Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

schmutzig als Kohle und Erdöl. Die CO 2 -Emissionen sind hier pro Energieeinheit um 50 Prozent gegenüber Kohle und 30 Prozent geringer gegenüber Erdöl. Die bestehenden Daten zeigen einen klaren CO 2 -Rückgang in den USA nach Anlauf der Shale-Gas-Produktion. Doch die Realität sei komplexer, so die Autoren, denn es komme zu einer Um- lenkung von Innovation weg von Erneuerbaren, nachdem diese in den frühen 2000er-Jahren ein hohes Maß an Inno- vationsaktivität auf sich gezogen hatten. Daraus folgert man, dass das nachlassende Interesse an den Erneuerbaren durch die niedrigen Gaspreise bedingt war. Die Autoren fragen sich, ob diese kurzfristige Reduktion der CO 2 -Emissionen es wert ist, dass man dafür die Umlenkung der Innovations- aktivitäten weg von den Erneuerbaren in Kauf nimmt. Acemoğlu und seine Forscherkollegen haben ein Modell der gelenkten Technologie mit den drei Energiequellen Kohle, Öl und Erdgas aufgesetzt, bei dem die Technologie zwischen fossilen Brennstoffen und erneuerbaren Energien ausgerichtet werden soll. Das Modell bestätigt, dass ein Schiefergas-Boom kurzfristig von Vorteil ist, sofern die entsprechende Technologie vorhanden ist. Es zeigt aber auch, dass niedrigere Erdgaspreise die Innovation von er- neuerbaren Energien hin zu fossilen Brennstoffen verlagern werden. Am besorgniserregendsten ist unter dem Gesichts- punkt des Übergangs zu sauberer Technologie, dass das Modell zeigt, dass eine deutliche Senkung der Erdgaspreise eine neue Falle für fossile Brennstoffe schaffen kann: Bei hohen Erdgaspreisen hätte sich die Wirtschaft aufgrund ausreichender Innovationen bei erneuerbaren Energien auf saubere Technologie umgestellt, aber nach dem Rückgang der Erdgaspreise gerät dieser Übergang ins Stocken. Diesen Zusammenhang illustriert die Grafik „Gefährliche Nebeneffek- te der Schiefergasrevolution“ . Erheblicher Nachteil für saubere Energie Der Übergang zu einer Clean Economy soll durch grüne, wachstumsfördernde Innovation bewerkstelligt werden, indem Kapital auf grüne Technologien umgelenkt wird. Denn ohne entschiedene politische Maßnahmen und ent- sprechende Steuerung wird es überaus schwierig sein, die Marktwirtschaft von fossilen Brennstoffen abzubringen, da ein Jahrhundert lang in diese und Technologien, die fossile Energieträger nutzen, investiert wurde, was einen erheb- lichen Nachteil für sauberere Energiequellen mit sich bringt. Nichtsdestoweniger haben nach Ansicht der Autoren die richtigen politischen Maßnahmen das Potenzial, dies schnell und grundlegend zu ändern. Bemerkenswert ist die Form optimaler Politik bei gelenktem technologischem Wandel: Anstatt sich nur auf eine CO 2 -Steuer zu verlassen, legt diese Perspektive nahe, dass Subventionen für grüne Innovationen ein zentraler Bestandteil des politischen Rahmens sein müssen. Die Autoren nennen Prioritäten von Unterneh- menslenkern, Regularien und Visionen von Technologie- führern sowie die Organisation und Mobilisierung der Zivilgesellschaft, die eine wichtige Rolle bei der Neuaus- richtung der Technologie spielen. Sie plädieren für einen ganzheitlicheren Ansatz, der die verschiedenen Hebel zur Neuausrichtung des technologischenWandels und die Rolle der politischen Ökonomie einbezieht. DR. KURT BECKER Gefährliche Nebeneffekte der Schiefergasrevolution Die Falle der fossilen Brennstoffe gefährdet den Übergang zu sauberer Energie. Panel A zeigt die Entwicklung des Anteils der Wissenschaftler (oder allgemeiner des Anteils der Innovationsinputs), die sich mit oder ohne Schiefergasboom für saubere Technologien einsetzen. Die Panels B und C bilden die Auswirkungen des Schiefergasbooms auf das Energieemissionsniveau und die Produktion abzüglich der Klimaschäden in der kalibrierten Basisversion des Modells nach Acemog˘lu ab. Es bestätigt, dass der Schiefergasboom groß genug war, um möglicher- weise einen ansonsten laufenden Übergang zu sauberer Energie zum Scheitern zu bringen. Quelle: Studie 2050 2100 2150 2200 2050 2100 2150 2200 2050 2100 2150 2200 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 -20 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % -4 % -3 % -2 % -1 % 0 % 1 % Netto-Output, hohe Klimaschäden Netto-Output Emissionen Emissionsintensität Energieverbrauch Ohne Schiefergasboom Mit Schiefergasboom Anteil der Wissenschaftler für saubere Technologien Emissions-Niveau, -Intensität und Energieverbrauch Netto-Output 94 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Grüne Technologien FOTO: © UNIVERSITÄT ZÜRICH » Ein Policy-Mix aus Kohlenstoffbepreisung und Subventionen für grüne Innovationen erscheint uns als Königsweg. « David Hémous, Associate Professor an der Universität Zürich

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=