Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

– wurde ein ZZR-Bestand von knapp 100 Milliarden Euro aufgebaut“, erklärt Heermann und ergänzt: „Damals waren das mehr als zehn Prozent der Deckungsrückstellungen, was die Ertragslage der Lebensversicherer stark belastet hat.“ ZZR-Auflösung ist gut für die Kunden Jetzt sehen sich die Lebensversicherer in der günstigen Situa- tion, dass sie keine weitere ZZR mehr aufbauen müssen. Im Gegenteil, seit 2022 können sie teilweise bereits Entnahmen aus der ZZR tätigen. „Der durchschnittliche Garantiezins der deutschen Lebensversicherer liegt derzeit vor ZZR bei 2,34 Prozent und nach ZZR bei 1,35 Prozent. Die Entlas- tungswirkung der ZZR beträgt also aktuell knapp einen Prozentpunkt“, führ Heermann auf. Die Möglichkeit, die ZZR abzubauen, sei eine positive Konsequenz der gestiege- nen Zinsen, was auch die BaFin thematisiert: „Angesichts der wieder steigenden Zinsen rückt für viele Versicherer die Auflösung der Zinszusatzreserve in den Fokus.Die Versiche- rungsnehmer profitieren dabei von den ausschließlich ihnen zustehenden frei werdenden Mitteln. Zudem dienen diese Mittel auch zur Absicherung stiller Lasten“, schreibt die Auf- sichtsbehörde im BaFin-Journal vom Dezember 2022. Per Ende 2023 belief sich das ZZR-Volumen auf 88 Milli- arden Euro, ist also gegenüber dem Höchststand von 96 Milliarden schon um einiges zurückgekommen (siehe Chart „2022 bereits erste Entnahmen aus der ZZR getätigt“). Damit entspricht die ZZR aktuell rund neun Prozent der bran- chenweiten Deckungsrückstellung (Vorjahr: 9,5 %). Aber genauso wie die ZZR über eine Dekade aufgebaut wurde, wird auch der Abbau mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Aufgrund des großen Bestandseffekts rechnet man mit einem Abbau von rund fünf Milliarden Euro jährlich. „Auch bei erneut sinkenden Zinsen würde das Maximum der ZZR wohl nicht wieder erreicht“, vermutet Heermann. Er rechnet damit, dass der Abbau der ZZR bis über 2035 hinaus anhalten wird, weil es eben langsam geht. Immerhin gibt der Markt auf der Zinsseite mittlerweile wieder mehr her, als zur Bedienung der Garantien notwen- dig ist. Der tarifliche Garantiezins im Lebensversicherungs- bestand (ohne ZZR) befindet sich aktuell bei 2,34 Prozent, was sehr nah beim Zinssatz für zehn- und 30-jährige Bunds liegt (siehe Chart „Der Markt gibt wieder mehr her“). Stille Lasten auf der Aktivseite der Versicherer Doch die gestiegenen Zinsen haben nicht nur positive Aspekte, sondern auch eine Kehrseite der Medaille: Die Lebensversicherer konnten bis 2021 enorme stille Reserven aufbauen – insbesondere bei festverzinslichen Papieren. „Im Jahr 2020 machten die Bewertungsreserven über 20 Prozent der Kapitalanlagen aus“, so Heermann.Mit dem Zinsanstieg seit Sommer 2022 ist das gekippt, und in den Jahren 2022 und 2023 hat der Bestand an Bewertungsreserven stark ab- genommen.Nun prägen unrealisierte Verluste die bilanzielle Situation in der Kapitalanlage. „Ende 2023 betrugen die stil- len Lasten der Lebensversicherer rund 75 Milliarden Euro. Bezogen auf die Kapitalanlagebuchwerte sind das 7,4 Pro- zent“, gibt Heermann eine Größenvorstellung. Zwar können die Versicherer die stillen Lasten aussitzen, indem sie ihre Papiere bis zur Endfälligkeit halten, allerdings geht das zulasten der Portfoliorendite, denn dann können sie sich nicht in die höheren Zinssätze einkaufen. „Die stillen Lasten sind durchaus ein Steuerungsthema für die Lebensversiche- rer“, meint Heermann. Weil viele Häuser ihre stillen Lasten teilweise abbauen, um ihre Bilanzen nach vorn heraus zu stabilisieren, führt das dazu, dass die Nettoverzinsung der Branche unterhalb der aktuellen Verzinsung liegt. „Kurzfristig können die Versiche- rer nur bedingt darauf reagieren, was aktuell auf der Zins- seite los ist“,merkt Heermann an, „aber langfristig wird sich die Zinswende dann schon in steigenden Durchschnittser- trägen der Lebensversicherer bemerkbar machen.“ Kurzfris- tig punkten jetzt erst einmal die Banken: Sie können unmit- telbarer auf die Zinswende reagieren und bieten ihren Kun- den mittlerweile über drei Prozent, teilweise sogar 3,75 Pro- zent für Tagesgeld oder kurzfristige Festgelder. Deklarationen angehoben Aber auch die Lebensversicherungsbranche hat reagiert und ihre Deklarationen gegenüber dem Vorjahr mehr oder min- der deutlich angehoben. Für die Deklaration der Über- schussbeteiligung ist jeweils der Verantwortliche Aktuar zu- ständig (§ 141 Abs. 5 Nr. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG). Dazu muss er abwägen, inwieweit die aus dem ZZR- Abbau frei werdenden Mittel sofort die Überschussbeteili- gung erhöhen sollen, oder ob damit zunächst die Risikotrag- fähigkeit weiter gestärkt werden soll. „Am deutlichsten ist der Effekt der gestiegenen Deklara- tionen bei den Indexpolicen. 2023 betrug die Überschuss- 2022 bereits erste Entnahmen aus der ZZR getätigt Der Abbau der Zinszusatzreserve geht langsam vonstatten. Hier eine Projektion des ZZR-Bestands nach Korridormethode bis 2035. Bis Ende 2021 haben die Lebensversicherer einen ZZR-Bestand von 96 Milliarden Euro aufgebaut. Zum 31. 12. 2023 beläuft sich die Branchen-ZZR auf etwa 88 Milliarden Euro (Vorjahr: 92 Mrd. Euro). Dies entspricht rund neun Prozent der Branchendeckungsrück- stellung. *Mittelwert der Monatsendstände bei Fortschreibung des aktuellen Stands auf den Rest des Jahres Quelle: ECB Statistical Data Warehouse, Deutsche Bundesbank, Assekurata-Berechnungen 2015 2010 2025 2020 2025 2020 0 20 40 60 80 100 MAX 2021: 96 Mrd. EUR Ende 2023: 88 Mrd. EUR Bestand Zinszusatzreserve (kumuliert) in Mrd. EUR 138 N o . 3/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Lebensversicherungen Interessenten erhalten den Marktausblick bei Kerstin Voß unter kerstin.voss@ assekurata.de oder unter 0221/272 21-28 .

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