Institutional Money, Ausgabe 3 | 2024

D a der Börsenhandel in Europa im Zeitfenster von 9.00 bis 17.30 Uhr und in den USA von 15.30 bis 22.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit stattfindet, könnte man annehmen, dass sich die Umsätze mit einer gewissen Gleichmäßigkeit über diese Zeiträume verteilen. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall. Das „große“ Ge- schäft, so könnte man sagen, findet während der Schlussauk- tion, also am Ende des Börsenhandels, statt. In Europa wer- den mittlerweile bis zu 55 Prozent des täglichen Handelsvo- lumens in den letzten Minuten des Börsentages abgewickelt. Doch dieser Trend zur Konzentration des Handels am Tages- ende wirft Fragen auf: Wie effizient ist die Preisbildung? Welche Folgen hat die schwindende Liquidität während des Tageshandels? Und wer profitiert eigentlich von dieser Ent- wicklung? Neue Studien zeigen: Die wachsende Dominanz der Schlussauktion verändert die Dynamik an den Finanz- märkten grundlegend – mit weitreichenden Konsequenzen für Anleger,Börsenbetreiber und Regulierungsbehörden.Eine Analyse der aktuellen Forschung offenbart die Chancen und Risiken dieser Entwicklung und wirft einen Blick in die Zu- kunft des Börsenhandels. In den meisten Fällen wird damit der größte Teil des Handelsvolumens bei Aktien abgedeckt. Entscheidender Schlusskurs Die Schlussauktion am Ende des Handelstages bestimmt den Schlusskurs, der als wichtigster Kurs an den Märkten gilt. Er wird zum Beispiel als Referenzpreis für die Bewer- tung von Portfolios, die Berechnung der Nettoinventarwerte und der Performance von Fonds, die Abrechnung von Derivaten bei Verfall und die Kalkulation von Renditen in wissenschaftlichen Studien verwendet. Zudem hat die Schlussauktion viele Vorteile für Marktteilnehmer, etwa niedrige Transaktionskosten und geringe Informationsasym- metrien in der Preisfindung. Auch deshalb setzten in den letzten 20 Jahren immer mehr Anleger darauf. Damals war die Schlussauktion weitaus weniger gefragt, wie Vincent Bogousslavsky (Boston College) und Dmitriy Muravyev (University of Illinois) im Paper „Who Trades at the Close? Implications for Price Discovery and Liquidity“ schreiben. So führte die Nasdaq im Jahr 2004 ihre vollelektronische Schlussauktion ein, deren Volumen nur geschätzte 0,5 Pro- zent des Gesamtvolumens ausmachte. Doch seither hat sich einiges verändert. Im Jahr 2010 ent- fielen den Autoren zufolge in den USA etwa 3,1 Prozent des täglichen Handelsvolumens auf die Schlussauktion. 2018 wa- ren es schon 7,5 Prozent, heute sind es etwa zehn Prozent. In Europa wird dagegen ein weitaus höherer Volumenanteil über Schlussauktionen abgewickelt.Der Studie „Shifting Vo- lumes to the Close: Consequences for Price Discovery and Das Handelsvolumen am Aktienmarkt verlagert sich zunehmend auf die Schluss- auktion. Dabei sorgen passive Anleger für Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage. Zwei Studien zeigen nun, wie das die Markteffizienz beeinträchtigen kann. Gehandelt wird am Schluss Auswirkungen auf die Markteffizienz Passive Assets auf Allzeithoch Global nehmen die passiv verwalteten Assets under Management immer weiter zu. Allein in ETFs war Ende Juli ein neues Rekordvermögen von 13,33 Billionen US-Dollar investiert, davon rund 69 Prozent in den USA. Es war der 62. Monat in Folge mit Netto- mittelzuflüssen. Hinzu kommen Assets in klassischen passiven Fonds. Nun scheint sich das Ganze auch auf die Markteffizienz auszuwirken. Quelle: ETFG | Stand: 15. 8. 2024 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 Juli 2024 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 09 08 07 2006 0 2 4 6 8 12 10 14 Anzahl ETFs Verwaltetes Vermögen Bio. USD 118 N o . 3/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Schlussauktion FOTO: © UNIVERSITY OF ILLINOIS » Im Vergleich zum fortlaufenden Handel bringen Schlussauktionen große Volumina kostengünstig unter. « Dmitriy Muravyev, Associate Professor of Finance, Gies College of Business, University of Illinois Urbana-Champaign

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