Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024
I nsbesondere langfristige Veränderungen – von demografischen Entwicklungen bis hin zu Innovationen – wirken sich auf die Ziele der Anleger und damit auch auf die möglichen Anlageergebnisse aus. Evolution oder Revolution? Zwar stehen heute mehr Anlageformen und Subsektoren für Investitionen zur Verfügung als je zuvor, dennoch weisen die Daten eher auf eine schrittweise Evolution als auf eine Revolution hin. Der britische Immobilienmarkt beispielsweise verlagerte sich im Zeitraum der 1960er- bis 1990er-Jahre auf den Dienstleistungssektor. Die- se Verlagerung ging mit einer raschen Zunahme der Arbeitsplätze im Finanzwesen, der Verwal- tung und kaufmännischer Berufe einher. In dieser Zeit machte der Bürosektor in der Regel 50 bis 60 Prozent der Anlageportfolios aus (Abbildung 1). Auch der Aufstieg des Einzelhandelssektors zur Spitzenposition in den Portfolios in den 1980er- und 1990er-Jahren fiel mit dem Erreichen des Erwachsenenalters der Babyboomer und der Zunahme des Massenkonsums zusammen. Über einen längeren Zeitraum von 20 Jahren boten Einzelhandelsimmobilien eine attraktive Kombination aus beständig höheren Renditen und geringerem Risiko. 1 In den letzten Jahren tragen die geänderten Anlageentscheidungen im Immobiliensektor der Tatsache Rechnung, dass der Einzelhandel auf- grund des E-Commerce seine marktbeherr- schende Stellung verloren hat. Heute macht er nur noch etwa 20 Prozent der britischen Port- folios aus. In Zukunft werden sich die Allokatio- nen auf den Einzelhandel wahrscheinlich auf Lebensmittel, Nahversorgung/Einkaufszentren mit mehreren großen Ankermietern und ähnliche Anlagetypen konzentrieren. Darin zeigt sich die Widerstandsfähigkeit der Einzelhandelssegmente Lebensmittel, Heimwerkerbedarf/Hardware und Gartenbau gegenüber der Onlinekonkurrenz. Die andere Seite der Auswirkungen des E-Commerce war die Verdoppelung von Industrieallokationen, Big Box, städtischer Logistik und Zustellung auf der letzten Meile („last-mile logistics“) und Mehr- parteienobjekten, die jetzt mehr als 30 Prozent der britischen Portfolios stellen. Dieser techno- logiebedingte Wandel dürfte sich auf den Immo- bilienmärkten der Welt in unterschiedlichem Tempo vollziehen – je nach Verbreitung undWei- terentwicklung des Onlineshoppings. Wohnungssektor: Die Ausnahme, die die Regel bestätigt Der demografische Wandel, die anhaltende Woh- nungsknappheit und die zunehmende Tendenz zur Miete haben dazu geführt, dass der Sektor für Mehrfamilienobjekte zu einer wichtigen institutio- nellen Anlageklasse aufgestiegen ist. Die Zunahme professioneller Investitionen inWohnimmobilien ist ein anhaltender Trend in den USA, der auf die frü- hen bis mittleren 1980er-Jahre zurückgeht und das institutionelle Engagement von nahezu null auf heute rund 30 Prozent ansteigen ließ. 2 In Europa gewinnt dieser Trend in den meisten Schlüsselmärkten, vor allem in Spanien, Schwe- den und imVereinigten Königreich (Abbildung 2), seit etwa zehn Jahren an Fahrt. Während jedoch der Rest der Welt bei institutionellen Investitionen in Wohnimmobilien offenbar hinter den USA zu- rückbleibt, bilden die Niederlande eine Ausnahme. Das Land ist eine relativ kleine, sehr dicht besie- delte und wohlhabende Volkswirtschaft mit einem erheblichen Überschuss von Ersparnissen gegen- über dem investiertem Vermögen. Aus diesem Grund machen Wohnimmobilien trotz strenger Mietvorschriften und sehr großzügiger Steuer- erleichterungen für Hypothekenzinsen seit ihrer Auflage mehr als die Hälfte der niederländischen Immobilienbenchmark aus. Evolution oder Revolution? In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zusammensetzung der Immobilien- portfolios institutioneller Anleger stark verändert. Diese Veränderung spiegelt den allgemeinen gesellschaftlichen Wandel wider, da der Immobiliensektor eine zentrale Rolle einnimmt, wenn wir uns an neue Lebens-, Arbeits- und Freizeit- gewohnheiten anpassen. Abbildung 1 Veränderte Zusammensetzung von Immobilienportfolios im Vereinigten Königreich Quelle:Jones2013,MSCI2024 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2023 I 2013 I 2003 I 1993 I 1983 I 1973 I 1963 I 1953 Industrial Retail Offices Other Residential INSTITUTIONELLE IMMOBILIENPORTFOLIOS IM WANDEL: ANZEIGE
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