- standshalter neben dem konjunkturellen und dem Home- office-Trend auch mit erheblichen Investitionsnotwendigkei- ten konfrontiert. „Zwar steigen die Büromieten leicht, aber das Upside bei den Mieten reicht in vielen Fällen nicht, um hohe Investitionskosten zu decken“, sagt Dichtl. Außerdem würden die im Schnitt weiter nach oben laufenden Büro- mieten (+5% im Vorjahresvergleich) in erster Linie von den ganz modernen Büroflächen getrieben. „Für Topflächen an 1A-Standorten sind die Unternehmen bereit, entsprechende Mieten zu zahlen. Daher sind die Spitzenmieten weiter im Aufwärtstrend“, so Dichtl. Die Durchschnittsmieten zeigten sich aber weiterhin heterogen. Für die meisten älteren Büroobjekte sieht Grellier noch Abwertungsbedarf: „Investoren, die in den letzten zwei Jah- ren gekauft haben, haben viel zu teuer gekauft. Hier muss eine starke Marktkorrektur stattfinden, und zwar am besten solange die Mieter noch drin sind und ein Return on Invest- ment vorhanden ist. Ziehen die Mieter erst einmal aus und geben die Flächen zurück, sieht es düster aus.“Er gibt jedoch auch einen positiven Ausblick: „Gute Immobilien in sinn- voll angebundenen Lagen lassen sich derzeit gut vermark- ten, auch mit halbwegs vernünftigen Faktoren.Wer vor zwei Jahren eingestiegen ist, wird eine Abwertung hinnehmen müssen, aber hier läuft zumindest die Vermietung gut“.“ Obsoleszenzrisiken Offenbar ist der Büroimmobilienmarkt zweigeteilt: auf der einen Seite die attraktiven, topausgestatteten Objekte in gut angebundenen Lagen und auf der anderen Seite die übrigen Immobilien, die teilweise erhebliche Obsoleszenzrisiken ber- gen.Mahnendes Beispiel ist der Frankfurter Büroturm Tria- non, bei dem der Bürohausbetreiber kürzlich pleiteging. Hauptmieter des Trianon-Turms ist die DekaBank, die ange- kündigt hat, den Turm nach mehr als 20 Jahren verlassen zu wollen. Ein Nachmieter scheint nicht in Sicht. „Das ist das Problem bei vielen der älteren Bürotürme in Frankfurt. Die Verbrauchsdaten darin sind unterirdisch. Die Sanierung eines solchen Turms, damit er halbwegs ESG-konformwird, ist so aufwendig, dass es auf einen negativen Kaufpreis hinausläuft“, meint Grellier. Transaktionsvolumen Gewerbe in Deutschland 12 Monate, in Milliarden Euro Das Transaktionsvolumen im gewerblichen Bereich ist im ersten Halbjahr 2024 leicht gestiegen. Insbesondere bei den Segmenten Industrie und Logistik sowie bei gemischt genutzten Objekten ist ein leichter Anstieg zu erkennen, und die Prognosen von Colliers sind aufwärts gerichtet. Quelle: Colliers 2015 2014 2013 2018 2019 2020 2021 2022 2023 H1 2024 2024p 2025p 2017 2016 2012 2011 2010 2009 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Büro Einzelhandel Hotel I&L Mischnutzung Grundstücke Sonstige Prognose gesamt Mrd. EUR 220 N o . 3/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Gewerbeimmobilien FOTO: © COLLIERS Das Transaktions- volumen im gewerb- lichen Bereich ist im ersten Halbjahr 2024 leicht gestiegen, allerdings von einem niedrigen Niveau aus. » Der Working-from-Home-Trend hält an, daher werden die Flächenumsätze abnehmen. Bis 2030 werden wir rund zwölf Prozent weniger Büroflächennutzung sehen. « Tobias Dichtl, Co-Head of Market Intelligence & Foresight, Colliers
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