Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

CO 2 -Steuern reduzieren das BIP und den Konsum, und die Diskontierung impliziert, dass es am besten ist, diese Kosten um einen gewissen Betrag in die Zukunft zu verlagern. Andere Annahmen als diejenigen, die den Abzinsungssatz betreffen, sind ebenfalls von Bedeutung. Besonders wichtig ist, wie empfindlich das BIP auf die globale Erwärmung rea- giert und wie schnell die Schäden mit steigender Erderwär- mung zunehmen. Beispielsweise könnte das Basisszenario von Barrage und Nordhaus, das die beiden in „Policies, Pro- jections, and the Social Cost of Carbon: Results from the DICE-2023 Model“ im Rahmen der NBER-(National Bu- reau of Economic Research)-Reihe publizierten, das da lau- tet, dass ein Anstieg der globalen Temperaturen um 3 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit mit einem Rückgang des weltweiten BIP um 3,1 Prozent einhergehen würde, eine Unterschätzung der wirtschaftlichen Schäden sein. Poten- zielle künftige Schäden würden zunehmen und damit das optimale CO 2 -Steuerniveau nach oben verschieben. Der Abzinsungsfaktor Der wichtigste Parameter für die Politik ist erwartungs- gemäß der Abzinsungssatz.Die Sensitivität des Timings und des Levels der Klimapolitik gegenüber dem Abzinsungssatz ist ein Dauerthema aktueller Debatten. Neuere Bemühun- gen – etwa die Bewertung des Climate Impacts Lab, Schät- zungen von Resources for the Future und aktuelle Bewer- tungen der U.S. Environmental Protection Agency – hängen immer noch entscheidend vom Abzinsungsfaktor ab. Nied- rige Abzinsungssätze wurden aus ethischen Gründen kri- tisiert, weil sie nicht mit anderen öffentlichen Richtlinien vereinbar seien, insbesondere solchen, die zu Trade-offs zwi- schen bestehenden Generationen führen. Kosten der Clean Transition Die exogene Technologie-Benchmark verknüpft CO 2 -Emis- sionsreduktionen mit Produktionsrückgängen in energie- intensiven Sektoren. Folglich bedeutet dies, dass ein sauberer Übergang imHinblick auf das Wirtschaftswachstum immer mit erheblichen Kosten verbunden ist. Die Auswirkungen eines auf der Lenkung von Technologie basierenden Rah- menwerks sind umfassender. Zunächst implizieren die einfachsten Rahmenwerke immer, dass kurzfristige Kosten entstehen, da der Energieverbrauch von billigeren schmut- zigen Inputs hin zu teureren sauberen Inputs verlagert wird. Wenn man jedoch jetzt und nicht später handle, könne dies dazu beitragen, diese kurzfristigen Kosten zu minimieren, denn je früher dieser Übergang eingeleitet werde, desto geringer sei der Vorteil schmutziger Technologien gegen- über sauberen, so die Autoren. Die Grafik „Optimale Politik versus Laisser-faire“ veranschaulicht diesen Punkt anhand einer kalibrierten Version des gelenkten Modells des tech- nologischen Wandels von Acemoğlu. Die beiden Kurven vergleichen die Produktion ohne Klimaschäden unter der optimalen Politik beziehungsweise einer verzögerten Version der optimalen Politik, die nach 20 Jahren beginnt. Die Lais- ser-faire-Nettoproduktion (ohne jegliche Politik) wird auf null normalisiert, und daher zeigen diese Kurven die Ver- änderung der Nettoproduktion unter den beiden Politik- regimes. Bei optimaler Politik kommt es zu einem sofor- tigen Produktionsrückgang unter das Niveau der Laisser- faire-Wirtschaft, jedoch erholt sich die Wirtschaft schnell und übersteigt nach 2100 den Produktionswert der Laisser-faire- Wirtschaft, weil die Klimaschäden unter Kontrolle gebracht wurden. Bei einer verzögerten Politik vermeidet man den sofortigen Netto-Produktionsrückgang, allerdings findet modellgemäß 20 Jahre später ein noch größerer Rückgang statt. Ein Aufholen des Rückstands gegenüber dem soforti- gen Einsatz optimaler Politik ist unmöglich. Die Verzöge- rung umfassender Klimaschutzmaßnahmen erweist sich damit als suboptimal. Überbrückungsprobleme Ein rascher Übergang zu erneuerbaren Energien scheint nicht zuletzt angesichts der noch nicht gelösten Speicher- technologieprobleme praktisch nicht durchführbar zu sein, weswegen Erdgas als Überbrückungsenergiequelle – Stich- wort Shale Gas oder Schiefergas – populär ist, weil weniger Optimale Politik versus Laisser-faire Zwei Varianten optimaler Politik versus Nichtstun in Sachen Klimaschutz Die rote Kurve zeigt, dass es bei optimaler Politik zu einem sofortigen Produktions- rückgang unter Laisser-faire-Niveau kommt, sich die Wirtschaft aber schnell erholt und die Nettoproduktion dann jene der Laisser-faire-Wirtschaft übersteigt, weil Klimaschäden unter Kontrolle gebracht werden. Die blaue Kurve steht für eine verzögerte Politik. Sie vermeidet den sofortigen Produktionsrückgang, ein noch größerer findet 20 Jahre später statt. Danach kann die verzögerte Politik nie mehr zur unmittelbar optimalen Politik aufschließen. Quelle: Studie 2000 2020 2040 2060 2080 2100 2120 2140 2160 2180 -2 % -1 % 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % Sofortige optimale Politik Verzögerte optimale Politik Laisser-faire (Referenz) Veränderung relativ zu Laisser-faire 92 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Grüne Technologien FOTO: © ETH ZÜRICH » Entscheidendes Hindernis für den Übergang zu grünen Technologien ist die Pfadabhängigkeit von Innovationen. « Lint Barrage, Associate Professor an der ETH Zürich

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