Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

Bestandsaufnahme „Um zu beurteilen, ob die Kapitalmärkte seit der Einfüh- rung neuer regulatorischer und politischer Maßnahmen seit dem Jahr 2020 ESG-Risiken und -Chancen ernsthaft einge- preist haben, ist es hilfreich zu wissen, wie die Befragten die Situation vor den neuen Maßnahmen und das Tempo des Fortschritts seither einschätzen“, sagt Rajan.Nach Ansicht der meisten befragten Pensionsfondslenker wurden am Markt vor dem Inkrafttreten strengerer Nachhaltigkeitsregeln ESG- Risiken und Chancen nur sehr „selektiv“bei der Wertpapier- bewertung berücksichtigt. Bei der Frage, in welchem Maße die Kapitalmärkte bei den wichtigsten Anlageklassen vor Ausbruch der Covid-Krise 2020 von ESG-Risiken und Chancen beeinflusst wurden, kam heraus, dass dies nennens- wert (43 Prozent Zustimmung) lediglich bei Aktien und dort überwiegend hinsichtlich des Umweltschutzgedankens erfolgte. Die Berücksichtigung der Buchstaben respektive Kriterien „S“ und „G“ folgten bei den beiden für Pensions- kassen wichtigsten Anlageklassen Aktien und Anleihen erst mit deutlichem Abstand. Darüber hinaus ließ früher auch das Umsetzungstempo zu wünschen übrig. Auf die entspre- chende Frage, wie schnell Kapitalmärkte ESG-Risiken und Chancen vor der Einführung neuer Regeln eingepreist ha- ben, entschieden sich beachtliche null Prozent der Befragten für die beste Antwortmöglichkeit „exzellent“. Die nächst- bessere Stufe „gut“kam auf 23 Prozent. „Langsam“kam auf 30 Prozent und „dürftig“auf 47 Prozent. Jene Pensionsfonds, die mit „langsam“ und „dürftig“ antworteten, wurden in einer eigenen Folgefrage nach den Gründen dafür befragt: Nach Ansicht von 90 Prozent der Pensionsfondsmanager seien die Regulierer respektive Regierungen aufgrund einer zu langsamen Einführung von ESG-Regeln für die Malaise verantwortlich. Dieses Argument verliert seit Beginn des Jahrzehnts jedoch an Gewicht. Regulierung und ihre Folgen In den vergangenen Jahren wurden weltweit zahlreiche ESG-Regularien eingeführt, insbesondere in den für die Ret- tung des globalen Klimas relevanten großen Ökonomien Europa,USA und China. Exemplarisch seien an dieser Stelle die für europäische Investoren relevante Offenlegungsver- ordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) oder die für große Firmen verpflichtende EU-Richtlinie zur Unternehmensnachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) genannt. Vor diesem Hintergrund fragte Create-Research die Pen- sionsfonds, inwieweit sie „derzeit“ ESG-bezogene Regulie- rungen und staatliche Maßnahmen in der übergeordneten Anlagestrategie berücksichtigen. 29 Prozent der befragten Pensionsfonds machen dies in „großem Umfang“, 56 Pro- zent „in gewissemMaße“ und 15 Prozent „gar nicht“. Bei der spezifischeren Frage, in welchem Umfang Regu- lierer und Regierungen zu den „entscheidenden Einfluss- faktoren“ für die Pensionsfondsallokation im Bereich ESG- Investments in den nächsten drei Jahren zählen werden, antworteten 29 Prozent der Pensionsfondsmanager mit „großemUmfang“, 51 Prozent mit „in gewissemMaße“und 20 Prozent mit „gar nicht“. Die Folgefrage, in welchem Umfang „ESG-Faktoren“ als Ergebnis neuer ESG-Regulierungen Teil der strategischen Asset Allocation werden, ergab eine eindeutige Antwort, die man als klare Absage interpretieren kann: Lediglich sieben Prozent sagten „in großemUmfang“, 20 Prozent entschieden sich für „in gewissem Maße“, aber beachtliche 73 Prozent antworteten auf diese Frage mit „gar nicht“. Spätestens hier bestehen institutionelle Investoren darauf, das Heft weiterhin in der Hand zu halten. Die strategische Asset Allocation gilt als „Herzstück“ der Arbeit jedes Profi- anlegers. Denn diese entscheidet auf lange Sicht zum über- wiegenden Teil über die Erreichung der erforderlichen Ziel- rendite und damit über die weitere Investorenkarriere. Bei der strategischen Asset Allocation sind für die meisten Investoren offenbar andere, wichtigere Faktoren als die lang- fristige Rettung des Weltklimas entscheidend: beispielsweise Faktoren wie die Entwicklung der Inflation, Zinsen, Kon- junktur und Unternehmensgewinne. Nutznießer Die Hauptanlageklassen sollen zukünftig zu den Profiteuren zählen. Welche Anlageklassen werden in den nächsten zwei/fünf Jahren am meisten von den neuen Maßnahmen profitieren? Auf die Frage, welche Anlageklassen in den nächsten zwei beziehungsweise fünf Jahren am meisten von den neuen (regulatorischen) Maßnahmen profitieren werden, gewinnt zwar in absoluten Beträgen das klassische Investmentsegment Anleihen, dicht gefolgt von Aktien. Im relativen Vergleich könnten aber alternative Anlageklassen den prozentuell größten Sprung im Zeitvergleich aufweisen. Das liegt daran, dass bei Alter- natives derzeit nur wenig ESG-Exposure besteht, das aber in den kommenden fünf Jahren aufgrund von Investments in Erneuerbare-Energien-Projekte oder Ähnliches stark steigen soll. Quelle: Studie 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % In den kommenden fünf Jahren In den kommenden zwei Jahren In Prozent der Teilnehmer 48 % 62 % 41 % 61 % 36 % 58 % Anleihen Aktien Alternative Anlagesegmente 176 N o . 3/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Pensionsfonds-Umfrage FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH » Die Bedeutung passiver Anlageprodukte für die Umsetzung von ESG-Strategien nimmt immer mehr zu. « Simon Klein, Global Head of Xtrackers Sales, DWS

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