Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024
sie in aller Regel nur über lange Zeiträume funktionieren. Nur sind diese Zeiträume für viele Investoren in der Praxis zu lang.Wenn man sich die akademische Forschung ansieht, findet man für viele Faktoren Zykluszeiten von zehn Jahren und mehr. Hans Heuser: Manche Untersuchungen sprechen sogar eher von 15 bis 20 Jahren … Michael Heldmann: … sicher nicht zu Unrecht. Natürlich kann man diese Zeitspannen aber durch Diversifikation und Risikomanagement auf überschaubarere Zeiträume reduzieren. Am Ende bleibt es bei einzelnen Faktoren unter Umständen bei Jahren des Wartens, was dann oft ausreicht, um das Vertrauen von Anlegern in einen bestimmten Faktor zu verlieren. Ferdinand Haas: Man braucht sich ja nur an entsprechende Diskussionen zu erinnern, wie sie nach zehn Jahren einer unter- durchschnittlichen Performance von Value-Investments in den USA aufgekommen sind. Michael Heldmann: Vollkommen richtig. Es kamen nicht ohne Grund Fragen auf, ob es wohl überhaupt noch einen Value-Faktor gibt, verbunden mit erheblichen Zweifeln, ob es denn noch klug sei, in diesen Bereich zu investieren. Als Anbieter stand man unter erheblichem Druck, seine Value- Argumentation weiter aufrechtzuerhalten. Das ist meiner Meinung nach ein durchaus eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich bei einem Faktor zuvorderst um eine Risikoprä- mie handelt. Man kann zu Recht die Frage stellen, ob es beim Faktorinvestment nicht am Ende doch eher um Ver- haltenseffekte geht. Die gibt es an den Märkten ohne Zwei- fel. Bei der Definition von Faktoren aber geht es meiner Auffassung nach um die Tatsache, dass man als Investor ein wenig mehr Risiko eingeht imVergleich zumGesamtmarkt, wofür man am Ende eine Prämie als Ausgleich erhält. Hans Heuser: Ist Factor Investing eine Art dritter Weg zwischen aktiv oder diskretionär gemanagten Strategien und dem passiven Investment zum Beispiel via ETF? Wilma de Groot: Nach meiner Auffassung besteht keine Not- wendigkeit, neben passiven und aktiven Anlagen eine Art dritte Kategorie des Investierens zu konstruieren. Ich würde sogar eher sagen, dass Quant-Strategien sich durchaus als Alternative oder zumindest als sinnvolle Erweiterung zu pas- siven Strategien eignen. Ich würde sogar sagen, dass Factor Investing nicht umsonst bei vielen Marktakteuren den Ruf hat, so etwas wie das Beste aus beiden Welten, aktiv und pas- siv, zu bieten. Denn es gibt genügend Argumente dafür. Hans Heuser: Was meinen Sie konkret? Wilma de Groot: Dass sich eine Faktorstrategie mit einem nur geringen Tracking Error und nur kleinen Abweichungen vom breiten Marktindex eignet, um imGrunde zu geringen Kosten das Beste aus einem eher passiv orientierten Invest- mentansatz herauszuholen. Etwa weil sich damit eine etwas höhere Rendite als die Marktprämie erwirtschaften lässt. Oder indemman seinemGesamtportfolio bestimmte Merk- male hinzufügt oder einen für institutionelle Investoren im- mer bedeutender gewordenen Aspekt wie Nachhaltigkeit integriert. Und nicht zuletzt lassen sich Faktorinvestments einsetzen, um den eher fundamental und aktiv gemanagten Teil eines Portfolios sinnvoll zu diversifizieren, auch wenn der Tracking Error, wie eben angesprochen, dann wahr- scheinlich eher bei drei statt bei sechs Prozent liegen wird. Ich würde das nicht unbedingt als dritte Komponente bezeichnen, es ist eine Alternative oder eine Ergänzung. Hans Heuser: Hilft Ihrem Angebot die amMarkt zu beobachten- de zunehmende Passivierung dann eventuell sogar? Wilma de Groot: Zumindest hat es definitiv nicht gegen uns gearbeitet, könnte man sagen.Wenn überhaupt, dann hat es eher geholfen. Wir sind uns sicher alle einig, dass passives Investieren durchaus einige attraktive Eigenschaften aufzu- weisen hat, aber eben auch fast immer eine Reihe von Nachteilen für Investoren mitbringt, etwa in Bezug auf die 166 N o . 3/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Roundtable Quant Management FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH » Für jemanden, der eine Überschussrendite von vier, fünf oder sechs Prozent sucht, weil sein Anlageprodukt hohe Kosten aufweist, sind Quant und Faktoren nicht der richtige Weg. « Michael Heldmann, CIO Systematic Equity, Allianz Global Investors
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